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Neue StudienWie Köln die Hitze in der City reduzieren kann – und woran es hapert

5 min
ARD/SWR ZUGEPFLASTERT!, "Wie schützen wir unsere Städte vor dem Hitzekollaps?", am Mittwoch (13.08.25) um 22:50 Uhr im ERSTEN.
Im KI-basierten Modell sind die versiegelten Flächen von Köln rot markiert (Stand: 2023).
© SWR/Google Satellite /KIT-IPF & ci-Tec GmbH

„Zugepflastert“ heißt eine aktuelle ARD-Dokumentation: Die versiegelten Flächen von Köln sind rot markiert.

Neue Studien und Karten zeigen, wie sehr die Versiegelung des Stadtgebiets die aktuelle Hitze noch verstärkt.

Wer an Tagen wie diesen im Königsforst oder Äußeren Grüngürtel unterwegs ist, wird die Hitze vielleicht noch als erträglich beschreiben. Das liegt in der Natur der Sache: An diesen unversiegelten Orten im Stadtgebiet ist die Oberflächentemperatur um mehrere Grad niedriger als in den Asphalt- und Betonflächen in der City. Und diese werden an heißen Tagen zum Problem, da sie die Hitze noch verstärken. Gleich mehrere neue Studien belegen, wie sehr der hohe Versiegelungsgrad die Wärmeentwicklung in der Stadt fördert und wie damit auch die Gesundheitsgefährdung in der Bevölkerung steigt.

Deutsche Umwelthilfe berechnet Hitze-Betroffenen-Index

So hat die Deutsche Umwelthilfe in ihrem aktuellen Hitze-Check erstmals einen „Hitze-Betroffenen-Index“ berechnet. Der sogenannte HBI ist ein Maß dafür, wie stark Menschen von Hitze, Versiegelung und fehlendem Grün betroffen sind. Auch Indikatoren wie die Bevölkerungsdichte spielen eine Rolle. Köln gehört dabei mit einem HBI von 15,98 zwar nicht zu den bundesweit am stärksten betroffenen Städten wie Mannheim (18,61) und Ludwigshafen am Rhein (18,36), doch in NRW ist es der zweitschlechteste Wert nach Euskirchen (16,6). Dazu trägt unter anderem ein Versiegelungsgrad von 49,7 Prozent bei. Asphalt und Beton erwärmen sich nämlich stärker und geben die Wärme langsam wieder ab, was zu höheren Durchschnittstemperaturen führt.

Zum Vergleich: In Düsseldorf hat die Deutsche Umwelthilfe einen Versiegelungsgrad von 44,5, in Dortmund einen von 42,9 Prozent ausgemacht. Dagegen beträgt das Kölner Grünvolumen, unter das nicht nur Parks, sondern auch einzelne Bäume und Blühstreifen fallen, nur 3,13 Kubikmeter pro Quadratmeter Fläche.

ARD: Stadt Köln schöpft nicht alle Möglichkeiten aus

Seit einigen Jahren gibt es im Kölner Rathaus Bemühungen, gegen den Wärmeinsel-Effekt in der Innenstadt vorzugehen. Doch nach Recherchen der ARD-Story „Zugepflastert – Wie retten wir unsere Städte vor dem Hitzekollaps?“ werden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.

In der Sendung, die Mittwochabend ausgestrahlt wurde, stellte sich zum Beispiel heraus, dass beim Bau von Parkplätzen oftmals keine Bäume gepflanzt worden seien. Seit der Novelle des Baugesetzbuchs im Sommer 2011 können Kommunen Bäume beim Parkplatzbau vorschreiben – sie müssen aber nicht. Laut ARD-Story habe die Stadt auf Anfrage verlauten lassen, dass auf Parkplätzen primär genügend Platz für Autos vorhanden sein müsse. Eine Nachfrage seitens des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.

Gleichwohl arbeitet die Stadtverwaltung an einem besseren Stadtklima. „Wir haben Nachholbedarf“, sagt Umweltdezernent William Wolfgramm in der ARD-Story. So wird an der Zülpicher Straße eine Fläche von 1000 Quadratmetern entsiegelt. Dabei handelt es sich um ehemalige Parkplätze, nachdem der Abschnitt 2018 für den Autoverkehr gesperrt und zur Fahrradstraße erklärt worden war. Entsiegelungen fanden auch bereits auf mehreren Kölner Schulhöfen statt. Ein entsprechendes Kataster soll helfen, weitere potenzielle Areale im Stadtgebiet zu identifizieren.

13.06.2025, Köln: Eine kleine Abkühlung für Edgar und Gulia am Brunnen am Hafenamt. Wetter, Feature: Köln erlebt den ersten Hitzetag des Jahres mit Temperaturen von mehr als 30°C. Foto: Arton Krasniqi

Viele Kölner suchen in diesen Tagen Abkühlung.

Unversiegelte Flächen sorgen nicht nur für eine Temperatursenkung in der unmittelbaren Umgebung; sie dienen zudem bei Starkregen als Versickerungsfläche, worauf unter anderem auch die Stadtentwässerungsbetriebe seit Jahren hinweisen. Mit dem Förderprogramm „Grün hoch 3“ bestärkt die Stadt Mieter und Eigentümer, wenn es um Fassaden- oder Dachbegrünungen, den Rückbau von Schotterflächen oder das Anlegen von Hochbeeten geht.

Mit 81, 3 Prozent versiegelter Fläche ist Ehrenfeld am stärksten betroffen. Das geht anhand von Kataster-Daten aus einer 2021 erstellen Diplomarbeit am Geographischen Institut der Uni Köln hervor. Es folgen die nördliche Altstadt und Raderberg. Am grünsten dagegen sind Veedel am Stadtrand wie Libur, Roggendorf/Thenhoven und Langel.

Die Karte zeigt die Oberflächentemperatur im Großraum Köln, Studie aus 2025

Oberflächentemperatur im Großraum Köln, Studie aus 2025

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun erstmals eine differenzierte Versiegelungs-Karte erarbeitet. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz und hochauflösenden Luftbildern wurden Flächen in Kategorien wie „versiegelt“, „niedriges Grün“ oder „hohes Grün“ eingeteilt. Die Karte gibt ebenso Aufschluss über Hitzeinseln wie eine aktuelle Analyse von Satellitendaten des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Forschenden haben die Oberflächentemperatur-Verteilung für mehr als 70 Großstädte in Deutschland ermittelt. Dazu wurden die gemessenen Durchschnittswerte von Juni, Juli und August in den Jahren 2013 bis 2024 auch für den Großraum Köln einbezogen. Bis zu 45 Grad wurden dabei festgestellt.

Wasserflächen haben Kühlungseffekt wie Stadtgrün

Auf der DLR-Karte sind etwa der Äußere Grüngürtel sowie die Wahner Heide gut zu erkennen, da sie eine deutlich geringere Oberflächentemperatur aufweisen als die stark belastete Innenstadt. Gleiches gilt für den Rhein, den Wissenschaftler als „blaue Infrastruktur“ bezeichnen.

Wasserflächen werden wie Stadtgrün wegen ihres Kühlungseffekts schon heute als Anpassungsmaßnahmen eingesetzt, um städtische Temperaturen signifikant zu senken. Laut den Forschenden in Karlsruhe beim KIT könnten schon 30 Prozent mehr Bäume in den Städten die Hitzestunden um über die Hälfte reduzieren.

„Aus der Fernerkundung haben wir mittlerweile umfangreiche Daten, um räumliche Hitze-Hot-Spots zu identifizieren, zu quantifizieren und zu monitoren. Dieses Wissen kann eingesetzt werden, um die Hitzebetroffenheit der Stadtbevölkerung zu reduzieren“, sagt Thilo Erbertseder, der im DLR zu Stadtklima und Gesundheit forscht. Aus umweltmedizinischer Sicht sei Hitzestress für den Organismus nicht allein von der Oberflächen- oder Lufttemperatur abhängig, auch könnten Faktoren wie Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung die Belastung für Menschen verstärken.

Dass es in den kommenden Jahren noch wärmer wird, besagt auch eine Studie des Deutschen Wetterdienstes (DWD): Im Zeitraum 2031 bis 2060 verdoppelt sich demnach voraussichtlich die Zahl der Hitzetage (30 Grad und mehr) im gesamten Stadtgebiet auf 15 bis 20 pro Jahr. In dicht bebauten Stadtteilen weist die Simulation für die Mitte des Jahrhunderts etwa doppelt bis dreimal so viele Tropennächte (mehr als 20 Grad) aus.

Am Mittwoch hat der DWD seine Wetterwarnung bis Donnerstagabend ausgeweitet: Die Meteorologen weisen darauf hin, dass insbesondere im dichtbebauten Stadtgebiet Kölns die Temperaturen auch nachts kaum sinken. Dadurch steige die Belastung für den menschlichen Körper, vor allem ältere und vorerkrankte Menschen sind betroffen. „Vermeiden Sie nach Möglichkeit die Hitze, trinken Sie ausreichend Wasser und halten Sie die Innenräume kühl“, empfehlen die Experten.