Spurensuche in KölnDer verlorene Kölner Opern-Prachtbau

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Die Postkarte zeigt den Blick von der Kreuzung Hahnenstraße/Hohenzollernring auf die Oper um 1910.

Die Postkarte zeigt den Blick von der Kreuzung Hahnenstraße/Hohenzollernring auf die Oper um 1910.

Innenstadt – Als das alte Opernhaus am Rudolfplatz am 6. September 1902 mit dem dritten Akt aus Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ eröffnet wurde, hatte wohl niemand gedacht, dass dem Haus nur eine relativ kurze Existenz bevorstehen würde.

Bereits 1958 wurde das von Architekt Carl Moritz entworfene Ensemble wieder abgerissen – obwohl es 1943 während des Zweiten Weltkriegs bei einem Luftangriff nur leicht beschädigt wurde.

Die Stadtplaner der 1950er Jahre wollten die Kulturbauten im Kernbereich der Innenstadt und somit in der Nähe des Doms konzentrieren. So erschien ihnen der Rudolfplatz nicht länger als ein geeigneter Standort. Darüber hinaus waren Gebäude aus der Zeit des Historismus damals generell verpönt.

Bis zum Abriss wurde die Moritz-Oper nur noch für wenige, kleine Aufführungen und als Probebühne sowie als Verwaltungsgebäude und Standesamt genutzt.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Was heute noch von der alten Oper übrig ist.

Heute erstreckt sich auf dem Grundstück das Hotel Cologne Rudolfplatz, das 2016 ein Haus der Steigenberger-Gruppe werden soll. Bis vor wenigen Wochen erinnerte eine Gedenktafel vor dem Hotel an das alte Opernhaus, die allerdings wegen der Umgestaltung der Parkanlage vorübergehend entfernt wurde.

Wer sich weiter auf die Spurensuche begeben will, muss die von Hans Schilling entworfene Kirche Neu St. Alban im hinteren Teil des Stadtgartens besuchen, die als Nachfolgebau für die im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Kirche St. Alban am Quatermarkt dient.

Eine Kirche aus den Opern-Steinen

Um die Baukosten zu reduzieren, wurde der Sakralbau 1958 aus Trümmerziegeln errichtet. Da das Material zu dieser Zeit allerdings knapp wurde, griff das Bauunternehmen auf die Reste des frisch abgerissenen Opernhauses zurück.

Carl Moritz hatte das Gebäude am Rudolfplatz mit Elementen aus Barock und Jugendstil gestaltet, damit es optisch zu den Ringen passte, die damals eine Prachtstraße nach Wiener Vorbild waren. Albert Betten arbeitete als Co-Architekt vor allem am Innenausbau des Hauses.

Dazu gehörte auch das als Wandelhalle bezeichnete Foyer, in dem eigens angefertigte, großformatige Gemälde des Künstlers Sascha Schneider die Wände verzierten. Zeitgenössische Rezensionen in Zeitungen lobten die „bemerkenswerte Farbgestaltung“ und die „vortreffliche Eingliederung der Gemälde in die Architektur“.

Genau jene Abbildungen entdeckte Christoph Molitor, der seit seiner Kindheit von der alten Oper fasziniert ist, vor kurzem wieder. „Das Kölnische Stadtmuseum verfügt über 35 der Gemälde“, sagt der 46-Jährige, der die Geschichte des Gebäudes seit Jahrzehnten erforscht.

Der Maler Sascha Schneider, der vor allem als Illustrator der Deckelbilder für die Romane des Schriftstellers Karl May bekannt wurde, stellte auf den Wandgemälden unter anderem Figuren aus der Weltliteratur sowie die Geschichte der Menschheit dar. Der an Diabetes erkrankte Schneider starb 1927 im Alter von 56 Jahren, als er während eines Zuckerschocks versehentlich eine Flasche mit Fleckentfernungswasser trank.

Dass seine Bilder aus dem Opernhaus gerettet werden konnten, ist offenbar der Tatsache zu verdanken, dass die Nationalsozialisten sie wegen ihrer Freizügigkeit als entartete Kunst einstuften und 1938 entfernen ließen. „Es handelt sich um eine Mischung aus Romantik und Renaissance, die den Nazis missfiel“, sagt Rita Wagner, Kuratorin im Stadtmuseum.

Wie lange sich die Kunstwerke bereits im Besitz des Museums befinden, sei unbekannt. Vermutlich habe das Büro des Stadtkonservators sie irgendwann übergeben.

Restaurierung kostet 70.000 Euro

Da die Gemälde direkt auf der Wand angebracht waren, sind sie nicht gerahmt und sehr stark restaurierungsbedürftig. „Deshalb können wir sie zurzeit auch nicht ausrollen und ausstellen“, so Wagner.

Die Instandsetzung und das Einrahmen würde voraussichtlich 70.000 Euro kosten. „Nachdem das Opernhaus unwiederbringlich verloren ist, wäre es schön, wenn man wenigstens die Gemälde restaurieren und für sie wieder einen Platz in dieser Stadt finden könnte“, meint Christoph Molitor. „Vielleicht wäre das ja etwas für einen neuen Kammermusiksaal.“

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