BundestagswahlStadt rechnet mit Briefwählerrekord in Köln

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Die Rücklaufquote der Briefwähler war bei der OB-Stichwahl niedriger als in anderen NRW-Großstädten.

Köln – Die Stadt rechnet bei der Bundestagswahl am 26.September mit der höchsten Briefwählerquote, die es jemals bei Wahlen in Köln gegeben hat. Kämmerin und Wahlleiterin Dörte Diemert erwartet, dass bis zu 60 Prozent der Wählenden per Brief abstimmen. Von den 732.189 Wahlberechtigten in Köln haben bereits jetzt, eineinhalb Wochen vor der Wahl, 327.313 (rund 45 Prozent) Briefwahlanträge gestellt. 190.885 von ihnen haben ihr Votum bereits abgegeben. Nach Worten von Diemert seien inzwischen sämtliche Wahlbenachrichtigungen verschickt worden.

Die Zahl der Briefwählerinnen und -wähler steigt stetig. Bei der Bundestagswahl 2013 waren es noch mehr als 30 Prozent, 2017 schon etwa 40 Prozent der Wählenden. „Wir haben einen massiven Trend zur Briefwahl“, sagt Diemert. Ein Grund dafür könnte die Sorge vor einer Covid-19-Infektion in einem der 385 Wahlräume sein, vermutet die Wahlleiterin. Das sei jedoch unbegründet, denn in den 173 Gebäuden mit Wahllokalen, in denen der Stimmzettel in die Urne geworfen werden kann, herrschen strenge Hygienevorschriften. Abstände müssen gewahrt, Masken getragen werden. Die Vorlage von Impfnachweisen oder negativen Corona-Tests ist jedoch nicht nötig. Um möglichst vielen Menschen die Wahl zu ermöglichen, gilt die 3G-Regelung für geschlossene Räume in den Wahllokalen nicht. Für Menschen, die keine Maske tragen können oder partout nicht wollen, gibt es „mobile Pappurnen“. Die werden im Bedarfsfall vor das Wahllokal getragen, damit der Stimmzettel unter freiem Himmel eingeworfen werden kann. Auch schätzten immer mehr Wählende die frühe Stimmabgabe, um am Wahlsonntag flexibel zu sein, vermutet Diemert. Und auch technische Entwicklungen tragen ihren Teil zum Briefwahl-Boom bei. „Mehr als die Hälfte aller Briefwahlanträge sind über den QR-Code auf den Wahlbenachrichtigungen eingegangen. Das ist eine enorme Resonanz“, berichtet Diemert.

Enormer Aufwand

Wegen der vielen Briefwähler gibt es dieses Mal weniger Urnenwahl- und mehr Briefwahlbezirke. Das postalische Votum ist wegen des hohen Arbeitsaufwands indes eine „Herausforderung“, so Diemert. Ab Punkt 18 Uhr des Wahlsonntags müssen sämtliche Briefwahlumschläge per Hand geöffnet und die Stimmzettel den Stimmbezirken zugeordnet werden. Dann erfolgt die eigentliche Auszählung der Stimmen.

Die klassische Urnenwahl verliert also an Bedeutung. Dennoch können die Stimmberechtigten ihren gewohnten sonntäglichen Spaziergang ins Wahllokal machen. Es dürfte für die meisten ein kurzer Weg sein. 98 Prozent der Wahlgebäude ist nach Worten Diemerts weniger als 1500 Meter vom Wohnort der Wählenden entfernt, 75 Prozent sogar weniger als 800 Meter. Rollstuhlgerecht sind inzwischen 96 Prozent. Von 8 bis 18 Uhr können die Stimmen dort abgegeben werden. Diemert bittet darum, die Stoßzeiten an den Urnen nach Möglichkeit zu meiden, um Warteschlangen zu umgehen. Die meisten Menschen geben ihre Stimmen erfahrungsgemäß gegen 10 Uhr und zwischen 12 und 14 Uhr ab.

Direktwahl schon jetzt möglich

Wer bereits jetzt abstimmen möchte, hat – neben der Briefwahl – die Möglichkeit der Direktwahl. Dabei können die Wählenden in den Rathäusern ihres jeweiligen Stadtbezirks votieren, und das montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr. Im Kalk-Karree kann jeder, unabhängig vom Wohnort, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr abstimmen. Die Direktwahl ist bis zum 24. September möglich. Wie bei der Urnenwahl reicht die Vorlage eines Personalausweises. Diemert bittet jedoch darum, nach Möglichkeit auch die Wahlbenachrichtigung mitzubringen, weil dort zum Beispiel die Wählerverzeichnisnummer vermerkt ist. „Das erleichtert den Wahlhelfern die Arbeit“, sagt Diemert.

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8022 Wahlhelfer sind im Einsatz, bereits jetzt konnten ausreichend gefunden werden, was bei den vorherigen Wahlen eher auf den letzten Metern vor der Abstimmung gelang. „Ohne die Wahlhelfer läuft nichts“, betont Diemert, die sich ausdrücklich für dieses freiwillige Engagement bedankt. Unter den Helfern sind 18-jährige Erstwählende, aber auch erfahrenere Semester. Die älteste Wahlhelferin ist 96 Jahre alt, sie wird die Auszählung in einem Rodenkirchener Wahllokal unterstützen. Damit ist die Dame immer noch jünger als der älteste Kölner Wahlberechtigte: Das ist ein 107-Jähriger.

5,4 Millionen Euro Kosten

Rund 5,4 Millionen Euro kostet die Durchführung der Bundestagswahl in Köln, sagt Diemert. Davon entfallen etwa 940.000 auf Corona-Maßnahmen, wie den Kauf von Schutzmasken, Desinfektionsmittel oder Plexiglasscheiben. Auch musste die Stadt im Briefwahlzentrum in der Köln-Messe eine zweite Halle anmieten, damit die Wahlhelfer bei ihrer Arbeit die Abstandsregelungen einhalten können.

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