Sicherheitsüberprüfung dauertEhrenamtlerinnen wollen in der JVA Ossendorf helfen – und dürfen nicht

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Die beiden Frauen wollen gerne ehrenamtlich in der JVA Ossendorf aushelfen - doch die Sicherheitsüberprüfung dauert schon seit anderthalb Jahre.

Britta Czarnecki (l.) und Christiane Niesel wollen gerne ehrenamtlich in der JVA Ossendorf aushelfen – doch die Sicherheitsüberprüfung dauert schon seit anderthalb Jahre.

Schon seit anderthalb Jahren warten Christiane Niesel und Britta Czarnecki auf die Erlaubnis des Verfassungsschutzes, ehrenamtlich zu helfen.

Klaus Jünschke hat vor Kurzem mit Insassen der JVA Ossendorf eine Gesprächswerkstatt veranstaltet. Dort konnten sie offen schildern, warum sie straffällig wurden, ihre Vergangenheit reflektieren und überlegen, wie die Zukunft aussehen soll. Ein solches Gespräch mit unbefangenen Dritten ist für die Strafgefangenen sehr hilfreich – und selten.

Wer hinter Gefängnismauern landet, verliert leicht den Kontakt zur Außenwelt. Jünschke, der als ehemaliges Mitglied der RAF selbst 16 Jahre im Gefängnis saß, weiß, wie schwierig die Situation ist. „Die Hälfte der Gefangenen bekommen keinen Besuch“, erzählt er, „und wenn, nicht oft.“

Ehrenamtlerinnen wollen Insassen der JVA Ossendorf Weiterbildungsangebote machen

Der Kontakt mit Menschen jenseits der Gefängnishierarchien sei aber wichtig, damit die Welt jenseits der Mauern den Insassen nicht fremd wird und damit sie eventuell auf Unterstützung zählen zu können, wenn sie entlassen werden. Er besteht vor allem in Gestalt von Ehrenamtlern und Ehrenamtlerinnen, die den Strafgefangenen in den JVAs verschiedene Freizeit- oder Weiterbildungsangebote machen.

Das haben die Kölnerin Christiane Niesel und die Bonnerin Britta Czarnecki vor. Im September bis zum November 2022 besuchten sie eine Fortbildung bei einer Sozialarbeiterin der JVA Ossendorf in der Volkshochschule Nippes, um sich auf einen ehrenamtlichen Einsatz in der JVA vorzubereiten. Nach dem Abschluss der Schulung mussten sie sich einer Sicherheitsüberprüfung seitens des Verfassungsschutzes unterziehen, um als ehrenamtlichen Mitarbeiter zugelassen zu werden.

Ehrenamt in JVA Ossendorf scheitert an Sicherheitsüberprüfung

Sie stellten den Antrag zügig nach Ende der Fortbildung – und warten bis heute auf das Ergebnis. Der Zugang zur JVA ist ihnen nach wie vor verwehrt, anderthalb Jahre nach der Fortbildung.

Ein Plan scheiterte bereits daran: Niesel hatte ursprünglich vor, strafgefangenen Frauen eine Gesprächswerkstatt anzubieten. Die Ergebnisse wollte Niesel mit Klaus Jünschke zu einem Buch verarbeiten, das Aufschluss über wichtige Themen gibt, beispielsweise wie sich vermeiden ließe, dass Menschen straffällig oder rückfällig werden.

Das Buch mit dem Titel „gefangen und wohnungslos“ ist mittlerweile erschienen – ohne die Beteiligung von Niesel. Nun möchte sie in der JVA einen Kunst- oder Musikworkshop anbieten. Die Ingenieurin Czarnecki kann sich vorstellen, den Strafgefangenen Computerkurse zu geben. Doch bislang tun sie vor allem eines: warten.

Vergangenheit kommt bei Sicherheitsüberprüfungen auf den Tisch

Niesel war vom Verfassungsschutz des Landes NRW in Düsseldorf zu einem persönlichen Gespräch gebeten worden. „Sie haben mich nach Dingen gefragt, die ich selbst längst vergessen hatte“, erinnert sie sich.

Niesels Vergangenheit lag transparent auf dem Tisch, dass sie sich als Aktivistin im Hambacher Forst engagiert, einmal einem Polizisten einen Stinkefinger gezeigt hatte. Sie gab bereitwillig Antwort auf alle Fragen – und hofft seitdem darauf, dass die Behörde sie endlich als „sicher“ einstuft.

Czarnecki kann sich ebenfalls nicht erklären, warum die Überprüfung ihrer Person so lange dauert. Ihre einzige Erklärung: „Ich komme ursprünglich aus dem Osten.“ Dort lebte sie vor dem Mauerfall. Man durchforste möglicherweise noch Stasiakten.

Die JVA Ossendorf kann den Vorgang nicht beschleunigen: „Wir haben keinen Einfluss darauf, wie lange die Sicherheitsüberprüfungen dauern“, sagt der stellvertretende Leiter Ralf Peters. „Wir haben selbst oft das Problem, dass wir jemanden einstellen, es aber sehr lange dauert, bis das Ergebnis der Überprüfung vorliegt und er anfangen kann.“

Das Landesamt für Verfassungsschutz gibt jedoch grundsätzlich keine Auskünfte zu Sicherheitsüberprüfungen einzelner Personen, wie eine Sprecherin der Behörde schreibt. Sie könne auch nicht pauschal sagen, wie lange die Überprüfungen dauern. „Diese richten sich immer nach den jeweils erforderlichen Maßnahmen und den im Einzelfall gewonnen Erkenntnissen, beispielsweise von Partnerbehörden oder Staatsanwaltschaften“, so die Sprecherin. „Auf die Beantwortung von Anfragen im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen bei anderen Stellen, hat der Verfassungsschutz keinen Einfluss.“

Wo und warum es genau hapert, weiß also keiner. So bleibt den engagierten Ehrenamtlerinnen nur das Hoffen und das Warten – bis sie die Lust verlieren.

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