Kölner Donots-Sänger Ingo Knollmann„Ich habe Schlager gehört, um mich auf die Hölle einzuloten“

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Die Punkband Donots veröffentlicht am 3. Februar ihr neues und zwölftes Album „Heut ist ein guter Tag“. Sänger und Wahl-Kölner Ingo Knollmann im Gespräch.

Ingo Knollmann ist Sänger der Donots, die seit 1994 Punk- und Alternative-Rock spielen. Songs wie „Calling“ oder „Stop The Clocks“ zählen zu ihren bekanntesten Hits. „Lauter als Bomben“, das elfte Studioalbum, erreichte Platz vier der deutschen Albumcharts.  Knollmann, 1976 in Ibbenbüren im Münsterland geboren, lebt seit Jahren in Köln. Bei unserem Interview im cafecafe in Ehrenfeld spricht er über das neue Album, Demut, schlechte deutsche Liedtexte und darüber, was er als Immi an Köln liebt.

Herr Knollmann, das Album „Heut ist ein guter Tag“ beginnt mit einer Aufnahme der Tochter von Ihrem Bruder und Band-Gitarristen Guido Knollmann, die da singt: Das ist der Weltuntergang. Klingt erstmal nicht nach einem guten Tag. Warum der Titel?

Ingo Knollmann: Uns war ziemlich klar, dass wir kein Album machen wollen, das klingt, als wäre gerade Corona gewesen. Das ist das Schlimmste, was Fans auf der ganzen Welt jetzt passieren kann: Dass ein Schwall an Betroffenheits-Alben rauskommt. Wenn man jetzt auf die Punkszene schaut, dann ist es bei uns nicht nur das „Fuck you, destroy“ sondern: Wenn du was kaputt machst, dann um was Besseres draus zu bauen. Ich fand die Idee schön, ein Album zu machen, dass die Gesamtscheisse, die so passiert, nicht außen vor lässt, aber ganz klar sagt, wenn du einen guten Tag haben willst, dann liegt es in deiner Hand. Mach das, was du tun kannst, um heute zu einem guten Tag zu machen.

Ingo Knollmann am Tisch im Café in Ehrenfeld mit einer Tasse Kaffee.

Wir haben Donots-Sänger Ingo Knollmann im Cafécafé in Köln-Ehrenfeld getroffen.

Die Donots können auf 28 Jahre Bandgeschichte zurückblicken – das ist so lange, wie ich lebe. Was sind da die besten ‚guten Tage‘?

Ganz ehrlich, ich werde mit jedem Tag demütiger davor, dass wir das jetzt fast drei Dekaden lang machen dürfen. Wir sind alle in einem Umfeld aufgewachsen, in dem es schon ziemliche Koketterie ist zu sagen, was geht es uns allen beschissen. Uns fallen keine Bomben auf den Kopf, unser Kühlschrank ist voll, wir wohnen in einer Wohlfühlblase. Da muss man zwischendurch auch einfach mal innehalten und sagen: Danke, dass das geht. Und jetzt ganz aktuell: Wir haben in Köln das E-Werk vier Monate vor der Show ausverkauft und gehen hoch ins Palladium. In Münster haben wir an zwei Tagen vor insgesamt 13.000 Leuten gespielt. Das ist total irre. Das sind gute Tage!

Die meisten deutschen Texte wollen zu viel und sagen zu wenig.
Ingo Knollmann

Es ist auch wieder ein deutsches Album geworden. Was gefällt Ihnen daran, auf Deutsch zu singen?

Ich mag es mittlerweile sehr, mit der deutschen Sprache zu jonglieren. Ich habe mich früher damit schwergetan. Die meisten deutschen Texte sind entweder total platt, total kitschig, wollen zu viel und sagen zu wenig. Find‘ dazwischen mal deinen eigenen Sprech. Das war damals eine große Herausforderung. Ich wusste eigentlich eher, was ich nicht will als was ich will – und habe dann extra WDR5 und Schlagersender gehört, um mich auf die Hölle einzuloten. Und um zu analysieren: Warum macht das nichts mit mir und warum schreibt ein Sven Regner von Element Of Crime gute Texte?

Sie sind gebürtig aus Ibbenbüren, jetzt Wahl-Kölner in Ehrenfeld. Wie kam es dazu?

Ich lebe jetzt insgesamt seit achteinhalb Jahren in Köln. Ich bin zuerst, sieben Jahre lang, auf der Schäl Sick gewesen. Davor habe ich sehr lange in Münster gewohnt. Mit meiner Frau bin ich dann hierher gezogen, weil das für sie beruflich der bessere Standort war. Aber ich liebe Köln schon sehr. Es ist eine sehr liebenswerte Stadt.

Was lieben Sie an Köln denn?

Ich mag es, dass man immer super viele Leute trifft – jetzt wo ich das sage, kommt dahinten der Trommler von Knochenfabrik angelaufen, der Achim! Man kann in Köln wunderbar Freizeitstress bekommen, weil jeden Tag Konzerte stattfinden. Ich mag es, dass es hier super Joggingstrecken gibt. Ich liebe den Rhein. Ich könnte den ganzen Tag mit einer Flasche Bier in der Hand Schiffe gucken. Mittlerweile haben auch unsere Kinder hier den Lebensmittelpunkt.

Ich bin wohl das, was man einen Core-Gamer nennt.
Ingo Knollmann

Was ist der schönste Ort in Köln?

Ist das kitschig, wenn ich sage: Der Rhein?

Natürlich nicht!

Ich mag den Rhein einfach unglaublich gern. Stadtteilmäßig bin ich super happy mit Ehrenfeld, so sehr es mittlerweile durchgentrifiziert ist. Deutz, wo ich damals gewohnt habe, hat mir auch super gefallen, ich habe direkt an der Deutzer Freiheit gewohnt. Als Punk muss ich natürlich auch sagen: Der Sonic Ballroom.

Apropos Freizeitstress – was machen Sie, wenn Sie nicht gerade Musik machen?

Ich gehe wirklich gerne auf Konzerte. Und ich bin ein totaler Videospiele-Nerd. Ich spiele seit Anfang der 1980er, hab meinen eigenen Arcade-Automaten. Ich sammele sämtliche Videospielplattformen und bin wohl das, was man einen Core-Gamer nennt.

Sie haben es anfangs schon erwähnt: Das E-Werk haben Sie ausverkauft, jetzt geht’s ins größere Palladium. Freuen Sie sich jetzt besonders auf Köln?

Dass wir, besonders in Zeiten wie diesen, hochverlegen ins Palladium, ist einfach irre. Da freuen wir uns derbe drauf. Konzerte in Köln sind eh immer der Ober-Hammer, egal welche Konzertgröße.


Das Donots-Album „Heut ist ein guter Tag“ erscheint am 3. Februar im eigenen Label Solitary Man Records. Live ist die Band am 27. April im Palladium zu sehen. Karten gibt es für 47,75 Euro via koelnticket.de und an allen Vorverkaufsstellen.

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