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50 Jahre S-Bahn KölnPro-Bahn-Referent empfiehlt „unter rollendem Rad“ zu bauen statt Ersatzverkehr

Lesezeit 4 Minuten
27.05.2025, Köln: 50 Jahre S-Bahn Köln. Ein Rückblick.  Repro: Arton Krasniqi

Mit diesem Foto warb die Deutsche Bundesbahn vor 35 Jahren für die Eröffnung der S-Bahn-Stammstrecke zwischen Köln-Nippes und Mülheim. 15 Jahre zuvor, am 1. Juni 1975 hatte die erste Linie bereits den Betrieb aufgenommen. Foto: DB/Repro: Arton Krasniqi

Die ersten S-Bahnen fuhren ab Juni 1975 zwischen Bergisch Gladbach und Köln-Chorweiler. Warum sich ein Blick in die Vergangenheit lohnt, erklärt Winfried Queiser.

Wenn sich einer mit der S-Bahn im Rheinland auskennt, ist es Winfried Queiser (72). Seit 20 Jahren befasst sich der ehemalige Lehrer am Köln-Kolleg und Fachreferent des Fahrgastverbands Pro Bahn mit ihrer Geschichte, die vor 50 Jahren eher unspektakulär begann. Am 1. Juni 1975 pendelten die ersten Züge der S 11 zwischen Bergisch Gladbach und Köln-Chorweiler.

Eigene S-Bahnzüge gab es damals noch nicht. Zum Einsatz kamen Dieselloks mit Standard-Personenwagen. 50 Jahre später bilden fünf Linien des S-Bahnnetzes das Rückgrat des Schienennahverkehrs im Großraum Köln.  Bis 2040 soll das Angebot mit einem Milliarden-Aufwand auf zehn Linien erweitert werden.

20.05.1989, Köln: Lokomotiven der S-Bahn stehen auf der Hohenzollernbrücke, die zu diesem Zeitpunkt bereits um eine dritte, nörliche Teilbrücke erweitert worden war. Foto: Helmut Jüliger

Mai 1989: Sechs Lokomotiven für die S-Bahn stehen auf der Hohenzollernbrücke, die zu diesem Zeitpunkt bereits um eine dritte Teilbrücke erweitert worden war. Foto: Helmut Jüliger

„Voraussetzung für den Start der S-Bahn war der Ausbau dea Kölner Hauptbahnhofs“, sagt Queiser. Innerhalb von drei Jahren entstand am Breslauer Platz ein neuer Bahnsteig mit den Gleisen 10 und 11. „In diesem Tempo ging es weiter. Im Mai 1977 wurde die Strecke nach Chorweiler Nord verlängert. Ab Sommer 1985 fuhr die S 11 weiter bis Worringen, drei Jahre später teilweise bis Düsseldorf, ab 1989 mit Zwischenhalt am neuen S-Bahnhof Neuss Süd. „Die S-Bahn fuhr damals nicht in einem regelmäßigen Takt, wie es wir es heute gewohnt sind, sondern unregelmäßig zweimal pro Stunde und mit wenigen Zusatzfahrten im Berufsverkehr.“

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21.08.1973, Köln: Bauarbeiten auf dem Breslauer Platz. Die Gleisanlage des Hauptbahnhofes wird im Norden um einen Bahnsteig mit zwei weiteren Gleise für die S-Bahn erweitert. Foto: F.W. Holubovsky

August 1973: Bauarbeiten auf dem Breslauer Platz. Die Gleisanlage des Hauptbahnhofes wird im Norden um einen Bahnsteig mit zwei weiteren Gleise für die S-Bahn erweitert. Foto: F.W. Holubovsky

Das lag an der Hohenzollernbrücke, die damals nur aus vier Gleisen bestand, auf denen der gesamte Zugverkehr abgewickelt wurde, und die sich deshalb als Nadelöhr erwies. Die sogenannte S-Bahn-Stammstrecke zwischen Köln-Nippes und Mülheim, geplant für mehrere Linien im Herzen von Köln, konnte erst am 27. Mai 1990 in Betrieb gehen, nachdem die Erweiterung der Brücke um einen Brückenzug mit zwei weiteren Gleisen abgeschlossen war.

28.07.1982, Köln: Eine S-Bahn mit dem Fahrtziel Köln-Chorweiler Nord steht auf Gleis 11 des Kölner Hauptbahnhofs. Foto: Ingeborg Spielmans

Juli 1982: Eine S-Bahn mit dem Fahrtziel Köln-Chorweiler Nord steht auf Gleis 11 des Kölner Hauptbahnhofs. Foto: Ingeborg Spielmans

„Der Ausbau der Brücke wäre um ein Haar gescheitert, weil sich Bund und Land zwar auf eine Aufteilung der Kosten im Verhältnis 60 zu 40 geeinigt hatte, der Bund aber spätere Investitionen zum Erhalt und der Erneuerung nicht mittragen wollte“, sagt Queiser. „Man hat sich so lange um die Finanzierung gestritten, dass beinahe die Baugenehmigung erloschen wäre. Die Einigung kam erst fünf Tage vor deren Ablauf zustande.“

Für den Ausbau wurden 24 Häuser mit 131 Wohnungen abgerissen

Der Ausbau der Stammstrecke dauerte nur knapp vier Jahre, obwohl es große Probleme gab, im Eigelstein-Viertel zwischen Hauptbahnhof und Hansaring Platz überhaupt für eine oberirdische Trasse und den S-Bahn-Haltepunkt zu finden. „Man hat sich damals für die Nordlage entschieden. Das hatte zu Folge, dass 24 Gebäude mit 131 Wohnungen und 23 Gewerbeflächen abgerissen werden mussten. Heute plant die Bahn mit einer Bauzeit von 17 Monaten, um vier Brücken in der Innenstadt zu erneuern und will deshalb den gesamten Bahnverkehr zwischen dem Hauptbahnhof und Bahnhof Süd einstellen. Damals wurde das alles ohne Betriebsunterbrechungen und Sperrung der bestehenden Gleise gebaut“, sagt Queiser. „So etwas wäre heute völlig undenkbar.“

07.04.1987, Köln: Arbeiten am Stahlbeton sind zwischen Hauptbahnhof und Hansaring im Gange während rechts ein Eisenbahnzug vorbei fährt. Der Bereich wird um ein weiteres Gleis für die S-Bahn erweitert. Foto: Walter Schiestel

April 1987: Zwischen Hauptbahnhof und Hansaring entsteht die neue S-Bahntrasse, für die 24 Gebäude abgerissen werden mussten. Foto: Walter Schiestel

Die Planungen für eine erneuten Ausbau des Hauptbahnhofs und des Bahnhofs Köln-Messe/Deutz um jeweils einen Bahnsteig mit zwei Gleisen für die S-Bahn laufen seit Jahren, ein Baubeginn vor 2030 scheint möglich, ist aber noch längst nicht beschlossen.

22.05.1991, Köln: Die S-Bahn-Station Köln Hansaring mit dem Kölner Dom im Hintergrund während gerade ein S-Bahn-Zugder Linie S11 am Gleis hält. Foto: Stefan Worring

Mai 1991: An der S-Bahn-Station Hansaring hält eine S-Bahn der Linie 11 in Richtung Bergisch Gladbach Foto: Stefan Worring

Auch wenn im Großraum Köln vor 35 Jahren deutlich weniger Züge fuhren als heute, hält der Fachreferent von Pro Bahn das neue Baukonzept der Bahn, das immer wieder lange Sperrpausen vorsieht, im Ballungsraum Köln für diskussionswürdig. „Die DB InfraGO sollte nicht nur auf Sperrungen setzen, sondern auf den hochbelasteten Strecken wieder zur bewährten Methode zurückkehren und unter dem rollenden Rad bauen.“ Dass ein Schienenersatzverkehr mit Bussen über Wochen und Monate die S-Bahnen und Regionalzüge nicht ersetzen kann, habe die Sperrpause Anfang Mai zwischen Köln und Bonn bewiesen.

27.05.2025, Köln: Gleis 6 am Bahnhof Mülheim, Winfried Queiser (72) ist vom Verein Pro Bahn Rheinland Foto: Arton Krasniqi

Winfried Queiser (72) vom Verein Pro Bahn Rheinland hat über die Geschichte der Kölner S-Bahn aufwendig recherchiert.

Der nächste Härtetest steht im November an, wenn der Kölner Hauptbahnhof wegen der Inbetriebnahme des neuen elektronischen Stellwerks für zehn Tage bis auf die S-Bahn und die Regionalbahn 25 voll gesperrt sein wird.

Im ersten Halbjahr 2026 kommt es dann von Anfang Februar bis Mitte Juli zur Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Köln Messe/Deutz, Wuppertal und Hagen. Parallel dazu fällt die S 11 von Mitte April bis Anfang Juli zwischen Köln-Mülheim und Bergisch Gladbach wegen Bauarbeiten ebenfalls aus und fährt stattdessen nach Leverkusen Mitte. „Wenn die Bahn das Baukonzept so weiterverfolgt, fährt sie im Großraum Köln das System an die Wand“, sagt Queiser. Manchmal könne ein Blick in der Vergangenheit hilfreich sein.