„Wir sind in großer Sorge“Eltern demonstrieren gegen Schulplatz-Mangel in Köln

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Eltern und Schüler demonstrieren im April 2020 auf dem Heumarkt.

  • In vielen Kölner Veedeln gibt es nicht genug Schulplätze. Das Problem verschärft sich von Jahr zu Jahr, dauerhafte Lösungen sind nicht in Sicht.
  • Eltern macht das große Sorgen. Und so versammelten sich am Montag einige, um zu demonstrieren. Mit verschärften Corona-Auflagen.
  • Wir haben vor Ort mit besorgten Eltern gesprochen – und erklären, wie es aktuell um den Schulplatz-Mangel in der Stadt steht.

Köln – Mit einer Demonstration auf dem Heumarkt und der Übergabe einer Unterschriftenliste haben Eltern und einige Viertklässler gegen den Schulplatzmangel in der Stadt protestiert. Eine Demo am Rathaus war ihnen – nach Angaben der Eltern wegen der „Corona-Auflagen“ – verboten worden. So durften sie auf dem Theo-Burauen-Platz hinter dem Ratssaal lediglich ein Transparent ausrollen, während drinnen der Schulausschuss des Stadtrates tagte.

„Gegen Schule übern Fluss – wohnortnahe Schule ist ein Muss“, hatten die Eltern aus dem Kölner Westen auf das Transparent geschrieben. Ihren Kindern waren Gymnasialplätze in Mülheim zugewiesen worden, weil das Angebot im Westen nicht ausreicht. „Wir sind in großer Sorge“, so Mutter Karin Schreiber. Der Schulweg sei für einen Zehnjährigen zu lang, meint sie. Außerdem werde er komplett aus seinem sozialen Umfeld gerissen. Der Junge war zusammen mit 176 weiteren Viertklässlern am Montessori-Gymnasium in Bickendorf angemeldet worden. 57 wurden dort abgelehnt. Die Hälfte von ihnen muss nun mit der Bahn auf die andere Rheinseite fahren. Darunter sind auch Kinder, die in der Nachbarschaft der Schule wohnen.

Schulweg bei den meisten Gymnasien kein Kriterium mehr

Der Schulweg ist bei den meisten Gymnasien kein Kriterium mehr bei der Platzvergabe. Die Schulen verlosen ihre Plätze, um keinen Elternprotest vor Gericht ausfechten zu müssen. Das Losverfahren habe sich als rechtssicher erwiesen, während es bei den im Schulgesetz ebenfalls vorgeschlagenen inhaltlichen Kriterien immer wieder zu anfechtbaren Zweifelsfällen gekommen sei. Stadt und Bezirksregierung sehen keine Handhabe, die Schulen zu kinder- und familienfreundlicheren Lösungen zu zwingen.

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In diesem Jahr haben es Gymnasien, Stadt und Bezirksregierung in einem Kraftakt geschafft, in 95 Prozent aller Fälle den Erst- oder Zweitwunsch der Familien für ein Gymnasium zu erfüllen. Die angesichts des Mangels überraschend gute Quote ist für die, die zu den fehlenden fünf Prozent gehören, kein Trost. Etwa 160 Kinder müssen nun längere Wege zurücklegen. Besonders hart wird es, wenn die Klassenkameraden aus der Grundschule ins benachbarte Gymnasium wechseln und man selbst nicht dabei ist. So berichten es Eltern der Paul-Klee-Grundschule in Neuehrenfeld, die sich in direkter Nachbarschaft zum Albertus-Magnus-Gymnasium befindet. Zehn Kinder aus einer Grundschulklasse wurden dort angemeldet, eines sei nicht genommen worden und muss nun ebenfalls mit der Bahn über den Rhein.

In Köln fehlen Schulplätze in großer Zahl

In der Stadt fehlen Schulplätze in großer Zahl. Während bei den Gesamtschulen seit Jahren Hunderte Kinder noch nicht einmal einen Platz bei der gewählten Schulform bekommen, wird bei den Gymnasien wenigstens der Schulformwunsch erfüllt – für einige allerdings an weiter entfernten Schulen. In den vergangenen Jahren gab es Härtefälle, bei denen Kindern ein Fahrweg zur Schule von bis zu einer Stunde zugemutet wurde. Das habe man in diesem Jahr vermeiden können, so die Bezirksregierung, weil man einen anderen Verteilmodus gewählt habe. Keiner habe nun einen Schulweg, der länger als 45 Minuten dauere, keiner müsse mehr als einmal umsteigen. Bei 80 Prozent der abgelehnten Schüler betrage der Schulweg zum Alternativangebot weniger als 30 Minuten.

Die Bezirksregierung, die nach den einzelnen Schulen der Adressat für die Widersprüche der Eltern ist, muss die Folgen der Schulbaumisere der Stadt ausbaden. In Köln gebe es eine „eklatante Unterversorgung an Schulplätzen“, so ein Behördensprecher. Entsprechend lange habe man an den Alternativlösungen gearbeitet.

Kölner Schulen: Keine Räume für neue Klassen?

Nach Angaben der Stadtverwaltung übersteigt die Nachfrage insbesondere in den Stadtbezirken Lindenthal, Innenstadt, Rodenkirchen, Ehrenfeld und Nippes das verfügbare Angebot an Gymnasialplätzen. Um allen einen Platz geben zu können, mussten Klassen vergrößert werden und an acht Gymnasien zusätzliche Eingangsklassen gebildet werden, für die es eigentlich keine Räume gibt.

Für viele Eltern ist das alles unverständlich. Die Zehnjährigen, um die es gehe, seien schließlich „nicht gerade erst vom Himmel gefallen“, schreibt eine Mutter aus Ehrenfeld an die Oberbürgermeisterin. „Es war also absehbar, dass sie irgendwann einen Schulplatz auf einer weiterführenden Schule benötigen.“ Auf solche Schreiben antwortet die Stadtspitze mit einem Standardbrief, in dem sie auch auf ihre zukünftigen Schulbaupläne verweist. Den betroffenen Kindern und Eltern helfen die Zukunftsprojekte nicht.

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