Immer mehr InklusionskinderFast jeder zehnte Kölner Schüler hat sonderpädagogischen Förderbedarf

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Eine Schülerin sitzt in einem Rollstuhl in einem Klassenraum. Sieht sie von hinten an einem grünen Tisch.

Immer mehr Kölner Schülerinnen und Schülern wird sonderpädagogischer Förderbedarf attestiert.

Der Bedarf an Plätzen im gemeinsamen Lernen steigt so stark, dass es wohl im kommenden Schuljahr zu wenig Plätze gibt. Lösungen müssen her. 

Die Zahl der Kölner Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf steigt weiter an. Inzwischen beträgt die sogenannte Förderquote laut dem aktuellen Inklusionsbericht knapp neun Prozent. Das heißt, in diesem Schuljahr ist fast jeder zehnte Schüler, der die erste bis zehnte Klasse besucht, ein Inklusionskind. Tendenz weiter steigend.

Insgesamt wurden im Schuljahr 2021/22 insgesamt 8229 Schülern Inklusionsbedarf attestiert. Das waren 120 mehr als im Vorjahr. Bezogen auf die vergangenen 15 Jahre bedeutet dies nach Angaben der Stadt einen Anstieg von 50 Prozent.

Dabei wurden drei Viertel der Inklusionskinder aufgrund einer Lern- und Entwicklungsbeeinträchtigung unterstützt, das heißt, sie sind im Bereich Lernen, emotional-soziale Entwicklung oder Sprache beeinträchtigt. Lediglich zehn Prozent entfallen auf den Bereich geistige Entwicklung. Dabei handelt es sich um Kinder mit hoher kognitiver Beeinträchtigung, die auch nach der Schulzeit voraussichtlich auf Dauer Hilfe benötigen. Acht Prozent waren körperlich und motorisch beeinträchtigt.

Etikettierungs-Dilemma: Beantragen Kölner Lehrer Förderbedarf, um mehr Personal zu bekommen?

Es lässt sich dabei sagen, dass mehr als die Hälfte der Inklusionskinder (4545 Schülerinnen und Schüler)  im gemeinsamen Lernen in Regelschulen unterrichtet werden. Die andere Hälfte in Förderschulen. Die sogenannte Inklusionsquote liegt damit bei 4,9 Prozent des 8,9-prozentigen Förderschüler-Anteils an der Gesamtschülerschaft.

Dabei soll nun in einer wissenschaftlichen Prüfung, die das Land NRW im Rahmen ihres „Aktionsplans NRW inklusiv 2022“ beauftragt hat, ermittelt werden, warum deutschlandweit die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf so kontinuierlich steigt. Eine Hypothese ist, dass einfach immer mehr Lernende den Anforderungen der allgemeinen Schulen nicht gewachsen sind. Inklusionskinder mit Lernbeeinträchtigung oder Defiziten bei emotionaler und sozialer Entwicklung wachsen laut Inklusionsbericht häufig in Risikofamilien auf, die von Armut, sozialer Benachteiligung und großer Distanz zu Bildungs- und Erziehungseinrichtungen geprägt sind.

Untersucht werden soll aber auch, inwieweit das sogenannte „Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma“ greift. Es steht im Raum, dass knappe Ressourcen über das Ausmaß der festgestellten Förderbedarfe gesteuert werden. Denn: Für Förderschüler bekommen die personell schon jetzt mangelhaft ausgestatteten Grundschulen anteilig mehr pädagogische Fachkräfte und eine bessere Ausstattung des Ganztags. Vielerorts die einzige Möglichkeit, den Kindern im Ansatz gerecht zu werden.

Andererseits steigt durch immer mehr Förderschüler anschließend an den weiterführenden Schulen die Konkurrenz um die knappen Inklusionsplätze. Die Kölner Schulen sind durch die Inklusionskinder sehr unterschiedlich gefordert: So gibt es Kölner Grundschulen, in denen gar kein Kind mit Förderbedarf lernt, und solche, in denen bis zu einem Viertel der Schülerinnen und Schüler Inklusionskinder sind.

Rund die Hälfte aller Kölner Förderschüler lernen an Gesamtschulen

Auch bei den weiterführenden Schulen ist die Verteilung ungleich: Inklusionsschüler besuchen überdurchschnittlich häufig eine Haupt- oder Gesamtschule. An Gesamtschulen lernten beispielsweise gut ein Viertel aller Kölner Lernenden, aber rund die Hälfte aller Förderschüler. An Hauptschulen lernen lediglich 8,4 Prozent aller Schülerinnen und Schüler, aber rund 20 Prozent der Lernenden mit Förderbedarf.

An allen Kölner Haupt-, Real- und Gesamtschulen werden Plätze im gemeinsamen Lernen angeboten. Bei den Grundschulen sind es die Hälfte. Bei den Gymnasien sind es mit dem Genoveva-Gymnasium in Mülheim und dem Albertus-Magnus-Gymnasium in Ehrenfeld nur zwei Schulen, die gemeinsames Lernen anbieten. Während für das laufende Schuljahr nach Angaben der Stadt noch ausreichend wohnortnahe Plätze angeboten werden konnten,  geht die Schulaufsicht für das kommende Schuljahr davon aus, dass bis zu 75 Plätze im gemeinsamen Lernen fehlen werden, vorwiegend im Rechtsrheinischen. Es werde geprüft, wie an allen Schulformen noch zusätzliche Plätze gewonnen werden könnten. Auch die Einrichtung von Gemeinsamem Lernen an weiteren Gymnasien werde erwogen.

Zwei neue Förderschulen sollen in Köln gebaut werden

Angespannt ist die räumliche Situation auch an den Kölner Förderschulen, wo die Zahl der Schüler ebenfalls ansteigt. Dort lernen in der Mehrheit Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Alle vier Schulstandorte sind komplett ausgelastet. Es herrsche auf beiden Seiten des Rheins große Enge und Platzmangel. Daher sei angesichts steigender Schülerzahlen der Neubau von Förderschulen für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung alternativlos. Daher soll in dem neuen Stadtteil Kreuzfeld im Stadtbezirk Chorweiler eine neue Förderschule entstehen. Auch für das Rechtsrheinische soll eine neue Förderschule geplant werden.


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