ZukunftssorgenUngewöhnliches Modell soll Kölner Allerweltshaus absichern

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Allerweltshaus

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ehrenfelder Allerweltshauses mit Anne Gebler-Walkenbach (r.) und Sophie Hennis (2.v.r). 

Köln-Ehrenfeld – Mit einer ungewöhnlichen Konstruktion soll der dauerhafte Bestand des Kölner Allerweltshauses gesichert werden. Der Trägerverein des Kölner Zentrums, das wohl wie kein zweites in der Stadt die kommunalen Themen Integration und nachhaltige Stadtentwicklungspolitik mit dem entwicklungspolitischen Blick auf die ganze Welt verbindet, ist seit Jahren in Sorge, ob und wie es weiter geht.

Vorbild für andere Einrichtungen in Köln

Die Stadt hat ihre Unterstützung für ein Modell gegeben, das zukunftsweisend für andere sein kann. Mit Hilfe eines Förderprogramms des Landes, das „soziale Integration im Quartier“ fördern will, soll ein langfristiger Nutzungsvertrag mit dem privaten Haus- und Grundstückseigentümer abgeschlossen werden. Dieser möchte das alte Haus abreißen und ein neues bauen. Wer Grundbesitz in Ehrenfeld besitzt, kann viel Geld verdienen. Gelänge es, in dieser Lage eine soziale Einrichtung wie das Allerweltshaus zu erhalten, wäre dies ein guter Beitrag gegen die fortschreitende Gentrifizierung im Viertel.

Langfristige Bestandsgarantie

Das Modell sieht vor, dass Bauherr, Trägerverein und Stadt über Einzelverträge gegenseitig Verpflichtungen eingehen. Das Allerweltshaus bekommt eine langfristige Bestandsgarantie vom Bauherrn für das Erdgeschoss und Räume in der ersten Etage zu sehr günstigen Konditionen. Der Bauherr wird dafür mit Zuschüssen aus Steuergeldern beim Neubau unterstützt. Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern. Der Eigentümer war in den vergangenen Tagen für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus privaten Gründen nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Für das Allerweltshaus wäre seine Zustimmung die wohl beste Nachricht zum 30. Geburtstag, der am kommenden Dienstag in der Nippeser Kulturkirche mit Lesungen, Kabarett und Musik gefeiert wird. (weitere Informationen siehe unten)

Ein Haus für alle in Köln

Seit 1995 hat sich das Zentrum für Solidarität und Miteinander in dem Eckhaus an der Ehrenfelder Körnerstraße etabliert. Begonnen hatte man um die Ecke. Nicht zuletzt der fast geniale Einfall, die Einrichtung „Allerweltshaus“ zu nennen, hat ihr zu einer besonderen Stellung weit über Ehrenfeld hinaus verholfen: Ein Haus für Menschen aus aller Welt, welches das Miteinander zur ganz alltäglichen Selbstverständlichkeit erklärt.

Eine kleine sozialpolitisch engagierte Gruppe von Menschen, die viele Erfahrungen von Auslandsreisen mitgebracht hatten, wollte Räume für Menschen aus Afrika, Asien oder Südamerika schaffen. Im Gegensatz zu den Menschen, die zum Arbeiten angeworben worden waren, gab es für sie keine nennenswerten Angebote. Das Engagement für internationale Solidarität verband sich mit der Vorstellung einer weltoffenen, toleranten Stadt, das entwicklungspolitische Interesse für ferne Länder und Kulturen mit dem Ziel, den Zuwanderern aus diesen Ländern bei der Selbstorganisation in Köln zu helfen. Sozialarbeit wollte man eigentlich keine machen, sagt die hauptamtliche Mitarbeiterin Anne Gebler-Walkenbach. Doch das hat sich schnell geändert. „Wir wurden mit Anforderungen überrollt.“ Alphabetisierungskurse, Beratungsangebote und viele weitere Angebote kamen hinzu.

„Die Stimmung kann kippen“ 

Die Themen des Allerweltshauses haben sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert, sagt Sophie Hennis, die von Anfang an dabei ist. Verändert hätten sich aber die Formate der Vermittlung. Seit 30 Jahren – auch das ist in den aufgeregten Zeiten drumherum mittlerweile durchaus bemerkenswert – lebt das „Allerweltshaus“ ohne rassistische Anfeindungen. Einmal sei ein Türfenster eingetreten worden, so die friedliche Bilanz. „Manchmal wundert es mich auch“, sagt Gebler-Walkenbach. Doch das bedeute nicht, dass man die Herausforderungen der Zukunft ignorieren kann.

„Köln und insbesondere Ehenfeld sind gute Orte, aber die Stimmung kann kippen.“ Das Allerweltshaus will sich dem allgemeinen Rechtsruck stellen. Das bedeute nicht nur, dass man weiter für Toleranz und Solidarität arbeiten werden. „Wir müssen uns auch selbstkritisch fragen, wen wir in den vergangenen Jahren vergessen haben.“ Mit den Themen des Vereins erreiche man bislang vor allem die gebildeten Kölner. Das soll sich ändern.

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