Tränen der ErleichterungFreispruch für Kölner Polizistin nach Taser-Einsatz gegen Randalierer

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Die freigesprochene Polizistin mit ihrem Verteidiger Christoph Arnold im Kölner Amtsgericht.

Die freigesprochene Polizistin mit ihrem Verteidiger Christoph Arnold im Kölner Amtsgericht.

Gleich dreimal hatte sie einen Taser gegen einen Mann in dessen Wohnung eingesetzt. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wies die Richterin zurück.

Und wieder waren es Tränen der Erleichterung, die einer Polizistin in Köln nach einem aufreibenden Ermittlungsverfahren im Gerichtssaal in die Augen schossen. Denn auch am Montag gab es einen glasklaren Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Amt. Der Beamtin wurde vorgeworfen, einen Elektroschocker zu Unrecht eingesetzt zu haben. Doch das stimme nicht, urteilte die Richterin. Vergangene Woche wurden in einem anderen Fall vier Polizisten ebenfalls rehabilitiert.

Kölner Polizistin: Heftigster Einsatz meiner Laufbahn

Vor fast genau einem Jahr war die erfahrene Polizeioberkommissarin mit mehreren Kollegen zu einer Anschrift im Kölner Stadtteil Holweide geeilt. Ein polizeibekannter Mann soll zuvor mit einer Eisenstange bei seiner Ex-Freundin randaliert haben. Die Beamten wollten mit dem Beschuldigten reden, eine sogenannte Gefährderansprache halten. Der Mann öffnete seine Wohnungstür zunächst nicht, riss sie aber dann plötzlich so schwungvoll auf, dass die Tür aus den Angeln gehoben wurde.

Ein Polizeibeamter demonstriert einen Schuss mit einem Distanz-Eelektroimpulsgerät (DEIG).

Ein Polizeibeamter demonstriert einen Schuss mit einem Distanz-Eelektroimpulsgerät (DEIG).

„Das war einer der heftigsten Einsätze in meiner Laufbahn und ich bin seit 14 Jahren bei der Polizei“, erinnerte sich die Angeklagte. Der Mann sei ins Wohnzimmer gelaufen, dort habe dessen Lebensgefährtin weinend und mit aufgequollenem Gesicht gesessen. Die Balkontür sei kaputt gewesen, „überall lagen Scherben herum“. Da die Gefahr bestanden habe, dass der Mann sich etwas vom Boden greife und damit zum Angriff übergehe, habe sie ihr Tasergerät gezückt und eingesetzt.

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Köln-Holweide: Dritter Taser-Schuss stellte Randalierer ruhig

Das sogenannte Distanz-Elektroimpulsgerät (kurz: DEIG) habe den Randalierer zwar wenige Sekunden außer Gefecht gesetzt. Danach habe er sich aber nicht fixieren lassen, sondern munter weiter gemacht. Einem Beamten schlug er nach dessen Aussage zweimal ins Gesicht. Danach habe sie „nachgetasert“, so die Polizistin. Die Kollegen hätten dann immerhin schon einmal Handfesseln anlegen können. „Keine weitere Bewegung sonst kommt der nächste Stromschlag“, rief die Beamte.

Danach soll der Randalierer aber mit seinen Füßen nach den Polizisten getreten haben, das ist in einem Bodycam-Video eines der Beamten zumindest im Ansatz zu sehen. „Ich hatte Angst, dass mich als nächstes ein Fuß im Gesicht trifft“, sagte der Beamte im Amtsgericht, der bereits die Schläge abbekommen hatte. Die Polizistin entschied sich daraufhin zum dritten Taser-Einsatz. Danach konnte der Bewohner komplett fixiert werden. Er gab seinen Widerstand auf, entschuldigte sich jammernd.

Kölner Oberstaatsanwältin sieht schuldhaftes Handeln bei Polizistin

Oberstaatsanwältin Heidrun Odendahl bewertete den dritten Taser-Schuss als unverhältnismäßig. „Warum haben Sie sich nicht auf die Beine gekniet?“, fragte sie die Beamten, das hätte ja ausgereicht. Zu gefährlich, antworteten die, zumal überall Scherben herumgelegen hätten. Man hätte ja auch von dem Mann ablassen und auf Verstärkung warten können, so die Staatsanwältin. Dann wäre die Situation womöglich völlig eskaliert, entgegneten die Beamten übereinstimmend.

Staatsanwältin Odendahl bot der beschuldigten Polizistin an, das Verfahren gegen 3000 Euro einstellen zu lassen. „Normalerweise macht sie uns ja keine Arbeit“, so Odendahl über die Beamtin und es handele sich um ein Augenblicksversagen. Dieses „Angebot“ nahm die Polizistin nicht an. Laut Verteidiger Christoph Arnold sei es „hanebüchen“, sich nicht gegen einen tretenden Angreifer wehren zu dürfen. Für solche Situationen gäbe es die Taser ja, als milderes Mittel zur Schusswaffe.

Kölner Richterin bewertet Taser-Einsatz als rechtmäßig

Die Staatsanwältin blieb aber dabei, dass die Beamtin sich strafbar gemacht habe. Immerhin sei der Hinweis nach Auswertung der Bodycam-Bilder ja selbst von der Polizei gekommen. Odendahl forderte 4800 Euro Geldstrafe (60 Tagessätze zu je 80 Euro). Verteidiger Arnold forderte einen Freispruch – die Polizistin habe in Notwehr und Nothilfe für ihre Kollegen gehandelt. Das sah die Richterin nach der Beweisaufnahme genauso. Die Beamtin habe rechtmäßig gehandelt.

„Hier wurde ohne Grund eine unbescholtene und angesehene Polizeibeamtin kriminalisiert“, sagt Anwalt Arnold nach dem Prozess. Am Donnerstag hatte das Landgericht bereits mehrere Polizisten freigesprochen, die in Bickendorf einen Randalierer am Boden fixiert hatten. Der Mann hatte sich Rippen gebrochen, starb acht Wochen später. „Ausgewogene Ermittlungen wären wünschenswert gewesen“, so deutlich hatte die Richterin die Ermittler von Staatsanwaltschaft und Polizei kritisiert.

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