Köln früher und heuteStollwerck-Haus hatte schon drei Fassaden

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collage Köln Früher und heute

Von der protzigen Jugendstil-Pracht über den Nachkriegs-Realismus hin zum postmodernen heutigen Zustand: Das Stollwerck-Haus hat sich immer wieder verändert.

  • Die Gebrüder Stollwerck waren Anfang des 20. Jahrhunderts ein Gigant der Schokoladenfabriken.
  • Das zeigte sich auch in dem 1907 fertig gestellten Stollwerck-Haus am Wallrafplatz.
  • Die Zeit und der Zweite Weltkrieg hinterließen Spuren: In über 100 Jahren wechselte das Gebäude dreimal sein Anlitz.

Köln-Innenstadt – Um die Wende zum 20. Jahrhunderts lief die Schokoladenfirma Gebrüder Stollwerck wie am Schnürchen. Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich Schokolade zu einem Massenprodukt entwickelt. Und Albert Nikolaus, Peter-Joseph, Heinrich, Ludwig und Carl Stollwerck machten sich daran, das Süßwaren-Unternehmen ihres verstorbenen Vaters Franz zu einer international aufgestellten Aktiengesellschaft mit Werken in Europa und Amerika auszubauen. 2100 Mitarbeiter hielten im Jahr 1900 die Hauptproduktion in der Kölner Südstadt am Laufen.

Das enorme Selbstbewusstsein des Schoko-Giganten spiegelte das neue Stollwerck-Haus am Wallrafplatz in der Innenstadt wider. Es wurde 1907 in Betrieb genommen und war die schillernde Repräsentanz an einer der besten Adressen der Stadt. Die Hohe Straße schickte sich an, zur Hauptgeschäftsmeile Kölns aufzusteigen.

Turm mit Aussicht auf den Dom

Schon vorher betrieb Stollwerck eine Verkaufsstelle an der Hohe Straße 166, auch das Haus Nummer 164 gehörte dem Unternehmen. 1905 startete der Bau eines Geschäftshauses, das sich von Nummer 160 bis 168 erstreckte, inklusive Einkaufspassage, die es heute noch gibt. „Das Stollwerck-Haus war ein spektakulärer Neubau“, sagt der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings – gestaltet in der eher rauen, klobigen Machart des späten Jugendstils und gekrönt von einem Turm, der Aussicht auf den Dom bot. „Die haben in diesem Fall wirklich geklotzt“, sagt Krings.

Nicht nur feine Schokolade und Pralinen gab es in den Räumen des Stollwerck-Hauses zu kaufen, auch Hofjuwelier E. Goldschmidt, die Zigarrenhandlung Bayer H. & Cie. GmbH und ein Sportartikelgeschäft ließen sich mit ihren Geschäften nieder. Im Laufe der Jahrzehnte hat das Stollwerck-Haus noch zweimal sein Äußeres komplett geändert. Das Innere ist seit 1907 hingegen unverändert geblieben.

Stahlskelett überlebt Zweiten Weltkrieg

„Ab 1880 kommt von Amerika die Mode, die großen Gebäude als Stahlskelettkonstruktion zu bauen, die man nach Wunsch verkleidet“, so Ulrich Krings. Auch das Stollwerck-Haus bekommt ein stählernes Innenleben. Es bleibt selbst stehen, als das Gebäude im Zweiten Weltkrieg niederbrennt.

Die neue Verkleidung des Stahlskeletts gibt dem Bau Ende der 1940er Jahre ein völlig verändertes Erscheinungsbild. Inmitten trauriger Nachkriegsruinen entsteht das neue Stollwerck-Haus als moderner Bau mit abschließendem Staffelgeschoss und damals typischem Flügeldach. „Das war der Fanfarenstoß zur Neugestaltung der Domumgebung“, so Krings.

Dom sollte durch Flachdächer größer erscheinen

Das Konzept der Stadtverwaltung nach dem Krieg sah nämlich vor, rund um den Dom ausschließlich Gebäude mit Flachdächern zuzulassen. Der Dom sollte auf diese Weise wachsen, optisch jedenfalls. „Das Stollwerck-Haus war der allererste Bau, der das Konzept umsetzte“, so Krings.

Ab 1953 ist die Stollwerck AG wieder als Eigentümerin des gesamten Blocks geführt. In Hausnummer 160 befindet sich der Ausstellungsraum, in 166-168 die Verkaufsstelle. Eine Fotohandlung, ein Spielzeuggeschäft, eine Vertriebsgesellschaft für Messgeräte, ein Rechtsanwalt und das „Institut für Reaktorsicherheit der Technischen Überwachungsvereine“ gehören zu den Mietern bis in die 1970er Jahre.

Dach erhielt in 80ern ursprüngliches Volumen zurück

In den 1980er Jahren dann brachen wieder neue Zeiten an. „Da das wiederaufgebaute Haus ein Zweckbau war, entschied sich der neue Stollwerck-Eigentümer Hans Imhoff zu einer kompletten Neu- und Umgestaltung des Hauses“, so Ulrich S. Soénius, Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs. Die schlichte Fassade wich in Anlehnung an die Gestaltung von 1907 postmodernen Elementen. Das Dach erhielt sein ursprüngliches Volumen zurück, ansatzweise sah das Haus damit wieder so aus wie zu Anfang.

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Aus Sicht der heutigen Denkmalpflege sei die aktuelle Fassung ein wenig zu bedauern, sagt Ulrich Krings, schließlich werde dadurch das Konzept der flachen Dächer verwässert. Andererseits: Dem Dom nehme das Stollwerck-Haus nichts von seiner Größe. Köln habe dafür ein „wichtiges Beispiel der Postmoderne“ hinzugewonnen – mit einem mehr als 100 Jahre alten Stahlskelett.

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