Der Großteil des Otto-Langen-Quartiers im Mülheimer Süden gehört dem Land und der verfällt. FSJler arbeiteten jetzt an der Rettung des Parts in der Hand von Raum 13.
FSJler im Otto-Langen-QuartierJunge Freiwillige arbeiten gegen Verfall eines Kölner Industriedenkmals

Eva Berewinkel (v.l.), Till Albrecht und Elli Stöcker machen ihr FSJ in der Denkmalpflege inklusive Projektwoche im Kölner Otto-Langen-Quartier.
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Junge Denkmalpflegerinnen und -pfleger aus ganz Deutschland haben eine Woche bei Künstlerinitiative Raum13 daran gearbeitet, das Otto-Langen-Quartier zu erhalten. „Es ist frustrierend, dabei zuzusehen, wie die Instanzen die wunderschönen Gebäude mit historischer Bedeutung fallen lassen“, sagt Elli Stöcker. Die 18-Jährige ist eine von 28 jungen Engagierten, die seit September ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Denkmalpflege bei der Jugendbauhütte NRW-Rheinland machen.
Der Großteil der alten Gasmotorenfabrik und ehemaligen Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz verfällt, derzeit ohne absehbare Perspektive auf Besserung. Wie berichtet, ist zuletzt das Verkaufsverfahren des Landes für seine rund 46.000 Quadratmeter des Mülheimer Südens gescheitert. Ein vergleichsweise kleinerer Teil gehört der Stadt und ist an Raum13 vermietet – immerhin ganze 10.000 Quadratmeter.
„Den Ländern und Städten sind diese Orte nicht wichtig genug“, sagt Stöcker. Sie und ihre Mitstreiter haben in ihrer Projektwoche zum Beispiel die Fenster winterfest gemacht. Ausgebessert hatten die Raum13-Geschäftsführer Anja Kolacek und Marc Leßle sie mit ehrenamtlichen Helfern zwar schon einmal dieses Jahr, aber sie wurden wieder eingeschlagen. Die FSJler bauten diese Woche Spanplatten direkt in die Rahmen ein, statt sie komplett zuzunageln, jetzt scheint durch Oberlichter noch die Sonne. Auf Tageslicht ist man in den Räumen hinter der denkmalgeschützten Fassade angewiesen, Strom gibt es wie berichtet noch immer nicht in dem Gebäude an der Deutz-Mülheimer Straße.

In der alten KHD-Personalabteilung in Köln-Mülheim tragen die FSJler die Wände und Decken ab – eine Lichterkette hilft provisorisch bei der Beleuchtung. Strom gibt es nicht.
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Ein Problem auch für die jungen Engagierten: Mit Lichterketten an Verlängerungskabeln erhellten sie den Gang der ehemaligen KHD-Personalabteilung. In der ersten Bauphase von Raum13 wird er zu einem einladenden Foyer umgestaltet.
Uwe Steinberger leitet die Jugendbauhütte NRW-Rheinland, eine von 16 in Deutschland in Trägerschaft der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste, und sagt: „Die Grundlagen, die hier zu sehen sind, sind Gold wert.“
Jugendbauhütte rettet Industriedenkmäler des Landes
Steinberger schafft es offensichtlich erfolgreich, die freiwilligen Denkmalpfleger für alte Industriebauten zu begeistern. „Die Heranführung an den Ort ist wichtig“, sagt er. Bestens geeignet sei das Projekt von Raum13, eben wegen des kulturorientierten Zugangs zur Geschichte und der Bedeutung für künftige Stadtentwicklung. Er will die jungen Menschen aber auch an Ausbildungsberufe heranführen, denn er sagt: „Für die Erhaltung unserer Denkmäler ist das Handwerk unerlässlich.“
Das motivierte Eva Berewinkel (18) an dem Programm teilzunehmen, sie will herausfinden, ob sie studieren oder eine Ausbildung machen will. In der Ex-KHD-Zentrale sagt sie: „Man hat eine gute Grundstruktur, mit der man noch viel machen könnte.“ Es sei „wie ein architektonisches Museum“. Stöcker stimmt zu: „Wo hat man eine klassizistische Fassade und dahinter 70er-Jahre-Einrichtung? Die vielen Stile sind mega cool.“

Till Albrecht (links) arbeitet mit 27 weiteren jungen Erwachsenen in der Projektwoche des FSJ im Otto-Langen-Quartier.
Copyright: Jugendbauhütte NRW-Rheinland
Sie haben im FSJ eine feste Einsatzstelle. Till Albrechts ist der stillgelegte Mirker Bahnhof in Wuppertal, heute die „Utopiastadt“. Der 19-Jährige sagt: „Man sollte aufhören, davon auszugehen, dass wir nur Immobilien haben, aus denen man Profit ziehen muss.“ Die „Utopiastadt“ ist ein Beispiel nachhaltiger und sozio-kultureller Stadtentwicklung, das Interesse bundesweit hervorruft.
Reallabor für Stadtentwicklung im Mülheimer Süden
Ein ähnliches Reallabor für Stadtentwicklung entsteht schon aus dem Otto-Langen-Quartier, es könnte noch viel größer werden. Seit 15 Jahren kämpft das breite Bündnis von Akteuren aus Kultur, Politik und Wissenschaft für die Umsetzung.
Die Stadt versuchte bereits, auch den Rest des Quartiers zu kaufen, konnte sich aber bislang nicht mit dem Land einigen. Für eine nachhaltige Denkmalpflege besteht in Köln eigentlich eine gute Voraussetzung, denn das Liegenschaftsamt und das Umweltamt sind in einem Dezernat angesiedelt. Marc Leßle sagt: „Man hat da eine große Chance geschaffen, gerade die städtischen Liegenschaften in der eigenen Hand nachhaltig zu entwickeln.“
Nur gelingt das nicht in dem Maß und der Zeit, die sich zahlreiche Initiativen in Köln wünschen. Stöcker, Berewinkel und Albrecht bekommen kaum Geld, keinen Mietenzuschuss oder gar ein Deutschlandticket, betrachten es aber trotzdem als „Privileg“, an den Denkmälern im Land „arbeiten zu dürfen“.
Am Sonntag eröffnete Raum13 in der Deutz-Mülheimer-Straße 147-149 das „Deutsche Kunstmuseum Köln“, ein Interventionsprojekt von Christof Breidenich, Kolacek und Leßle mit Werken der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts bis zur Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung soll auch als Initiative zu verstehen sein, um „auf den desolaten Zustand der Kölner Museen aufmerksam zu machen“. Führungen individuell buchbar unter info@raum13.com.