Haus FühlingenWarum die Kölner Geistervilla ihren Denkmalschutz verlieren könnte

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Haus Fühlingen ist seit vielen Jahren sich selbst überlassen. 

Köln-Chorweiler – Um das Haus Fühlingen ranken sich inzwischen fast ebenso viele Geschichten, wie Schlingpflanzen, die in den Mauerritzen der Ruine an der Neusser Landstraße wuchern. Wie angesichts des morbiden Ambientes des verfallenden Gemäuers zu erwarten, finden sich darunter viele Spuk- und Geistergeschichten – sowohl mit, als auch ohne wahren Kern - die die frühere Villa Oppenheim zu einem Anziehungspunkt für Fans sogenannter „Lost Places“ machen. Eine dieser Geschichten jedoch scheint eine unendliche zu sein: Die von der bevorstehenden Sanierung des ehemaligen Herrenhauses.

Investor kaufte das Haus in 2004

2004 hatte erstmals ein privater Investor das Haus von der Stadt erworben, mit dem Plan, das 1888 erbaute und seit 1963 unter Denkmalschutz stehende Gebäude wieder als Wohnhaus für ein zahlungskräftiges Klientel herzurichten. Stattdessen jedoch geschah nichts, das Gebäude verfiel zusehends. 2012 ging es in den Besitz der Immobilienentwicklungsgesellschaft Dolphin Capital über, die ihren Sitz in Langenhagen hatte. Diese verfolgte mit der Restaurierung des historischen Gebäudes ebenfalls den Plan, Luxuswohnungen darin unterzubringen – 2017 sollten endlich die Baumaschinen anrücken. Doch aufgrund eklatanter Mängel im Bauantrag wurde die Baugenehmigung nicht erteilt, seitdem schien der Elan der zwischenzeitlich in Dolphin Trust umgetauften Firma erloschen.

Gebäude aus Denkmalliste entfernen

Vor gut einem Jahr begann man in der Stadtverwaltung mit dem Gedanken zu spielen, das Gebäude aus der Denkmalliste zu streichen, um eine Hürde für eine Entwicklung des Objekts aus dem Weg zu räumen. In der Sitzung der Bezirksvertretung Chorweiler im vergangenen Dezember meldete sich jedoch ein Bürger per Eingabe zu Wort, der auf einen Fernsehbericht über die zweifelhaften Geschäftspraktiken der Dolphin Trust hinwies, die sich inzwischen mit German Property Group (PSG) wieder einmal einen neuen Namen gegeben hatte: Diese hat offensichtlich vielerorts in Deutschland denkmalgeschützte Immobilien erworben und für die Sanierungen bei privaten Investoren Geld eingesammelt – vielfach Kleinanleger aus dem Ausland. Doch einem Großteil der im Besitz der PSG befindlichen Gebäude geht es wie Haus Fühlingen, sie verfallen weiter ungenutzt.

Der Bürger, der anonym bleiben möchte, riet daher davon ab, dem Gebäude den Denkmalstatus zu entziehen, da dies nur der PSG nutzen würde: Ein Verlust des Denkmalschutzes habe eine Wertsteigerung der Liegenschaft zufolge, was die PSG begünstigen und einen Rückkauf zugunsten einer gemeinwohlorientierten Entwicklung erschweren würde.

Haus Fühlingen oder Geistervilla Oppenheim

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Ein lost place  - also eine Ruine, um die sich Geschichten ranken, ist die Villa Oppenheim. 

Bauherr des 1888 fertig gestellten Haus Fühlingen war der Bankier Eduard Freiherr von Oppenheim (daher auch Villa Oppenheim), der die Villa als Sommerresidenz nutzte und hier erfolglos versuchte, ein Pferdegestüt aufzubauen. Das umgebende Land, das er 1884 erworben hatte, war schon damals „historisch belastet“: 1288 war es der Schauplatz der Schlacht von Worringen gewesen, die weit über 1000 Todesopfer gefordert hatte. Auch im Lauf des 20. Jahrhunderts soll das Haus Schauplatz gleich mehrerer grausiger Vorkommnisse gewesen sein: 1943 erhängte die Gestapo auf dem Gelände den Zwangsarbeiter Edward Margol, 1962 beging der damalige Besitzer und Bewohner des Hauses, ein ehemaliger NS-Richter, im zweiten Stock Selbstmord. 2007 fand man im gleichen Stockwerk die Leiche eines Mannes, der ebenfalls Selbstmord begangen haben soll. 

Rückkauf durch die Stadt Köln?

Besser sei es, die Eigentümerin nachdrücklich aufzufordern, einen Bauantrag zu stellen, um bei der zu erwartenden Nichterfüllung den Rückkauf anzubieten. Angesichts der reichen Historie des Gebäudes hätte dieses genügend Potenzial für einen öffentlichen Kulturort – ein Bürgerbeteiligungsverfahren würde dabei wahrscheinlich viele gute und kreative Ideen zutage fördern. Die Verwaltung erteilte dem Vorschlag jedoch eine Absage, da es ihr rechtlich nicht möglich sei, die PSG zur Stellung eines Bauantrages aufzufordern. Da die ursprüngliche Bausubstanz durch den langen Verfall inzwischen deutlich reduziert sei, seien die Voraussetzungen für einen Denkmalschutz nicht mehr gegeben, das Verfahren zur Löschung aus der Denkmalliste inzwischen eingeleitet. Möglichkeiten zur Sanktionierung der Eigentümerin, die mit dem Kaufvertrag auch sämtliche Verpflichtungen zur Erhaltung übernommen hatte, würden derzeit geprüft.

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Eigentümer ist insolvent

Die Bezirksvertreter folgten jedoch den Argumenten des Petenten und forderten das Amt für Denkmalschutz per Beschluss auf, eine gesamtstädtische Vorlage für die nächste Sitzung zu erstellen. Außerdem erbaten sie sich ein interfraktionelles Gespräch mit Vertretern des Denkmalschutz-, des Liegenschafts- und des Bauamts. Auf die Mithilfe der PSG wird indes wohl nicht mehr zu bauen sein: Im Herbst des vergangenen Jahres meldete die Gesellschaft Insolvenz an. Ihr Geschäftsmodell soll Berichten zufolge auf Betrug an ihren Anlegern basiert haben. Die unendliche Geschichte des Hauses Fühlingen geht damit wohl weiter.

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