Eklat im Kölner Mammut-ProzessThomas Drach will seine Verteidiger loswerden

Lesezeit 2 Minuten
Thomas Drach sitzt auf Distanz zu seinen Anwälten.

Thomas Drach distanziert sich im Saal von seinen Anwälten Andreas Kerkhof (links) und Dirk Kruse (Mitte).

Thomas Drach fühlt sich „verraten“. Im laufenden Prozess vor dem Kölner Landgericht schießt er nun gegen seine Pflichtverteidiger.

Das Mammut-Verfahren um Thomas Drach ist um einen Skandal reicher. Der Reemtsma-Entführer will seine beiden Pflichtverteidiger loswerden und hat am Freitag im Landgericht Köln einen entsprechenden Antrag gestellt. Er fühle sich vor allem von seinem Anwalt Andreas Kerkhof verraten. Käme der Richter dem Wunsch Drachs nach, müsste das Verfahren womöglich von vorne beginnen.

Köln: Thomas Drach distanziert sich von Anwälten

Demonstrativ hatte sich Thomas Drach zu Beginn der Verhandlung in Saal 112 nicht zwischen seine Verteidiger, sondern weiter weg ans äußere Ende der Anklagebank gesetzt. Auch der übliche Handschlag blieb aus. Im Vorfeld hatte Drach per Brief aus der JVA bereits eine Erklärung angekündigt, die er beim nächsten Prozesstag „in Anwesenheit der Presse“ vortragen wolle.

Drach warf Verteidiger Kerkhof eine Lethargie vor. Dieser weigere sich, gegen „die Hamburger“ vorzugehen. Drach meint damit unter anderem sein früheres Entführungsopfer Jan Philipp Reemtsma. Drach sieht eine Verschwörung und offenbar sei auch sein Verteidiger darin involviert: „Er gab mir zu verstehen, dass er gekauft wurde“ – und zwar von einem Kölner Oberstaatsanwalt. Auch habe Kerkhof die beiden ermittelnden Staatsanwältinnen immer in Schutz genommen. Drach über den Anwalt: „Ich dachte, er ist verrückt oder ein Liebeskasper.“

Drach will das Verfahren einstellen lassen

Verteidiger Kerkhof wollte keine ausführliche Stellungnahme zu dem Antrag abgeben, er sei aufgrund des Mandantenverhältnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet und wolle Drach nicht schaden. Drach hatte behauptet, Kerkhof habe den Richter als Lügner und Betrüger bezeichnet. Verteidiger Kruse stellte seinerseits den Antrag, als Pflichtverteidiger abgesetzt zu werden. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet.

Ohne Verteidiger könnte der Prozess nicht fortgeführt werden, Drach regte daher an, „das Verfahren einzustellen“. Tatsächlich müsste womöglich die komplette Beweisaufnahme wiederholt werden, sollten sich neue Anwälte einarbeiten müssen. Der Richter muss nun über die Anträge entscheiden. Eigentlich wollte er die Beweisaufnahme schließen und zu den Plädoyers übergehen.

Köln: Antrag hat wenig Aussicht auf Erfolg

Dass den Anträgen stattgegeben wird, gilt als sehr unwahrscheinlich, zumal Drach lediglich Behauptungen und Verschwörungstheorien verbreitet hat. Zum Vergleich: Im langjährigen NSU-Prozess gegen die Terroristin Beate Zschäpe wollten die damaligen Verteidiger Heer, Sturm und Stahl ebenfalls aus dem Verfahren raus. Der Richter beließ sie aber bis zum Ende im Verfahren.

Prozessbeobachter attestieren Thomas Drach eine Torschlusspanik. Ihm werden vier Raubüberfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg an der Lahn vorgeworfen, in zwei Fällen wurde auf Geldboten geschossen. Drach droht daher eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Sicherungsverwahrung. Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt. Dann will der Richter erklären, wie es weiter geht.

KStA abonnieren