Jubiläum 2022Der Dom ist ein Menschheitsprojekt

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Der Dom, so lautet eine Gewissheit in Köln, wird niemals fertig.

Köln – Der Dom, so lautet eine Gewissheit in Köln, wird niemals fertig. Genau dieser Gedanke kommt auch bei dem Jubiläum zum Ausdruck, das in diesen Tagen begangen wird. Gefeiert wird eben nicht der Beginn der fast 800-jährigen Baugeschichte mit der Grundsteinlegung im Jahr 1248 und auch nicht die Vollendung der Kathedrale im Jahr 1880. Sondern „nur“ ein wichtiger Zwischenschritt: Vor 700 Jahren wurde der Hochchor als allererster Bauabschnitt des heutigen Doms fertiggestellt und geweiht.

Der Dom ist ein epochenübergreifendes Menschheitsprojekt, das Generationen und Nationen – die Bauidee kam schließlich aus Frankreich – verbindet. Er steht nicht nur als weithin sichtbare Landmarke am Rhein, sondern auch als ein Bau, der über sich selbst hinausweist. Der Dom steht für die Fähigkeit des Menschen, sich etwas auszudenken und sich für etwas einzusetzen, was ihn selbst übersteigt.

Vom Nationalsymbol zum Symbol des Lebenswillens

Den mittelalterlichen Baumeistern und Bauleuten muss klar gewesen sein, dass sie sich ein Projekt vorgenommen hatten, dessen Vollendung weder sie noch ihre Kinder erleben würden. Der Plan für eine der größten Kathedralen im gotischen Baustil wurde immer weitergereicht. Sogar über eine mehrere Jahrhunderte währende Bauunterbrechung hinweg blieb der Ursprungsgedanke lebendig.

Bei seiner Vollendung im 19. Jahrhundert galt der Dom als Nationalsymbol. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er – trotz schwerer Zerstörungen nach außen unversehrt erscheinend – inmitten des ausgebombten Kölns zu einem Symbol des (Über-)Lebenswillens.

Der Dom war und ist deshalb auch immer mehr als die Kathedrale des Erzbischofs von Köln. Es war und es ist gut, dass die Kirche den Dom nicht „für sich“ beansprucht. Der Dom, der „sich selbst gehört“, gehört allen Kölnerinnen und Kölnern. Er ist Gotteshaus und zugleich ein Haus von Menschen für Menschen. Bis heute tragen die Bürgerinnen und Bürger zum Erhalt des Doms wesentlich bei, sei es über eine Mitgliedschaft im Dombauverein oder über Einzelstiftungen.

Sinnbild für den Strom von Geschichte und Kultur

Das Vermächtnis des Ursprungs bleibt für die Gegenwart und die Zukunft bestehen: Der nie wirklich vollendete Dom – es wird tatsächlich immer an ihm weitergebaut werden – ist mit dem diesjährigen Jubiläum auch deshalb ein großartiges Symbol des Lebens.

Die Legende, dass an dem Tag, an dem der Dom vollendet wäre, der Jüngste Tag – also der Weltuntergang – käme, bringt zum Ausdruck, dass all unser menschliches Tun immer unvollkommen ist. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere Nachfahren auf dem aufbauen, was wir selbst von unseren Vorfahren übernommen haben.

Der Dom wird somit zum Sinnbild für den Strom von Geschichte und menschlicher Kultur. Jede Generation leistet dabei bis in die Gegenwart hinein ihren Beitrag. Bestes Beispiel hierfür ist das Richterfenster, das unverkennbar 21. Jahrhundert ist und sich doch als Meisterwerk unserer Zeit organisch einfügt in das Gesamtkunstwerk Dom.

Kulturdenkmal, Wahrzeichen und Lebensmittelpunkt Kölns

Manche Kunsthistoriker haben den Dom als „vollkommene Kathedrale“ bezeichnet. Seit 1996 zählt er zum Unesco-Weltkulturerbe, er gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Europas.

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Er ist aber noch so viel mehr: Es gibt kein anderes Kulturdenkmal in Deutschland, mit dem die Menschen emotional so verbunden sind – und zwar unabhängig von Religion und Konfession. „Wahrzeichen“ einer Stadt und einer Region ist im Grunde ein zu kleines Wort dafür. Der Dom ist so etwas wie der Lebensmittelpunkt Kölns. Und ein Sinnbild für die Verbundenheit der Menschen, das es so kein zweites Mal gibt.

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