Danke fürs Durchhalten!Kölner Schüler, Eltern und Lehrer teilen ihre Erfahrungen

Lesezeit 5 Minuten
Schule Desinfektion

Zwei Schülerinnen nutzen Desinfektionsmittel gegen das Coronavirus.

  • Für die Schulen und die Kinder und Jugendlichen ist die Pandemie noch lange nicht zu Ende.
  • Selten haben Schüler, Lehrkräfte und Eltern so der Atempause in den Ferien entgegengesehnt.
  • Das Corona-Schuljahr war einsam und anstrengend zugleich. Deshalb braucht es eine Würdigung

Köln – Was Jugendliche in der Pandemie geleistet haben, wurde lange übersehen. Die 3845 Kölner Abiturienten, die in ihren Klausuren mit FFP2-Maske geschwitzt haben, werden hier stellvertretend für alle Schüler der weiterführenden Schulen bedacht. Höchste Zeit, Danke zu sagen und Glückwunsch zu dem besonderen Reifezeugnis. Wer Abi gemacht hat, war 16 oder 17 als das Virus für Stillstand sorgte. Als ihr aufs Gas gehen wolltet mit Party, Auslandsjahr und erster Liebe, wurde euer Leben auf Stopp gestellt. Lockdown-Lernen, digitale Abivorbereitung, Mittagessen mit den Eltern und abends auf dem Sofa abhängen. Als vor den Klausuren Präsenz möglich war, schnell nach Hause bloß nicht mit anderen abhängen. Verdammt vernünftig. 

„Wir haben einfach nur unseren Job gemacht“, sagt Abiturient Luzian Leser. Er meint das Lernen, aber auch die Solidarität. Der Mensch sei anpassungsfähig, habe er gelernt in dieser Zeit, die sich „angefühlt hat wie Winterschlaf“.

Luzian Leser

Abiturient Luzian Leser

Jetzt, wo sich ihre Welt wieder öffnet, stellen sie fest, dass sie sich das Soziale abgewöhnt haben, das Planen sowieso, aber auch das Spontane. „Wir müssten jetzt den Hintern hoch bekommen und was Cooles planen.“ Sofort! Unbedingt!

„Ich hab mir Schule anders vorgestellt"

Madita

Erstklässlerin Madita Kirchner

Den 9125 Erstklässlern in Köln ging es wie der sechsjährigen Madita. „Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt mit der Schule“, meint sie. Und erzählt, wie das war, als I-Dötzchen schreiben, rechnen und lesen zu lernen, ohne in der Klasse zu sitzen.

„War schon doof. Aber es ging schon.“ Ihre Lehrerin hat wie so viele Grundschullehrkräfte alles aufgeboten, was möglich war, um Sechsjährige im Videounterricht bei der Stange zu halten, manchmal auch mit ihrem Hund auf dem Schoß. Es gab Videos, in denen sie erklärt hat, wie welcher Buchstabe aufs Papier gebracht wird. Jeden Montag gab es zusätzliches Material, das die Kinder freitags in einem bestimmten Zeitfenster auf den Schulhof bringen durften, um auch analog Kontakt zu halten. Dass sie in den letzten Wochen vor den Ferien doch noch in die Schule durfte, fand Madita super. „Ich habe mich da gefühlt wie ein echtes Schulkind.“

Wie eine Große erzählt sie, dass Regeln wegen Corona ganz wichtig sind: immer neben demselben Kind sitzen, auf dem Schulhof mit der Klasse immer „in unserem für die Klasse festgelegten Bereich“ sein. Für die zweite Klasse wünscht sie sich, „auf dem ganzen Schulhof zu toben und die Kinder aus der Klasse endlich richtig kennenzulernen“.

Ziemlich schnell groß geworden seid Ihr tapferen I-Dötzchen, die ihr über die Tablets wischt wie Profis. Hut ab! Gleichzeitig wünschen wir euch, dass nicht wieder ihr das ausbaden müsst, wenn das schief geht mit den Urlaubern und den feiernden Fans im Stadion.

Manche Lehrer waren „mega"

Spyra

Lehrer Patrik Spyra

Es gab sie zuhauf: Kölner Lehrerinnen und Lehrer, die sich ein Bein ausgerissen haben für ihre Schüler. Höchste Zeit für Dank statt für wohlfeiles Lehrer-Bashing: Dank an die Lehrer, die unermüdlich in digitale Klassenräume unterrichtet haben, selbst wenn die Kameras der Schüler ausgestellt waren. Die engagiert Neues ausprobiert und Feedback gegeben haben. Die zur Not selbst Prepaid-Karten bei denen vorbeigebracht haben, die nur Handys hatten. Die gelitten haben mit ihren Schülern.

Lehrer wie Patrik Spyra, der hier stellvertretend für viele mit warmen Worten bedacht wird. Die kommen von seinen Schülern am Montessori-Gymnasium. „Mega“ sei das gewesen, wie er Leistungs- und Grundkurs-Leute mit Einzel-Lerntutorials, superdigitalen Kursnotizbüchern und Gruppenarbeiten unterstützt habe. Wie er ihnen das strukturierte digitale Selberlernen vermittelt habe. Und ganz nebenbei das Kollegium in One Note und Teams geschult hat, damit die ganze Schulgemeinde profitiert. „Es war unglaublich schwer, digital allen gerecht zu werden“, blickt er zurück. „Jetzt ist der Akku leer.“ Aber das tolle Abschneiden seiner Abiturienten und das wertschätzende Feedback „das gibt mir ganz viel Kraft.“

Schulleitung als Knochenjob

Oliver Schmitz

Schulleiter Oliver Schmitz vom Kaiserin-Theophanu-Gymnasium in Kalk 

Wenn es einen Job in der Pandemie gibt, um den einen niemand beneidet, ist es der der Schulleiterin oder des Schulleiters. Wie die sich fühlen am Ende dieses Corona-Schuljahres? „Wie dreimal vom Bus überfahren“, antwortet Schulleiter Oliver Schmitz vom Kaiserin-Theophanu-Gymnasium in Kalk spontan. „Wir Schulleitungen laufen alle auf der letzten Rille“, ergänzt eine Kollegin. Dringender Bedarf für Dank und Anerkennung! Wochen mit bis zu 80 Stunden und durchgängig 50 bis 60 sind an keiner Schulleitung spurlos vorbeigegangen. Viele sind gesundheitlich an Grenzen gestoßen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Immer erreichbar, immer mit Blick ins Postfach, ob die nächste Mail aus dem Schulministerium am Sonntagabend organisatorische Kraftakte – am besten schon für den nächsten Tag – nötig machte: Konzepte für Distanz-, Hybrid- und Wechselunterricht erarbeiten, Hygienekonzepte, am Wochenende für alle Klassen Testkits abpacken, Digital-Fortbildungen fürs Kollegium organisieren, und nachts über Sitzplänen brüten, wenn das Gesundheitsamt wieder einen Covid-Fall gemeldet hatte. Immer mit der Bürde der Verantwortung für die Gesundheit so vieler und das Gefühl der Fremdsteuerung, „auch Vorgaben umsetzen zu müssen, hinter denen man nicht persönlich stand“.

Neben dem Dank seien den Schulleitungen ein paar Wochen ganz ohne Schule gegönnt, bevor der Wahnsinn mit der Delta-Variante in die nächste Runde geht. „Wir sind jetzt schon in den Vorbereitungen“, sagt Oliver Schmitz.

Ein Lob für die Stadt

Anne Lena Ritter

Anne Lena Ritter

Es gibt ja immer viel zu kritisieren wenn es um Köln und Schulen geht – etwa fehlende Schulplätze und Modernisierungsstau. Aber in der Pandemie sind Schulentwicklungsamt und Gesundheitsamt über sich hinausgewachsen: Seit Beginn der Pandemie wurden 22275 iPads für Kölner Schüler besorgt und 11448 Geräte für Lehrer. „Wir haben alle Fördermittel abgerufen“, bestätigt Anne Lena Ritter, die Leiterin des Schulentwicklungsamtes. Außerdem bot die Stadt den weiterführenden Schulen in Eigenregie statt der NRW-Schulplattform Logineo Microsoft Office 365 an. 100 der 115 weiterführenden Schulen griffen zu.

Auch beim Testen ging die Stadt eigene Wege, um für die weiterführenden Schulen noch mehr Sicherheit zu schaffen: Zusätzlich zu den vom Land gestellten zwei Selbsttests pro Woche stellte die Stadt den Schulen einen Lolli-PCR-Test zur Verfügung und damit einmal wöchentlich eine sichere Möglichkeit, Infektionen zu erkennen. Dazu kamen 114 zusätzliche Schulbusse und ein mit 30 Ärzten ausgestattetes Schulteam im Gesundheitsamt, das die Schulen darin unterstützte, durch zielgenaue Kontaktnachverfolgung dafür zu sorgen, dass so wenig Kinder wie möglich in Quarantäne mussten.

KStA abonnieren