Sie sind hoch motiviert und wollen Pflegefachkräfte werden: Doch kurzfristig müssen sich 40 Kölner Auszubildende eine neue Pflegeschule suchen. Die Betroffenen sind empört.
FachkräftemangelKölner Pflegeschule schließt mitten im Schuljahr – Schüler fühlen sich im Stich gelassen

Christin Quenter und Tobias Schmitt vor der DAA-Pflegefachschule in Ehrenfeld
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Es sind Menschen wie Christin Quenter, Natalie Uhlhaas und Lea Klein, die in Krankenhäusern, Pflegeheime und Kinderkliniken so dringend gebraucht werden. Die drei sind Anfang 20 und hochmotiviert, sich als Pflegefachkräfte ausbilden zu lassen. Sie befinden sich im zweiten Ausbildungsjahr und stehen kurz vor ihren Zwischenprüfungen, als sie erfahren, dass ihre Schule schließt. „Wie kann es in Zeiten des Fachkräftemangels sein, dass eine Pflegeschule schließt?“, empört sich Christin Quenter.
Kölner Schülerinnen und Schüler erfahren per Mail von Aus an Pflegeschule
Den Schülerinnen und Schülern der Pflegefachschule der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) in Köln-Ehrenfeld wurde per E-Mail am 31. Oktober mitgeteilt, dass sie sich „eine neue Pflegeschule bis zum 01.01.2023 zu suchen“ haben. Außerdem wurden ihnen angeboten, an der DAA-Pflegefachschule in Aachen oder Wuppertal ihre Ausbildung zu beenden. Die E-Mail liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor.
Wir mussten uns selbst um eine neue Schule kümmern und das mitten in den Prüfungen
Eine offizielle Kündigung seitens der Schule gebe es bis heute nicht, berichten die Schülerinnen. Im Gespräch äußern sie sich fassungslos: „Wir mussten uns selbst um eine neue Schule kümmern. Es musste ja schnell gehen und das mitten in den Prüfungen“, sagt Natalie Uhlhaas.
„Immer heißt es: Keiner will in die Pflege. Und dann werden Menschen, die das mit Liebe und Herz machen, während ihrer Ausbildung auf die Straße gesetzt und allein gelassen“, klagt Tobias Schmitt. Der 40-Jährige arbeitet seit 17 Jahren als Pflegehelfer in der Altenpflege und möchte mit der Ausbildung zur Pflegefachkraft „meinen Teil zur Beseitigung des Fachkräftemangels beitragen“.
Es ist unmoralisch, Jugendliche einfach auf die Straße zu setzen
Eine Dozentin, die seit mehreren Jahren an der DAA unterrichtet, ist empört: „Es ist unmoralisch, Jugendliche einfach auf die Straße zu setzen.“ Sie selbst habe von der Schließung erst durch ihre Schüler erfahren. Auf Nachfrage sei ihr diese mit fehlendem Lehrpersonal begründet worden. „Bei dem miesen Gehalt wundert es mich nicht, dass Bewerber abspringen.“ Sie selbst verdiene – wie die anderen Honorardozenten – 16 Euro pro Unterrichtsstunde. An den DAA-Schulen in Aachen und Wuppertal hingegen seien es 25 Euro.

Das Gebäude der Schule an der Inneren Kanalstraße in Ehrenfeld
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Die unterschiedlichen Honorare sollen angehoben und landesweit angeglichen werden, sagt Dirk Niehöfer, stellvertretender Regionalleiter und Leiter Finanzen und Controlling der DAA in NRW. Er betont: „Es war überhaupt nicht unsere Absicht, die Pflegefachschule in Köln zu schließen. Doch der Fachkräftemangel zwingt uns letztlich dazu.“ Seit Jahren habe man permanent Stellenanzeigen für den Kölner Standort ausgeschrieben. „Aber wir haben keine festen Mitarbeitenden gefunden.“
Köln: Pflegeschule schließt, weil Lehrpersonal fehlt
Ein Sprecher der Bezirksregierung teilt auf Nachfrage mit, dass zuletzt 40 Schüler verteilt auf sieben Ausbildungskurse unterrichtet wurden. Bis auf zwei hätten mittlerweile alle andere Schulen gefunden, an denen sie ihre Ausbildung fortsetzen können. Zuerst habe man bereits Anfang Dezember diejenigen auf andere Schulen „umverteilt“, die Anfang 2023 ihre Abschlussprüfung absolvieren.
„Wir hatten ein großes Interesse daran, die Pflegeschule aufrechtzuerhalten“, betont Niehöfer, der die Kölner Schule 2013 mit begründet hat. Allerdings sei die Kursstärke mit rund zehn Schülern pro Kurs außergewöhnlich gering gewesen. „Normal wären 25. Die Schule war all die Jahre defizitär.“ Niehöfer begründet das mit der hohen Anzahl von Pflegeschulen in Köln und dem dadurch resultierenden Wettbewerb. Laut Bezirksregierung gibt es aktuell 16 Pflegeschulen in Köln – inklusive der DAA-Schule.
Kölner Pflegeschüler müssen ihre Ausbildung um drei Monate verlängern
„Formal schließen wir die Schule nicht, sondern stellen den Betrieb auf ruhend“, sagt Niehöfer. Und so sucht die DAA auf ihrer Internetseite weiter nach Lehrern für Pflegeberufen. In der Stellenanzeige heißt es: „Arbeiten Sie mit in einem motivierten und kollegialen Team an einem Standort mit moderner Ausstattung.“
Manchmal möchte man am liebsten hinschmeißen und die Ausbildung abbrechen
Darüber können Christin Quenter, Natalie Uhlhaas, Lea Klein und Tobias Schmitt nur lachen. Sie haben eine neue Schule gefunden, zu der sie zum Jahresbeginn wechseln. Christin Quenter ist inzwischen froh über den Wechsel: „Es ist ein Traum von einer Schule.“ Ausstattung und Praxisräume seien besser und moderner. Die Schüler berichten von defekten Übungs-Puppen, heruntergekommenen Räumen, in denen im Winter die Heizung nicht funktionierte.
Allerdings wird sich ihre Ausbildung um drei Monate verlängern, da ihr Kurs an der DAA-Schule Anfang April 2021 gestartet ist, der an der neuen Schule aber Anfang Juli. „Das bedeutet, wir bekommen drei Monate länger ein Azubi-Gehalt statt das Gehalt einer examinierten Pflegekraft. Das macht einen großen Unterschied“, sagt Lea Klein. Die 20-Jährige arbeitet nebenher an der Kasse eines Supermarkts, um über die Runden zu kommen. „Manchmal würde man am liebsten hinschmeißen und die Ausbildung abbrechen. Aber ich möchte unbedingt in der Pflege arbeiten.“
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