Kommentar zum „Klüngel“-VerdachtDer Skandal ums Stadthaus schadet Köln immens

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Das Stadthaus in Köln-Deutz. Kölner Politiker beschäftigen sich mit der fehlenden Kaufoption für das Stadthaus. OB Reker hat das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. (Archivbild)

Das Stadthaus in Köln-Deutz. Kölner Politiker beschäftigen sich mit der fehlenden Kaufoption für das Stadthaus. OB Reker hat das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. (Archivbild)

Die Stadtverwaltung muss dringend das alte Kaufoptions-Geflecht aufrollen und Wege finden, um das Desaster abzuwenden.

Immer wieder einmal überkommt einen in Köln das Gefühl, die Stadt sei unrettbar gefangen in ihrem ureigenen Flechtwerk aus Schlendrian, Vetternwirtschaft und Versagen von Kontrolle. Es gibt einen Begriff dafür: den Klüngel, für den irgendwie niemand etwas kann, der am Ende aber immer jemandem nützt.

Wie eine Schlinge dieses Geflechts aus alten Zeiten bindet der 1995 unterlassene Eintrag eines Vorkaufsrechts für das damals errichtete Stadthaus in Deutz die Stadt bis heute. Nur mit dieser Klausel war das Mietgeschäft für die Stadt aus damaliger Perspektive wirtschaftlich sinnvoll. Und offenbar gingen maßgebliche Menschen in Politik und Verwaltung wie selbstverständlich von der vermeintlich vorhandenen Kaufoption aus. Schließlich hatte der Rat sie doch genau so beschlossen.

Stadthaus in Deutz: Erneut ein immenser Schaden für Köln

Umso unwahrscheinlicher ist die Vorstellung, der frühere Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier könnte diesen Teil der Vereinbarung schlicht vergessen haben. Der 2012 gestorbene SPD-Mann, zentrale Figur im Bestechungsskandal um die Müllverbrennungsanlage, war gewieft in Verwaltungsangelegenheiten wie im Umgang mit Geld – nur eben nicht immer im Interesse der Allgemeinheit. Der skandalöse Vorgang zeigt erneut, was vor 30 Jahren in Köln möglich war und wie respektlos zumindest Teile der Stadtverwaltung mit politischen Beschlüssen umgingen.

Für die Stadt ist daraus immenser Schaden entstanden. Und wohlgemerkt: „Die Stadt“ – das sind die Bürgerinnen und Bürger, die Recht und Gesetz befolgen, ihre Steuern zahlen und darauf vertrauen, dass damit sorgsam gearbeitet wird.

Über drei Jahrzehnte hinweg musste die Stadt hohe Mieten zahlen und auch noch für die Instandhaltung des Mietobjekts aufkommen. Das alles hätte sich irgendwie noch rechnen lassen, wenn sie Grundstück und Immobilie nach 2029 günstig hätte kaufen können. Aber daraus kann nun nichts werden.

Jetzt sind Aufklärung und neue Überlegungen nötig, um das Desaster nicht noch zu verlängern

Unbegreiflich ist es auch, dass das alles schon vor fast zehn Jahren zum ersten Mal aufgefallen war. Statt nun entschlossen in den Aufklärungsmodus zu schalten, setzte kollektives Vergessen ein – mit dem Ergebnis, dass heute wieder alle dastehen wie vor den Kopf geschlagen. Zwingend ist jetzt die Nachforschung, ob und warum die Kaufoption in den 1990er Jahren nicht – wie vorgesehen – festgeschrieben wurde. Aber auch da sieht die Stadtverwaltung bislang nicht gut aus.

Zwei Wochen nach einer Anfrage der FDP bleibt sie Antworten schuldig. Das Rechnungsprüfungsamt wird jetzt erst eingeschaltet. Überdies gilt es zu klären, ob die Stadt weiter im Stadthaus bleiben soll, wenn 2029 der Mietvertrag ausläuft. Es dürfte schwierig werden, den Standort komplett aufzugeben, weil es nirgends in Köln geeignete Immobilien in der notwendigen Größe gibt. Zumindest aber sollte es ernsthaft erwogen werden, einen Teil – nämlich das Ostgebäude – zu verlassen, um das Desaster nicht noch zu verlängern.

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