Marlon wurde erstochenKölner Richter spielt dramatischen Notruf ab – Täter weint

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Der Angeklagte Klaus P. im Landgericht mit seinen Verteidigern Marco Heymann und Abdou Gabbar (v.r.).

Köln – „Polizei, Notfall! Brauchen Notarzt, unbedingt! Messerstecherei, Überfall!“ Es sind die Worte von Schausteller Klaus P., nur Minuten, nachdem er in Neuehrenfeld auf den Nachbarsjungen Marlon eingestochen und ihn tödlich verletzt hatte. Das Notruf-Protokoll vom 11. April 2012 wurde am Donnerstag im Landgericht abgespielt. Und es sorgte beim Angeklagten für große Emotionen.

Kölner Feuerwehr dokumentiert zwei Notrufe

„Takuplatz“, nuschelt die Stimme um 21:04 Uhr am Telefon. „Am Takuplatz? Wir sind unterwegs“, antwortet der Mitarbeiter der Leitstelle. „Ein Überfall war das!“, wiederholt Klaus P. und sagt: „Die suchen mich.“ „Sind Sie der Täter?“, fragt der Mann in der Leitstelle. „Das Opfer!“, entgegnet P. „Sie sind das Opfer?“ „Ja.“ „Sie haben sich versteckt?“ „Ja, schnell!“ „Ja, wir sind unterwegs.“

Um 21:07 Uhr dokumentiert die Feuerwehr den nächsten Anruf des Angeklagten. Klaus P. ist immer noch außer sich, atmet schwer, scheint in Panik. „Da sind noch mehr am Rumschlagen, da werden wohl noch mehr Krankenwagen kommen müssen“, sagt der Anrufer. „Hören Sie mal zu! Haben die da noch mehr Stichwaffen?“, will die Leitstelle der Feuerwehr wissen. „Ist alles möglich, keine Ahnung.“

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Angeklagter weint, als er den Notruf hört

Als Klaus P. beim laufenden Prozess in Saal 27 des Landgerichts seine Stimme hört, sinkt er in seinem Stuhl zusammen, weint. „Das hat ihn nicht kalt gelassen, das jetzt nochmal zu hören“, sagt sein Verteidiger Marco Heymann. Der Anwalt bittet um eine Unterbrechung, die ihm der Vorsitzende Richter Achim Hengstenberg gewährt. Kurz darauf wird der Verhandlungstag ganz abgebrochen.

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Dass er ein Opfer in dem Verfahren sei, an dieser Auffassung des Angeklagten hat sich auch in der Neuauflage des Prozesses nichts geändert. Viele Monate sei er von Marlons Familie drangsaliert worden, so sagten es auch Zeugen. Bis es im Streit um einen Hund zu der fatalen Begegnung im April kam. Der Vater des 15-jährigen Marlon hatte Klaus P. an dem Abend zur Rede stellen wollen.

Kölner Verteidiger wollen Freispruch erreichen

Der heute 68-jährige Angeklagte stellt es so dar, dass er sich mit einem Messer verteidigen, den Vater auf Abstand habe halten wollen und der Junge dann auf ihn zu und ihm in die Klinge gesprungen sei. Ein Zeuge sagte am Donnerstag aus, Marlon habe vor den Eltern womöglich als stark gelten wollen. „Sie sahen einen Herkules in ihm, der er aber gar nicht war“, so der Zeuge.

Das Gutachten der Gerichtsmedizin spricht jedoch von einem so wuchtig ausgeführten Stich, dass die Strafkammer zum jetzigen Zeitpunkt von einer vorsätzlichen Tat und nicht von einem Unfall ausgeht. Diese Auflassung bekräftigte Richter Achim Hengstenberg am Donnerstag. Die Verteidiger kündigten diverse Beweisanträge an, sie wollen einen Freispruch. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.

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