ESL-Hype in der Lanxess Arena„Damals gab es einen Monitor, heute eine Million Dollar“

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Ein Spieler wird mit Feuerwerk auf der Bühne gefeiert.

Köln – Unermüdlich tickt die Zeit der Bombe herunter. 17.000 Fans in der Lanxess-Arena halten den Atem an, mehr als 150.000 Menschen überall auf der Welt schauen gebannt auf ihren Bildschirm. Der nächste virtuelle Tod entscheidet darüber, welches Team ins Finale einzieht und weiterhin die Chance auf den Hauptgewinn von einer Million Dollar hat.

Und dann passiert es: Die zwei restlichen Spieler erwischen den verbleibenden Kontrahenten aus dem Gegnerteam. Großer Jubel bricht bei den Fans auf den Rängen und den Spielern auf der Bühne aus.

Corona-Pause ist vorbei

Nach zwei Jahren Corona-Pause trägt die „Electronic Sports League“ kurz „ESL“ wieder die „Intel Extrem Masters“ in der Kölner Lanxess-Arena aus. Insgesamt 24 Teams haben sich von Freitag bis Sonntag im Computerspiel „Counter-Strike: Global Offensive“ (kurz CS: GO) gemessen.

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In dem Online-Taktik-Shooter treten Teams aus je fünf Spielern gegeneinander an. Ein Spiel besteht aus 30 Runden. Jede Runde darf maximal eine Minute und 55 Sekunden dauern. Gewonnen hat das Team, das als erstes in 16 dieser 30 Runden alle Mitglieder der gegnerischen Mannschaft eliminiert. Alternativ kann auch eine Bombe an einem bestimmten Standort auf der Karte gelegt beziehungsweise entschärft werden.

Eine Million Dollar Preisgeld – statt eines Monitors

Das Spiel erfreut sich, wie die E-Sport Szene im Allgemeinen, einer massiv gestiegenen Popularität. Ein Zuschauer, der die Szene seit den 2000er Jahren verfolgt, sagt: „Damals gab es als Preisgeld eine Festplatte oder einen Monitor. Heute werden eine Million Dollar ausgeschüttet.“ Erst dieses Jahr wurde ein neuer Zuschauerrekord geknackt. Beim PGL Major in Stockholm fieberten bis zu 2,75 Millionen Zuschauer mit. Zum Vergleich: Einen Spieltag der Fußball-Bundesliga verfolgen durchschnittlich 4,7 Millionen Menschen.

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Volle Konzentration: Die Kommentatoren vor dem Publikum

Schon früh ist an der Lanxess-Arena und in den umliegenden Straßen viel los am Wochenende. Bei dem Event treten Teams aus der ganzen Welt an. Es sind deshalb viele internationale Fans angereist. Eingehüllt in die Landesflagge ergeben sie mit den übrigen Fans, die oft die knalligen Trikots ihres Lieblingsteams tragen, ein buntes Bild. Vor der Arena treten einige Fans in ihrem geliebten „Game“ gegeneinander an. Dafür wurden Computer und Bildschirme aufgestellt. Schnell tummeln sich auch hier viele Zuschauer und die Spieler dürfen sich kurz ein bisschen so fühlen wie ihre Vorbilder später auf der großen Bühne.

„Es dauert sehr lange, das Level eines Profis zu erreichen“

Der entscheidende Unterschied zwischen normalen Spielern und den Profis sei „die Denkweise im Spiel und die Ruhe in sehr stressigen Situationen“, erklärt Aurimas „Bymas“ Pipiras aus dem Team „MOUZ“. „Es dauert sehr lange, das Level eines Profis zu erreichen“, meint der 18-Jährige, der CS:GO seit dem Jahr 2015 spielt. Er versuche, mindestens acht Stunden pro Tag im Team zu trainieren. Die Runden, die er mit Freunden in seiner Freizeit spielt, sind hier noch nicht eingerechnet. Kurz vor großen Turnieren trifft sich die Mannschaft zu „Trainingslagern“ in ihrem Büro in Hamburg. Dort kommt es dann zu längeren Einheiten.

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17.000 Zuschauer besuchten die Lanxess-Arena, um das Gaming-Event zu verfolgen

Auf der Bühne der Arena sind insgesamt zehn Computer aufgestellt. Die Profis der beiden Fünfer-Teams nehmen jeweils auf ihrer Seite Platz. Zwischen den Mannschaften gibt es einen Sichtschutz, der verhindert, dass die Spieler auf den gegnerischen Bildschirm schauen können. Über den Köpfen der Mannschaften ist ein großer Bildschirm installiert, auf dem das Spiel live von den Computern übertragen wird. Die Perspektive wechselt dabei häufig von Spieler zu Spieler. Das kann für den Laien sehr verwirrend sein. Die Stimmung in der Arena ist ausgelassen, jede „Eliminierung“ wird gefeiert. Besonders laut wird es, wenn es ein Spieler schafft, mehrere Gegner aus dem anderen Team kurz hintereinander zu töten. Es rollen viele „La-Ola-Wellen“ durch die Menge und immer wieder werden die Schlachtrufe der Teams angestimmt.

Großer Jubel kommt außerdem immer dann auf, wenn die Kamera auf eine Person mit einem Bier in der Hand schwenkt und sie dann – nicht immer erfolgreich – versucht, dieses in einem Zug zu leeren.

Kritik an Investor-Übernahme

Das Motto der Kölner ESL Gaming GmbH lautet „Where everybody can be somebody“. Schlagzeilen machte das Unternehmen, als es im Januar 2022 von der Savvy Gaming Group übernommen wurde, einer Tochter des saudi-arabischen Staatsfonds PIF. In diesem Zuge wurden kritische Stimmen laut, die auf die Menschenrechtssituation in dem Land aufmerksam machten.

Dem Königreich wird vorgeworfen, durch die Übernahme sogenanntes „E-Sport-Washing“ zu betreiben – es würde die steigende Attraktivität des Sports nutzen, um das eigene Land zu bewerben. In den Internetforen werde dieses Thema wie auch das Sponsoring der U.S. Airforce „heiß diskutiert“. Jedoch spiele das für das diesjährige Event „eher keine Rolle“, heißt es aus Fankreisen.

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