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Beschwerde eingereichtKölner bei Polizeieinsatz getötet – Opfer-Anwalt zweifelt Notwehrversion an

Lesezeit 2 Minuten
Der Leichnam des erschossenen Mieters wird im August 2022 aus dem Wohnheim in Köln-Ostheim abtransportiert.

Der Leichnam des erschossenen Mieters wird im August 2022 aus dem Wohnheim in Köln-Ostheim abtransportiert.

Der Kölner Anwalt Simon Kantz will gegen eine Verfahrenseinstellung im Fall des bei einer Zwangsräumung getöteten Mieters aus Ostheim vorgehen.

Das Verfahren um einen bei einer Zwangsräumung in Ostheim durch Polizeikugeln getöteten Mieter geht weiter. Die Staatsanwaltschaft hatte den Fall eingestellt, da sie keine Schuld bei den am Einsatz beteiligten Beamten sah. „Ich werde Beschwerde gegen die Einstellung einlegen“, bestätigte Anwalt Simon Kantz am Freitag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Kantz vertritt den Sohn des Verstorbenen.

Köln: Auch Gericht könnte den Fall überprüfen

Der Anwalt ist der Meinung, dass der Fall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht womöglich nicht ausreichend auf mögliches Fehlverhalten der Polizisten geprüft wurde. Die Beschwerdefrist zur Generalstaatsanwaltschaft läuft noch. Sollte die übergeordnete Behörde den Einwand abschmettern, könnte sich ein Klageerzwingungsverfahren anschließen. Dann müsste ein Gericht den Fall bewerten.

Der 48-jährige Bewohner war im August vergangenen Jahres in seiner Wohnung von zwei Schüssen aus einer Dienstwaffe in die Schulter und das Bein getroffen worden. Der Schuss in den linken Oberschenkel soll zum Tode des Mannes geführt haben. Zuvor soll der Mann ein Messer in der Hand gehalten und sich trotz vorherigen Einsatzes von Reizgas auf die Polizisten zubewegt haben.

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Kölner Staatsanwaltschaft sieht Notwehrsituation erfüllt

Bei dem Todesermittlungsverfahren hätten sich „keine konkreten Hinweise auf ein strafbar relevantes Fehlverhalten Dritter“ ergeben, hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Der Schusswaffeneinsatz der Polizeibeamten sei demnach durch das Notwehrrecht gerechtfertigt gewesen. Daher hätte sich auch kein sogenannter Anfangsverdacht gegen die Beamten ergeben.

Eine  Gerichtsvollzieherin hatte die Polizei bei der geplanten Zwangsräumung um Amtshilfe gebeten, weil der Mieter als gewaltbereit und psychisch auffällig bekannt gewesen sei. Wenn er zu Hause war, soll der Mann die Nachbarn drangsaliert und schikaniert haben, wie diese berichteten. Nachts soll er etwa die Musik laut aufgedreht haben. Acht Polizisten begleiteten die Gerichtsvollzieherin.

Acht Polizisten bei geplanter Zwangsräumung dabei

Nachdem die Beamten die Wohnungstür mit einer Ramme geöffnet hatten, eskalierte die Situation. Freunde des Verstorbenen sprachen im Nachhinein von einem Tod mit Ansage. Monate vor dem Einsatz soll der alkoholkranke Bewohner auf Facebook in russischer Sprache den Wunsch geäußert haben, dass sich „jemand findet, der mich erschießt. Als Geschenk zum Geburtstag“.

Mit seiner Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft will Opfer-Anwalt Kantz die Todesumstände des Vaters seines Mandanten noch einmal auf den Prüfstand stellen. Dabei geht es dem Juristen auch um mögliche Amtshaftungsansprüche, die in einem späteren Zivilverfahren etwa in Form von Hinterbliebenengeld geltend gemacht werden könnten.

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