Drei verschiedene StimmzettelSo funktioniert die Kommunalwahl in Köln

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Stimmzettel Symbolbild

Die Kommunalwahl soll am 13. September 2020 stattfinden.

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Die Wahl des Stadtrates, der Oberbürgermeisterin oder des Oberbürgermeisters sowie der neun Bezirksvertretungen ist das wichtigste Mitwirkungsrecht der Kölner Bürger. Nachdem auf Landesebene entschieden wurde, dass die Amtszeit der Oberbürgermeister in NRW wieder genauso lang wie die der Stadt- und Gemeinderäte sein soll, wird der Wähler mit gleich drei Stimmzetteln konfrontiert. Bei der OB-Wahl ist das Verfahren ganz einfach: 13 Kandidatinnen und Kandidaten stehen auf dem Stimmzettel auf dem man sein Kreuzchen machen kann.

Wie wird der Stadtrat gewählt?

Nicht ganz so einfach ist die Sache bei der Wahl des Stadtrats, der auf einem – in diesem Jahr grünen – Stimmzettel als „Wahl der Vertretung in der kreisfreien Stadt Köln im Wahlbezirk“ angekündigt wird. Die ganz eigene Sprache der Bürokratie macht alles noch ein bisschen komplizierter, als es ohnehin schon ist. Bei der Wahl zum Stadtrat wird über die Vergabe von 90 Ratsmandaten entschieden. Verwirrend ist die Tatsache, dass man – anders als bei Bundes- oder Landtagswahlen – hier nur eine einzige Stimme hat. Man wählt den Vertreter des Viertels, in dem man wohnt – also einen Kandidaten des jeweiligen Wahlbezirks – und gleichzeitig dessen Partei. Einen Unterschied kann man nicht machen. Wer einen bestimmten Kandidaten für den besten hält, aber dessen Partei nicht mag, hat ein Problem.

Wie werden die 90 Sitze im Stadtrat vergeben?

Die Stadt ist in 45 Wahlbezirke aufgeteilt. Der Kandidat, der im Bezirk die meisten Stimmen bekommen hat, ist im nächsten Stadtrat in jedem Fall dabei. Die andere Hälfte des 90-köpfigen Gremiums wird dann über die jeweiligen Kandidatenlisten der Parteien – man nennt sie auch Reservelisten – vergeben.

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Wie viele Sitze eine Partei insgesamt bekommt, wird wiederum durch ihr stadtweites Ergebnis bestimmt. Ein Beispiel: Eine größere Partei erhält 30 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das entspricht 27 Sitzen im 90-köpfigen Stadtrat. Dieselbe Partei hat in 20 der 45 Wahlbezirken die meisten Stimmen gewonnen. Das heißt, dass dann noch sieben Kandidaten von ihrer Reserveliste mit in den Stadtrat einziehen, die sich nicht schon über die Wahlkreisentscheidung ihren Platz sichern konnten.

Welche Chance haben kleine Parteien?

Ein weiterer Unterschied zur Bundes- und Landesebene: Es gibt bei der Kommunalwahl keine Fünf-Prozent-Hürde. Es ist leicht, auch als kleine Partei im Stadtrat vertreten zu sein. Wie viele Stimmen man braucht, um einen Sitz im Stadtrat zu bekommen, hängt von der Wahlbeteiligung ab: Je weniger zur Wahl gehen, desto größer wird die Chance von kleinen Parteien, mitmischen zu können. Rein rechnerisch braucht man 1,1 Prozent der abgegebenen Stimmen für ein Ratsmandat. Das entspricht bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent rund 4520 Stimmen. Da im komplizierten Verfahren zur Berechnung der Sitzverteilung immer auch auf- und abgerundet werden muss, um glatte Ergebnisse zu bekommen, kann man schon mit deutlich weniger Stimmen den ersten Ratssitz erhalten. So reichten in der Vergangenheit auch schon mal 0,8 Prozent der Wählerstimmen für ein Mandat.

Wie werden die Bezirksvertretungen gewählt?

In den Bezirksvertretungen gibt es jeweils nur 19 Mandate, die nach der Wahl vergeben werden. Das hat zur Folge, dass es faktisch eine Fünf-Prozent-Hürde gibt, obwohl diese in keinem Gesetz steht. Hier haben es kleine Parteien schwerer, den Sprung zu schaffen. Im Gegensatz zur Stadtratswahl mit ihrer Mischung aus Kandidaten- und Parteienwahl ist die Wahl der Bezirksvertretung eine reine Listenwahl. Man wählt eine Partei, die vorher festgelegt hat, wer sie in welcher Reihenfolge vertreten soll.

Wie wird der Integrationsrat gewählt?

Am Sonntag können über 308000 Kölner außerdem den Integrationsrat wählen. Hier sind alle Kölner mit sogenanntem „Migrationshintergrund“ wahlberechtigt. Die meisten von ihnen können somit am Sonntag gleich an vier Wahlen teilnehmen: Neben den deutschen Staatsbürgern mit ausländischen Eltern sind das auch alle über 16-Jährigen aus einem anderen Land der Europäischen Union. Die Kölner aus Ländern außerhalb der EU haben am Sonntag nur die Möglichkeit, den Integrationsrat zu wählen.

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Anders ausgedrückt: Während ein Italiener, Pole oder Spanier an vier Wahlen teilnimmt, darf ein Türke, Amerikaner oder Araber nur bei der Integrationsratswahl mitmachen – eine Ungleichbehandlung, die viele kritisieren. Auch der Kölner Integrationsrat fordert ein kommunales Wahlrecht für alle.

Der Integrationsrat

Der Integrationsrat, der ebenfalls am 13. September gewählt wird, soll sich als Interessenvertretung der Kölner Migranten in politische Entscheidungsprozesse der Stadt einmischen, mitbestimmen und eigene Initiativen einbringen können. Er ist mehr als eine direkte Interessenvertretung: Er hat gleichzeitig die Funktion eines Ausschusses des Stadtrats und ist somit fest in die Beratungsfolge von Fachausschüssen im Rathaus eingebunden. Der Stadtrat kann den Integrationsrat jedoch jederzeit überstimmen, wie er das auch mit Voten anderer Fachausschüsse machen kann.

Die Zusammensetzung des Integrationsrates, der seit Jahren um mehr Einfluss kämpft, ist einmalig: Hier sitzen 22 Vertreter, die durch die direkte Wahl der Migranten bestimmt werden. Außerdem entsenden die Fraktionen des Stadtrates elf eigene Vertreter. Hinzu kommen – allerdings ohne Stimmrecht – Vertreter von verschiedenen Institutionen und Verbänden. 

Die Bezirksvertretungen: Interessenvertreter der Stadtbezirke

Bezirksvertretungen entscheiden in allen Angelegenheiten, deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. Sie werden zu allen Themen gehört, die den Stadtbezirk berühren. So ist es gesetzlich festgelegt. Aber was diese Aufgabenbeschreibung in der Praxis bedeutet, ist höchst strittig. Die Bezirksvertretungen klagen seit Jahren darüber, dass sie zu wenig in eigener Verantwortung entscheiden dürfen. Juristen wurden eingeschaltet, Gremien zur Klärung eingesetzt, gezankt und gestritten. Dabei geht es weniger um eine rechtliche Frage, denn die ist eigentlich lange zu Gunsten der Bezirksvertretungen geklärt. Die Kritik der Stadtbezirkspolitiker zielt auch auf ihre Kollegen im Rathaus: Der Stadtrat wolle keine Kompetenzen abgeben und mische sich andauernd in Dinge ein, die man auch vor Ort entscheiden kann.

Das Gegenargument lautet: Vieles, was Bezirksvertreter als eigenen Kompetenzbereich beanspruchen, hat tatsächlich eine stadtweite Bedeutung. Besonders betroffen ist die Bezirksvertretung Innenstadt. Die Entwicklung des Zentrums ist ein Anliegen der ganzen Stadt. Eine Abgrenzung der Zuständigkeiten ist schwierig.

In den vergangenen Jahren wurde dieser Konflikt zusätzlich durch die politische Konstellation angeheizt: Im Bezirk Innenstadt gab es rechnerisch eine politische Mehrheit ohne SPD und CDU. Die Grünen – unterstützt von kleineren Parteien – gaben den Ton an. Auch in den anderen acht Bezirksvertretungen sind die Mehrheitsverhältnisse recht bunt. So gibt es alle möglichen Farbkonstellationen in diversen Bündnissen.

Wie stark die Bezirksvertretungen in Zukunft die Geschicke vor Ort bestimmen werden, hängt nicht zuletzt davon ab, über wie viel Geld sie entscheiden können. Es wird beim Macht-Gerangel bleiben, solange die Bezirksvertretungen nicht Zugriff auf größere Etats im städtischen Haushalt bekommen. 

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