Köln-KalkAnwohner beklagen Müll rund um Unterkunft für Geflüchtete – Sensibilisierung soll helfen

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Die Geflüchteten grillen gerne an den Picknick-Tischen und lassen ihren Müll laut Anwohnern teilweise liegen.

Die Geflüchteten grillen gerne an den Picknick-Tischen und lassen ihren Müll laut Anwohnern teilweise liegen.

Täglich werde vor der Unterkunft gegrillt, der Müll bleibe liegen, ärgern sich Anwohner. Gemeinsame Aktionen zum Saubermachen und Sensibilisierung sollen helfen.

Die Flüchtlingsunterkunft am Hardtgenbuscher Kirchweg gehört für die Menschen in Ostheim schon so lange zur Nachbarschaft, dass sie sich längst an sie gewöhnt haben. Doch seit rund einem Jahr schwindet ihre Akzeptanz. Der Grund: Die Geflüchteten seien verantwortlich für Müll, Lärm, Diebstähle und Einbrüche in ihrem Veedel, sagen die Anwohnerinnen und Anwohner.

Direkt an der Kreuzung zur Frankfurter Straße gibt es eine kleine Wiese mit zwei fest installierten Picknick-Tischen, die gerne von den Geflüchteten genutzt werden. Insbesondere am Wochenende sei die Wiese übersät mit Unrat. „Der lockt Ratten an. Außerdem verrichten die Leute ihre Notdurft in den Büschen“, sagt Alessandro Tallarita, der in einer der umliegenden Straßen wohnt.

Rund 420 Menschen wohnen in Ostheimer Unterkunft für Geflüchtete

Der Hardtgenbuscher Kirchweg liegt eingehegt zwischen der Autobahn, der Frankfurter und der Rösrather Straße. Es ist eine ruhige Siedlung mit Doppelhaushälften, ein paar Firmen sind in der Ecke ansässig, daneben blüht Raps auf einem Feld. Mittendrin befindet sich das Schulzentrum – und die sechs Leichtbauhallen, in denen rund 420 Menschen leben. Es kämen etwa 200 Bewohner aus Albanien und etwa 130 aus Nordmazedonien. Der Rest verteile sich auf andere Staaten des Westbalkans, wie Stadtsprecherin Sabine Wotzlaw auf Anfrage mitteilte.

Ein Mann steht in einem Park.

Seit Alessandro Tallarita das Handy gestohlen wurde, sammelt der 33-Jährige Unterschriften, um für eine Verbesserung der Lage zu kämpfen.

Zuvor hätten 2015 Syrer und später Ukrainer dort gelebt. „Die Menschen interessieren sich nicht verantwortungsvoll für ihr Umfeld“, meint Anwohnerin Claudia Melitzki. Mülltonnen würden durchwühlt, Feuerwerkskörper gezündet, Fahrräder gestohlen. „Täglich wird gegrillt – und der Müll bleibt liegen“, sagt sie. Alessandro Tallarita ist in dem Veedel heimisch, seit er ein Kind war. Der 33-Jährige spricht leise und ist ein zurückhaltender Mensch. Doch ein Ereignis vor einigen Wochen bewog ihn, etwas gegen die für ihn unhaltbaren Zustände zu tun.

Anwohner entdeckte Einbrecher in seiner Wohnung in Köln-Ostheim

Am 10. September hat Tallarita einen Einbrecher in seinem Haus überrascht. Er rief die Polizei, der Dieb flüchtete mit einem Fahrrad. „Er hat mein Handy und meine EC-Karte mitgenommen. Das Handy habe ich später in einer der Leichtbauhallen geortet. Und der Dieb wurde gefilmt, als er mit meiner Karte Geld abheben wollte“, schildert Tallarita. Auch andere Nachbarinnen und Nachbarn seien Opfer von Einbrüchen in Wohnungen oder Autos gewesen – teilweise am helllichten Tag.

Die Heimleitung und die Fachkräfte der sozialen Arbeit vor Ort thematisieren das gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern und sensibilisieren sie für die Belange der Anwohnerschaft
Sabine Wotzlaw, Stadtsprecherin

Die Polizei bestätigt auf Anfrage den Einbruch in Tallaritas Haus. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen einen Tatverdächtigen. Tatsächlich, so legt es Polizei-Sprecherin Annemarie Schott dar, gab es in 2023 einen Anstieg von Strafanzeigen in den Straßen rund um die Unterkunft: Zwischen Januar und September 2023 habe es doppelt so viele angezeigte Taten gegeben wie im Vorjahreszeitraum, nämlich rund 140. „Darunter fallen Betrugsdelikte, Körperverletzungen, Gewalttaten sowie Diebstähle und Einbrüche, die jeweils den größten Anteil ausmachen“, so die Polizei.

Aber: Nur in vier Fällen stehe eine Tat mit der Flüchtlingsunterkunft in Verbindung, darunter der Einbruch bei Alessandro Tallarita. In weiteren elf Fällen stünden Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft im Verdacht, Straftaten außerhalb von Ostheim begangen zu haben. Bei einer Vielzahl von Fällen liefen die Ermittlungen noch.

Anwohner startete Unterschriftenaktion für gutes Miteinander

Tallarita hat begonnen, bei seinen Nachbarinnen und Nachbarn Unterschriften zu sammeln. „Wir sind dagegen, dass die Bewohner draußen grillen und ihren Müll nicht wegräumen.“ Alle Beteiligten sind merklich um Sachlichkeit bemüht, sie betonen, wie lange sie in Ostheim schon friedlich mit Menschen aus allerlei Nationen und Kulturen zusammenlebten. Anwohnerin Claudia Melitzki trug das Thema an den CDU-Ortsverband Kalk/Ostheim heran, bei dem sie selbst Mitglied ist.

Dieser organisierte einen Runden Tisch mit der Stadt, die die Flüchtlingsunterkunft verantwortet, und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), das mit der Leitung und sozialen Betreuung beauftragt wurde. Verstöße gegen das Grillen im öffentlichen Raum müssten beim Ordnungsamt angezeigt werden, sagt Stadtsprecherin Sabine Wotzlaw. Der Müll werde regelmäßig durch die Abfallwirtschaftsbetriebe entfernt. Zusätzlich werde das unmittelbare Umfeld immer wieder von Arbeiterinnen und Hausmeisterhelfern gesäubert.

„Allein aufgrund der Größe der Unterkunft mit vielen Kindern und Jugendlichen wird jedoch immer wieder mit einem erhöhten Anfall von Müll im Umfeld zu rechnen sein“, sagt sie. Auch deswegen halte sich ein Teil der Bewohnerschaft „auch abends im Freien auf. Der Wachdienst ist angehalten, auf die Einhaltung der Nachtruhe hinzuweisen“, so die Sprecherin. Für Kinder gebe es verschiedene pädagogische Angebote. „Des Weiteren steht ein Bolzplatz zur Verfügung, die Wiederherstellung eines früheren Spielplatzes wird derzeit geprüft.“

Gemeinsame Aktionen zum Saubermachen finden in Köln-Ostheim statt

Das Amt für Wohnungswesen sei darum bemüht, ein gegenseitiges respektvolles Miteinander im Umfeld der Unterkunft zu erhalten. „Die Heimleitung und die Fachkräfte der sozialen Arbeit vor Ort thematisieren das gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern und sensibilisieren sie für die Belange der Anwohnerschaft“, sagt Wotzlaw. „Trotz des Engagements wird es leider nie gänzlich auszuschließen sein, dass einzelne Personen sich störend verhalten.“

Ähnlich äußert sich Marita Bosbach, Fachbereichsleitung Soziale Dienste des DRK, zu denen auch die Unterkunft gehört. „Grundsätzlich bewegen sich die Menschen in der Außenanlage, sie ist ja öffentlich – dort darf auch gegessen werden“, sagt sie. „Das Ordnungsamt und die Mitarbeitenden schauen ständig nach dem Müll. Die Bewohner helfen da aber auch aktiv mit, wir haben gemeinsame Aktionen zum Saubermachen“, so Bosbach. Das DRK fühle sich auch jenseits der Zäune zuständig. Claudia Melitzki und Alessandro Tallarita bleiben nach eigener Aussage pessimistisch, dass sich die Situation bald ändert.

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