Abo

Lotti Krekel im Gespräch„Der Kölner Karneval hat sich ja doch stark verändert“

Lesezeit 8 Minuten
201219krekel_hilbich13

Lotti Krekel und ihr Mann Ernst Hilbich in ihrem Haus im Kölner Süden

  • Lotti Krekel wurde bereits mit fünf Jahren von Marius Müller-Westernhagens Vater entdeckt. Sie übernahm zunächst Rollen im Kinderfunk, nahm dann Schauspielunterricht und debütierte mit 16 am Millowitsch-Theater.
  • 1969 verkrachte sie sich wegen eines Artikels in einer Boulevardzeitung mit Willy Millowitsch – „Das war hart“ – und kam so zum Karneval.
  • Im Interview spricht die heute 78-Jährige über ihren Ausstieg beim Millowitsch-Theater, ihren Erfolg als „Karnevals-Lotti“ und ihre familiären Schicksalsschläge.

Frau Krekel, Sie waren lange Zeit nicht aus dem Karneval wegzudenken, im Radio, im Fernsehen und auf der Bühne. Sind Sie heute noch aktiv im Fastelovend?

Abgesehen davon, dass sich der Karneval inzwischen ja doch stark verändert hat, müsste es heute schon ein Anlass sein, der mir besonderen Spaß macht – aber wenn mich mal das Mäuschen beißt… Andererseits: Man muss auch wissen, wo man sich besser rar machen sollte. Meine Mutter hat immer gesagt: „Kind, ich mach' mich doch nicht lächerlich.“

In der ersten Zeit Ihrer Karriere hatten Sie mit Karneval gar nichts zu tun. Schon mit fünf sind Sie zum Hörfunk gekommen. Und als Sie 16 waren, begann die Zeit bei Millowitsch. Werden Sie heute noch für seine Tochter gehalten?

Viele Jahre war das so, aber das ist besser geworden. Ich war elf Jahre bei Willy und habe auf der Bühne meistens seine Tochter gespielt. Er hatte ja drei eigene Töchter. Ich musste den Leuten immer erklären: „Nein, ich bin nur seine Bühnentochter.“

Mit dieser Bühnentochter gab es großen Krach. Und mit einem Mal waren Sie im Karneval...

Ich bin quasi über Nacht zum Karneval gekommen. Zuerst der Krach: Eine Boulevardzeitung hatte in die Welt gesetzt, ich würde einen Mann für eine Nacht suchen, um von ihm ein Kind zu bekommen. Die Geschichte stimmte nicht, aber die Hölle war los. Da alle Millowitsch-Aufführungen auch im Fernsehen übertragen wurden, war ich ja bundesweit bekannt. Obwohl ich von dieser Wahnsinns-Idee auch erst durch die Zeitung erfahren habe, hat Willy es mir persönlich übel genommen. Er hatte Sorge, sein guter Name könnte darunter leiden. Das Zusammenspiel auf der Bühne wurde unerträglich. Da bin ich ausgestiegen. Ich erinnere mich genau an das Datum: Es war der 3. März 1969. In der Rückschau kann ich darüber lächeln. Aber ich habe mir die Augen gerieben, von wo ich überall Angebote bekam. Sie können es mir glauben: Meine Mutter hat sie körbeweise gesammelt.

Und wie sind Sie an den Karneval geraten?

Ich stand nach der Trennung vom Millowitsch-Theater da und hatte nichts. Ich hatte gar keine Kontakte mehr. Das war hart. Aber meine Mutter hat mir immer den Rücken gestärkt: „Kind, das schaffst du!“ Ich habe mich auf die Hinterbeine gestellt und versucht, unter anderem wieder beim WDR Fuß zu fassen. Ich war ja dort seit meiner Kindheit bestens bekannt. Einige Regisseure haben mich dann wieder besetzt. Irgendwann sprach mich der Redakteur K. G. Breuer an. Aus Berlin kommend hatte er sich im WDR gut eingefügt und förderte den Kölner Karneval. Er setzte mich vors Hörfunk-Mikrofon und gab mir die Moderation für die„Närrische Hitparade“. Meinen Einwand, dass ich bisher nie moderiert noch für den Karneval gearbeitet hatte, ließ er nicht gelten Aber dann lief es erstaunlich gut.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und auch sehr lange.

Ja, die Hitparade habe ich erst im Hörfunk und dann im Fernsehen moderiert. Fürs Radio spielten wir oft: „Mer schenke dä Ahl e paar Blömcher“. Mir gefiel das Lied so gut, aber der Krätzchensänger brachte es so trocken rüber. Breuer hat es dann mit mir aufgenommen, und es wurde über Nacht ein Riesenerfolg. 

Damit waren sie voll etabliert im Karneval.

Plötzlich war ich die „Karnevals-Lotti“ – für das Image als Schauspielerin nicht immer förderlich... Aber ich hatte ein zweites Standbein, und ich wurde auch im „Showgeschäft“ immer sicherer. Mit der Zeit bekam ich immer mehr Einzel-Engagements – auch außerhalb des Karnevals. Die großen Unterhaltungssendungen kamen mit Peter Frankenfeld, Harald Juhnke, Hans Rosenthal, Heinz Schenk und vielen anderen mehr. In der Rückschau war der Bruch mit Millowitsch für meinen weiteren Weg außerordentlich wichtig. Sonst wäre ich nicht weggegangen von ihm, ich war immer beständig und hab mich damals auch wohlgefühlt bei ihm. Übrigens haben wir später wieder bestens vor der Fernsehkamera zusammen gearbeitet..

Sie sind oft im Karneval aufgetreten, haben in vielen Filmen mitgespielt, waren in der „Augsburger Puppenkiste“ zu hören, standen in der WDR-Serie „Die Anrheiner“ vor der Kamera, einige Jahre gemeinsam mit ihrem Mann Ernst Hilbich und ihrer Schwester Hildegard. Können Sie sich vorstellen, noch mal Theater zu spielen?

„Die Anrheiner“ war übrigens nicht die einzige Serie. Spontan fallen mir noch meine Hauptrollen in den Serien „Zur letzten Instanz“ mit Hans Clarin und „Die Weltings von Kölner Haupttbahnhof“ ein. Sie fragen mich, ob ich noch mal Theater spielen möchte…. Ich würde das sehr gerne. Aber im Moment kümmere ich mich sehr um meinen Ernst. Ich könnte natürlich noch mal eine Rolle annehmen, aber erst kommen vier Wochen Proben, und inzwischen ist es üblich, dass diese Inszenierung dann weitergegeben wird nach München, Berlin und Hamburg. Ich mag meinen Ernst so lange nicht alleine lassen. Er wird im März 89 Jahre alt. In seiner Theaterlaufbahn hat er sich nie geschont. In Osnabrück ist er beispielsweise jeden Abend von einem Podest drei Meter auf die Bühne gesprungen. Dafür gab es immer einen Sonderapplaus. Die Knochen streiken irgendwann, das macht sich später erst bemerkbar. Bis vor ein paar Jahren ging es noch – aber jetzt…

Zur Person

Lotti Krekel, 1941 als Hedwig Charlotte Krekel in Roetgen bei Aachen geboren, ist in Köln aufgewachsen. Mit fünf übernahm sie erste Rollen im Kinderfunk, vor allem in Mundartstücken. Später wirkte sie in zahlreichen Filmen mit; unter anderem drehte sie in den USA den Krimi „Lohngelder für Pittsville“ mit Horst Buchholz. Bis 2014 verkörperte sie die Trudi Fritsch in den WDR-Serien „Die Anrheiner“ und „Neues von den Anrheinern“. Seit Ende der 1960er Jahre wurde sie überdies durch den Karneval bekannt. Sie moderierte im WDR die „Närrische Hitparade“ und sang Hits wie „Ne Besuch em Zoo“ und „Mir schenke dä Ahl e paar Blömcher“. Häufig war sie zu Gast in Unterhaltungssendungen wie „Im blauen Bock“, „Lustige Musikanten“, „Heimatmelodie“ und „Musik ist Trumpf“.

Ihren Mann, den Schauspieler und Kabarettisten Ernst Hilbich, lernte sie beim Theaterspielen kennen. Vielen ist er durch den Schlager „Heut’ ist Karneval in Knieritz an der Knatter“ bekannt. Wie Lotti Krekel synchronisierte Hilbich für die „Augsburger Puppenkiste“ und war für Hörspielproduktionen tätig. Nach 27 Jahren „wilder Ehe“ heiratete das Paar im Jahr 2003. Es wohnt im Kölner Süden. (cs)

Noch können Sie sich alleine versorgen?

Ja, wir leben absolut selbstbestimmt. Allerdings haben wir inzwischen eine Hilfe. Und an ein Heim mögen wir noch gar nicht denken. Sollte es einmal gar nicht mehr gehen, hoffen wir auf eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause. Aber so schön wie ein eigenes Haus ist, im Alter kann es auch eine Belastung werden. Früher, als meine Mutter und meine Schwester Hildegard noch hier mit mir zusammenlebten, war alles prima.

Wie eng war die Beziehung zu Ihrer Mutter und zu Ihrer Schwester?

Sehr eng! In der Nachkriegszeit stand meine Mutter mit drei Mädchen alleine da, das war schon heftig. Meine ältere Schwester Irene ist früh gestorben. Hildegard war über zehn Jahre jünger als ich. Die habe ich gewickelt und gepudert und mit großgezogen. Meine Mutter war überhaupt mein größtes Glück. Sie hat immer gesagt: Du musst lernen, lernen, lernen. Aber sie hatte nicht das Geld, mich aufs Gymnasium zu schicken – damals gab es ja noch „Schulgeldpflicht“. Ich habe gerne gelernt und war sehr traurig, dass ich deshalb nach dem vierten Volksschuljahr nicht auf die „höhere Schule“ gehen konnte. Im sechsten Schuljahr gab es die Möglichkeit für besonders begabte Schüler, auf die Aufbaurealschule zu wechseln, da kostete es dann kein Geld. Ich habe es geschafft – die Mittlere Reife gemacht und bin dann auf die Höhere Handelsschule gegangen.

Wie waren sie denn als Kind zum Funk gekommen?

Meine Mutter kannte – woher auch immer – den Vater von Marius Müller-Westernhagen, einen tollen, wunderbaren Schauspieler: Hans Müller-Westernhagen. Der sah mich auf der Straße mit ihr – ich muss ihm wohl gefallen haben – und gab ihr ein Empfehlungsschreiben für den Kinderfunk. Ich habe meiner Mutter eigentlich alles zu verdanken. Sobald ich am Theater ein bisschen Geld verdiente, habe ich ihr gesagt: Du brauchst nicht mehr kellnern zu gehen.

Hat Ihre Mutter lange gelebt?

Leider nein. Sie hatte ein Laster – sie hat geraucht. Damals wusste man noch nicht, wie schädlich das ist. Sie bekam Lungenkrebs. 30 Jahre ist sie nun tot. Ich weiß noch, als ich zum Arzt kam und die Diagnose hörte – ich habe das Wort nie vergessen: Plattenepithelkarzinom. Das war meine schlimmste Zeit. Und dann der Tod meiner Schwester vor sieben Jahren, die ist auch an Krebs gestorben, mit 60. Ihr Tod war für mich ein Rieseneinbruch in meinem Leben, so etwas hätte ich nie für möglich gehalten. Mehr lieben konnte man sich nicht!

Irgendwo habe ich gelesen, Sie hätten am Glauben an Gott gezweifelt.

Ach wissen Sie – nach zwei solchen Schicksalsschlägen – wer hat da nicht schon mal gefragt: Warum hast du mir das angetan? Ich habe es einfach nicht annehmen wollen. Mein Ernst hat damals gesagt: „Es wird nie wieder so sein, wie es mal war.“

Eigene Kinder haben sie nicht. Haben Sie guten Kontakt zu den Töchtern Ihre Schwester?

Ja, aber beide wohnen leider viel zu weit weg. Die eine, Miriam, ist Chefredakteurin bei der „B.Z.“ in Berlin. Die andere, Kim-Sarah, ist auch Journalistin. Die Abschlussfahrt der Journalistenschule, auf der sie gelernt hat, ging nach Israel. Heute lebt sie in Jerusalem.

KStA abonnieren