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Bedeutsamer FundAltes Stück der Römerstraße in Kölner Schulbaugrube entdeckt

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Bodendenkmalpfleger arbeiten in der Baugrube für die Erweiterung der Gesamtschule Innenstadt.

Köln – Olivenöl aus Spanien, Wein aus dem späteren Frankreich, Kräuter und andere feinste Handelswaren wurden vor rund 2000 Jahren über eine der wichtigsten Fernstraßen des römischen Reichs nach Köln transportiert. Vorbei an prächtigen Villen und Gewerbebetrieben vor der Stadtmauer. Neben der Straße verlief ein Frischwasserkanal als Abzweig von der römischen Wasserleitung aus der Eifel, um die Vorstadt mit Wasser zu versorgen. Wenn Kölns Bodendenkmalpfleger über ihre Funde unweit von Wolkenburg und Mauritiuskirche in der Innenstadt berichten, können sie ins Schwärmen kommen. Und auch die Chefin der städtischen Gebäudewirtschaft, Petra Rinnenburger, stimmt mit ein: „Wir sehen hier Baukunst, die sich bis heute kaum verändert hat. Was die Römer gemacht haben, haben sie gut gemacht.“

Bei Bauarbeiten für die Gesamtschule Innenstadt (IGIS) an der Frankstraße ist man auf beachtliche Spuren der Römerzeit gestoßen. Dass hier einstmals die Römerstraße nach Trier verlief, die dann weiter über Lyon bis Marseille führte, wusste man. Die Funde seien nicht unerwartet, so der Direktor des Römisch-Germanischen Museums, Marcus Trier. Doch die Qualität der Befunde sei doch „außergewöhnlich“. Weil das Areal Jahrhunderte lang nicht bebaut war, ließ sich ein vollständiges Querprofil der Straße ausgraben. Mehrere Gesteinsschichten übereinander – insgesamt 1,20 Meter hoch - dokumentieren verschiedene Ausbaustufen und Sanierungsmaßnahmen der Straße. Man sieht die Spuren von Karren, die hier entlang gezogen wurden. Münzfunde auf der obersten Schicht lassen vermuten, dass die Straße bis ins 4. Jahrhundert genutzt wurde. Die erste Fahrspur dürfte aus vorchristlicher Zeit stammen. Aus archäologischer Sicht noch spektakulärer als die Straße ist der neben ihr verlaufende Kanal, der teilweise aus Gussbeton erbaut wurde. Von diesem Frischwasserkanal war bislang nichts bekannt.

Archäologie ist Handarbeit: Vorsichtig schaufeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege der Stadt noch weitere sechs Wochen in der Baugrube. Dabei kommt auch man erstaunliche Kleinigkeit aus unterschiedlichsten Zeitabschnitten an die Oberfläche. Das älteste Objekt ist ein Werkzeugstück aus der Steinzeit. Aus der Römerzeit stammen zum Beispiel eine kleine Terrakotta-Statue eines Ebers, die vielleicht als Weihgeschenk an einem Hausalter stand, ein Gewicht aus Ton, mit dem die Fäden eines Webstuhls gehalten wurden, ein Spielstein oder eine abgebrochene Haarnadel. Neuere Funde sind ein Hornkamm von 1895 oder eine etwa hundert Jahre alte Bierflasche der Hirschbrauerei, einem Vorläufer von Dom-Kölsch.

Nicht alle sind gleichermaßen begeistert über die archäologischen Erfolgsmeldungen aus der Baugrube. Schüler und Lehrer der Schule nebenan, für die hier unter anderem eine Sporthalle und eine Mensa gebaut wird, schauen etwas skeptisch auf die Sisyphusarbeit der Archäologen. „Wir haben ein Baustellentrauma“, sagt Elternvertreter Jörg Mangen. Die Schule kenne das Leben mit Provisorien, Baulärm und nicht eingehaltenen Zeitplänen. „Weitere Verzögerungen können wir nicht gebrauchen.“

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Dazu werde es nicht kommen, versprechen Petra Rinnenbuger und Marcus Trier. Es gebe eingespielte Verfahren und klare Vorgaben. „Wir machen Archäologie planbar“, sagt Trier. Für die Ausgrabungen würden von vornherein verbindliche Zeitfenster eingeplant. Hier waren es 16 Wochen für die Grabungsarbeiten und die Dokumentation der Funde. Teilstücke des Kanals sollen geborgen werden, um sie im Museum und vielleicht auch auf dem Schulgrundstück zeigen zu können. Im November soll die Baugrube ausgehoben und mit den Gründungsarbeiten für den Neubau begonnen werden, so Rinnenburger. „Die geplante Fertigstellung bis zum Januar 2024 sollte somit nicht gefährdet sein.“

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