„Gefahr für die Allgemeinheit“Mutter sagt gegen Kölner Babysitter aus, der ihre Kinder sexuell missbraucht haben soll

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Außenansicht des Kölner Landgerichts

Der Fall wird vor dem Kölner Landgericht verhandelt, angesetzt sind 29 Prozesstage.

Die Mutter zweier damals drei- und einjähriger Töchter bezeichnete den 33-Jährigen unter anderem als „scheinheilig und perfide“.

Loyal, zuverlässig, fürsorglich, einfühlsam, vertrauenswürdig – mit solchen Worten beschrieb am Donnerstag eine Zeugin im Kölner Landgericht, wie sie Jonas H. (Name geändert) erlebt habe, dem unter anderem vielfacher sexueller Kindesmissbrauch zur Last gelegt wird. Dagegen falle es ihr schwer, negative Adjektive zu finden, sagte die 49 Jahre alte Frau in einem Moment der stundenlangen Befragung.

Später platzte es aus ihr heraus: „Scheinheilig“ und „perfide“ nannte sie den 33-Jährigen; er sei „eine Gefahr für die Allgemeinheit“ und werde seine Neigung „nie ablegen können“. Im Januar 2020 nahm die Juristin über das Portal „betreut.de“ Kontakt zu Jonas H. auf, denn sie brauchte eine Betreuung für ihre beiden Töchter, damals drei und ein Jahr alt. Sie war in ihren Beruf eingespannt und der Vater der Kinder so krank, dass er nur noch wenige Monate zu leben hatte.

Der „intelligente und hochgebildete“ Angeklagte, dem man angemerkt habe, „dass er aus einem extrem guten Elternhaus kommt“, habe einen positiven Eindruck auf sie gemacht, sagte die Zeugin. Die mit ihrem Lebensgefährten erörterten Bedenken, ein männlicher Babysitter und Kinderbetreuer könnte pädophil sein, hätten sich rasch zerstreut, auch weil Jonas H. „eine intakte Beziehung“ mit einer Frau gehabt habe.

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Einmal habe sie ihn auf diese Bedenken angesprochen, und er habe voller Verständnis reagiert: „Er sagte, er könne sie total gut nachvollziehen.“ Auch andere mögliche Konflikte habe er sofort aufgefangen: „Er kann sich unheimlich gut assimilieren, wie ein Chamäleon“. Die Mädchen habe er „abgöttisch geliebt“, und die Töchter hätten sich in seiner Gegenwart sehr wohlgefühlt.

In der Zeit, als die Zeugin einen neuen Lebenspartner hatte, kam ein Verdacht auf: Eins der Mädchen erwähnte im April 2021, sie und die Schwester hätten zusammen mit dem Betreuer geduscht. Bei näherer Befragung gab sie zudem preis, sie habe dessen Geschlechtsteil angefasst. Schließlich zitierte der Lebenspartner, von dem diese Darstellung stammt, Jonas H. zu einer Aussprache.

Der erklärte, die Kinder seien dreckig gewesen, deshalb habe er sie unter die Dusche gestellt. Weil er dabei nass geworden sei, habe er sich selber ausgezogen. Vor der Aussprache soll er eingeräumt haben, er habe einem der Mädchen ein „Aufklärungsbuch“ vorgelesen. Der Lebenspartner empfahl Jonas H., sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, ob er pädophil sei.

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Das Vertrauensverhältnis war zerstört, an eine weitere Beschäftigung, die ohnehin bald enden sollte, nicht zu denken und ein Kontaktverbot ausgesprochen. Warum ging die Zeugin nicht zur Polizei? Die „Beweislage“ sei zu dünn gewesen, und man könne ein Leben zerstören, wenn man Missbrauchsvorwürfe in die Welt setze, sagt die Juristin. Mit heutigem Wissen hätte sie damals mehr auf ihr „Bauchgefühl“ hören und dem „juristischen Sachverstand“ nicht so großen Raum geben sollen. Erst im Juni 2022 kam der Angeklagte in Untersuchungshaft.

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