Köln-GeschichteDie Rodenkirchener Brücke ist die Schwester der Golden Gate Bridge

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Die Rodenkirchener Brücke 1942

Köln-Rodenkirchen  – Wohl jeder Rodenkirchener hat seine Geschichte über die große Autobahnbrücke im Kölner Süden zu erzählen. Bei Dieter Maretzky sind es die Fahrten vom Italienurlaub zurück in die Heimat, die ihm als erstes einfallen, wenn es um das grüne Wahrzeichen des Stadtteils geht. Bloß nicht in Bonn den Rhein überqueren, hätten ihm seine Kinder in den 90er Jahren eingebläut: „Immer über unsere Brücke.“ Die Rodenkirchener Brücke.

Der 73-Jährige ist Vorsitzender der Bürgervereinigung Rodenkirchen und wie viele andere wenig begeistert über das, was die statischen Untersuchungen der Autobahn GmbH zu Tage gebracht haben: Für den geplanten Ausbau der Autobahn 4 auf acht Spuren sei das Bauwerk nicht stabil genug. Ein Abriss sei denkbar. Jedenfalls zum Ende des laufenden Jahrzehnts. „Das ist ein Wahrzeichen“, zeigt sich Dieter Maretzky empört: „Einen Abriss wollen wir uns gar nicht vorstellen.“ In San Francisco käme ja auch niemand auf die Idee, die Golden Gate Bridge abzureißen.

Die Kölner Schwester der Golden Gate Bridge 

Der Vergleich mit dem berühmten Bauwerk aus den USA ist nicht aus der Luft gegriffen. Bauingenieur Fritz Leonhardt, der Ende der 1930er Jahre die Leitung für den Bau der Rodenkirchener Brücke übertragen bekam, hatte kurz zuvor Pläne der Golden Gate Bridge in die Finger bekommen. Denn sein Onkel Otto Nissler war Ingenieur bei der „Bethlehem Steel Corporation“, die Baumaterial für die einst größte Hängebrücke der Welt lieferte. Die Konstruktion im Kölner Süden weist dann auch einige Parallelen zum kalifornischen Wahrzeichen auf.

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Rodenkirchener Brücke 1947

In beiden Fällen sollen sich zum Beispiel die Vertikalseile in denselben Abständen um das mächtige Tragkabel legen. Als „kleine Schwester“ der Golden Gate wird die Rodenkirchener Brücke zuweilen bezeichnet. Aber auch die 1929 fertiggestellte Mülheimer Brücke dürfte als Vorbild gedient haben.

Die NS-Zeit 

Die Rodenkirchener Brücke war mit einer Gesamtlänge von 567 Metern zu ihrer Zeit immerhin die größte Hängebrücke Europas. Als sie am 21. Oktober 1941 für den Verkehr freigegeben wurde, war dies jedoch keine große Feier wert. Der Zweite Weltkrieg war bereits in vollem Gange. Die NS-Führung hatte offenbar Wichtigeres zu tun. Der Bau der Autobahn-Verbindung zwischen dem Kreuz Köln-Süd und dem Heumarer Dreieck galt jedoch strategisch als zu bedeutsam, um vom Krieg durchkreuzt zu werden. Allein die Brücke ließ sich das NS-Regime 13,9 Millionen Reichsmark kosten – bis dato das teuerste Bauwerk der Reichsautobahnen.

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Selbst nach ihrer Erweiterung um einen Zwillingsbau in den 1990er Jahren gilt die Rodenkirchener Brücke als ästhetisch gelungen. „Bei aller Kritik an der Nazi-Ideologie muss man sagen, dass die Straßenbauer eine hohe Sensibilität für Landschaftsverträglichkeit hatten“, sagt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings. Angesichts der Vorliebe der Nazis für Klotziges aller Art sei die Brücke überraschend schlank, elegant und letztlich zeitlos geraten.

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Rodenkirchener Brücke 2019

Auch für den Denkmalpfleger gilt daher: „Man sollte alles in Bewegung setzen, sie zu erhalten.“ Krings hält es etwa für denkbar, die Originalbrücke auf der Südseite stehen zu lassen, den „siamesischen“ Zwillingsbau aus den 1990er Jahren jedoch von ihr zu trennen und durch einen alleinstehenden Neubau zu ersetzen (Hier lesen Sie mehr).

Fest steht, dass die Rodenkirchener Brücke in ihrer 80-jährigen Geschichte schon einige Widrigkeiten überstanden hat. 1945 stürzte sie nach Bombentreffern an den Tragkabeln ein, wobei die Pylone stehen blieben. 1954 konnte der Verkehr wieder rollen. Äußerlich hatte sich der elegante Nazi-Bau nach dem Wiederaufbau kaum verändert.

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