Die Unterstützung des vom Krieg gegen Russland erschütterten Landes geht längst weit über das Liefern von Hilfsgütern hinaus.
Botschafter zu Besuch beim Blau-Gelben Kreuz in Köln„Ein Leuchtturm der Ukraine-Hilfe“

Oleksii Makeiev, Botschafter der Ukraine, steht am Freitag, 20. Juni 2025, im Spendenlager der Hilfsorganisation Blau-Gelbes Kreuz in Köln-Raderthal mit der Vereinsvorsitzenden Linda Mai vor einem von der russischen Armee zerbombten Rettungswagen.
Copyright: Peter Berger
Der zerbombte Krankenwagen mitten im Spendenlager des Blau-Gelben Kreuzes im Kölner Stadtteil Raderthal lässt niemanden kalt, selbst den Botschafter der Ukraine in Deutschland nicht, dem das Grauen täglich vor Augen geführt wird. Ist er doch ein Symbol des eiskalten Zynismus, mit dem der russische Staatspräsident seit mehr als drei Jahren das Nachbarland mit einem gnadenlosen Angriffskrieg überzieht. Wer Krankenhäuser und Rettungswagen bombardiert, wer Löschfahrzeuge zerstört, tötet nicht nur die Retter, sondern viele Menschen, denen sie nicht mehr helfen konnten.
Im Herbst 2022 hat Oleksili Makeiev das Spendenlager zum ersten Mal besucht. Jetzt steht er wieder hier, sichtlich beeindruckt von dem, was die vielen freiwilligen Helfer täglich leisten und schon geleistet haben: „Das hier ist keine Versammlung von Menschen, die nach dem Angriff auf unser Land hier einmal zusammengekommen sind und gesagt haben, jetzt schicken wir mal ein paar Kisten mit Hilfsgütern in die Ukraine. Das Blau-Gelbe Kreuz ist einer der Leuchttürme. Es hat schon viele Menschen in Deutschland mit dem Ukraine-Virus angesteckt. Was hier geleistet wird, ist äußerst professionell und von einer beinahe industriemäßigen Logistik.“

Rettungskräfte arbeiten im April 2025 in Dnipro daran, einen Brand nach einem russischen Angriff zu löschen. Ein Mädchen kam bei dem russischen Drohnenangriff auf Kölns Partnerstadt ums Leben.
Copyright: Uncredited/Ukrainian Emergency Service via AP/dpa
Am Freitagmorgen ist erneut ein Konvoi mit drei Lastwagen und zwei Tiefladern Richtung Ukraine aufgebrochen. Am Feiertag hatten 70 Freiwillige angepackt, die meisten von ihnen als Flüchtlinge selbst Opfer des Kriegs, um die Hilfsgüter auf die Reise zu schicken. V
Alles zum Thema Blau-Gelbes Kreuz
- Unterstützung für die Ukraine Leverkusener Feuerwehrwagen für Nikopol
- Blau-Gelbes Kreuz und Generalkonsulat Ukrainische Filmtage starten in Kölner Filmpalast
- Anlaufstelle für Bedürftige Kleider und Kaffee gibt es im Bürgerzentrum Ehrenfeld umsonst
- Alte Feuerwache Ukrainische Kreative zeigen ihre Kugelschreiber-Kunst in Köln
- Kundgebung auf dem Roncalliplatz 1500 Menschen erinnern an russischen Angriff auf die Ukraine
- Auf dem Roncalliplatz Blau-Gelbes Kreuz ruft zu Demo für die Ukraine in Köln auf
- Aktion Verein sammelt Weihnachtsgeschenke für Kinder in Leverkusens Partnerstadt Nikopol
Städtepartnerschaft zwischen Köln und Dnipro besteht seit August 2024
Vor knapp einem Jahr, im August 2024, hat Köln und mit Dnipro eine Städtepartnerschaft abgeschlossen, die auch nach einem Ende des Kriegs weiterbestehen soll. Seither sind zwei Feuerwehrwagen, 30 Rettungsfahrzeuge und fünf KVB-Busse sind inzwischen der neuen Partnerstadt angekommen.
„Durch die russischen Angriffe wurden zwei Drittel der Busflotte in Dnipro zerstört“, sagt Kölns Bürgermeister Andreas Wolter (Grüne). Zuletzt habe Köln eine komplette Schulmensa mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung geliefert. „Nach Dnipro kommen schwer letzte Soldaten von der Front zur Weiterversorgung. Es gab hier Delegationen in Kölner Kliniken, die sich angesehen haben, wie das bei uns läuft. Das ist eine Städtepartnerschaft, wie sie sein soll. Da hat sich sehr schnell ein Austausch entwickelt.“
Was beim Blau-Gelben Kreuz geleistet wird, ist äußerst professionell
Der erste Schritt im Herbst 2022 war der Aufbau einer effizienten dezentralen Energieversorgung. Seither hat das Blau-Gelbe Kreuz rund 11.000 Stromgeneratoren beschafft und in alle vom Krieg und der Binnenflucht betroffenen Landesteile geliefert. Hinzu kommen 11.000 Generatoren, zwei Blockheizkraftwerke, 4900 Rettungsrucksäcke für die Soldaten, 4700 Krankenhausbetten, 2200 Babyboxen als Carepakete für Neugeborene, 1000 Trinkwassercontainer, die vor allem seit der Sprengung des Kachowka-Staudamms am Unterlauf des Flusses Dnipro im Juni 2023 überlebenswichtig sind, 5500 Schulranzen für Kinder, deren Eltern mittellos sind, und 5000 Laptops.
„Momentan liegt ein Schwerpunkt auf der medizinischen Versorgung“, sagt die Vereinsvorsitzende Linda Mai. „Vor einigen Wochen haben wir im Auftrag der Landesregierung zwei Krankenhäuser mit Blockheizkraftwerken ausgestattet. Und wir brauchen dringend Spenden für Inkubatoren, die auf den Säuglingsstationen eingesetzt werden. Für acht Geräte haben wir das Geld bereits zusammen.“ Darüber hinaus werde man einen Schwerpunkt in der Prothetik setzen, um den Kriegsversehrten einen besseren Start in ein neues Leben zu ermöglichen.
In den ersten Wochen nach dem russischen Überfall sein Land sei die Solidarität groß und die Bedarfslage eine völlig andere gewesen, sagt Botschafter Makeiev. „Ich war auf einer Dienstreise in Den Haag und Brüssel. Wir haben viele Menschen aus dem Osten unseres Landes evakuieren und mit dem Nötigsten versorgen müssen. Schlafsäcke und Zelte waren damals das Wichtigste.“
Seither habe sich das Blau-Gelbe Kreuz zu einer unverzichtbaren Säule der Ukraine-Hilfe entwickelt. „Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die hier gesammelt werden, sind so wertvoll, dass wir planen, für andere ehrenamtliche Helfern in Deutschland ein Seminar anzubieten, damit sie lernen, wie man sich selbst am besten organisiert.“
In Köln denkt man längst nicht mehr ausschließlich in Hilfsgütern. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit fördert mit einer Unterstützung von 400.000 Euro für zwei Jahre eine Kooperation der Städtischen Kliniken in Köln mit dem Mechnikov-Krankenhaus in der Partnerstadt Dnipro. Im Zentrum steht dabei der Bereich Traumatologie und Unfallchirurgie in der Klinik Merheim, die seit 2014 gemeinsam mit der Universitätsklinik als überregionales Traumazentrum zertifiziert ist.
„Diese strukturelle und nachhaltige Unterstützung ist nur möglich über den Aufbau langfristiger Beziehungen“, sagt Linda Mai, die gerade von einer zehntägigen Arbeitsreise aus der Ukraine zurückgekehrt ist. „Deshalb sind Städtepartnerschaften wie die zwischen Köln und Dnipro so wichtig. Wir denken schon jetzt über den Tag hinaus, wenn der Krieg hoffentlich schnell ein Ende gefunden hat und es an den Wiederaufbau geht.“
Die Zahl der Städtepartnerschaften zwischen Kommunen in Deutschland und der Ukraine ist seit 2022 von 70 auf 250 gestiegen. 44 davon gibt es in NRW. Diesen Stein habe Köln mit einer schnellen Initiative nach Kriegsbeginn ins Rollen gebracht. „Ich bereise mein Heimatland regelmäßig“, so Mai. „Dabei habe ich gelernt, dass internationale Hilfe nicht nur das Überleben sichert, sondern die mitmenschliche und solidarische Unterstützung den Menschen neuen Lebensmut gibt. Das wird entscheidend sein, wenn man an die Ukraine als künftiges Mitglied der Europäischen Union denkt.“