„Gleicht fast einer Schikane“Kölner Studierende verzweifeln am Antrag für die Energiepauschale

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Yurek Fabianek (links) und Malte Westphal beantragen an ihren Laptops die Energiepauschale.

Yurek Fabianek (l.) und Malte Westphal versuchen ihr Glück: Seit dem 15. März können Studierende die Energiepauschale beantragen.

Nach monatelangem Warten können Studierende ab Mittwoch ihre Energiepauschale beantragen. Für drei Kölner endet der Tag mit Ernüchterung.

Endlich ist es so weit. Nina Boehnert kann seit Mittwoch, dem 15. März, die Energiepauschale in Höhe von 200 Euro beantragen. Mehr als ein halbes Jahr ist es her, dass die Ampel-Regierung die Sonderzahlung für rund 3,5 Millionen Studierende und Fachschülerinnen und Fachschüler vereinbart hat.

Doch am Morgen kommt die Ernüchterung: Ein notwendiger Zugangscode ist noch nicht bei der Studentin der Kölner Sporthochschule (Spoho) angekommen. Es wird nicht der letzte Dämpfer des Tages sein.

Um die Infrastruktur zum Stichtag 15. März zu schaffen, mussten die etwa 4000 Bildungsstätten in Deutschland bereits einige Hürden überwinden. „Das Thema war ein Riesenaufwand, der mit viel Druck verbunden war“, resümiert Carsten Huhn vom Studierendensekretariat der Spoho. Nicht zuletzt, weil die Hochschulen ursprünglich nur beiläufig von der Verantwortung erfahren haben, die noch auf sie zukommen sollte.

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Am Mittag kommt bei Boehnert der Zugangscode an. Die Antragsstellung kann beginnen. Denkt sie zumindest. Die entsprechende Webseite („Einmalzahlung200.de“) lädt nicht. Nach mehreren Versuchen landet sie schließlich im virtuellen Warteraum. Boehnert ist dort nicht die einzige, wie ein Blick auf Social Media verrät. Viele Nutzer äußern dort ihre Verzweiflung. Auch bei Boehnert wächst mit jeder Minute der Frust.

Der Warteraum solle die Last von den Servern nehmen, so Pressesprecher Peter Mennicke vom Ministerium für Digitales Sachsen-Anhalt, das mit der Betreuung der Webseite beauftragt ist. Auf Anfrage teilt er mit, dass am Mittwoch bis 17 Uhr etwa 100.000 Anträge über die Webseite eingegangen seien. Von den 3,5 Millionen Antragsberechtigten haben bisher 3,6 Prozent ihre Zugangscodes genutzt.

Kölner stoßen bei Energiepauschale auf technische Probleme

Wenige Meter entfernt von Boehnert versuchen zwei Kommilitonen fast zeitgleich ihr Glück. Yurek Fabianek und Malte Westphal sind schon einige Schritte weiter. Sie müssen sich mit ihrer Bund-ID anmelden. Eine zusätzliche bürokratische Notwendigkeit, die an die 200 Euro verknüpft ist. Fabianek lädt sein sogenanntes Elster-Zertifikat hoch, womit er seine Identität bestätigen will. Plötzlich landet er erneut im Warteraum. Er muss heute schon das zweite Mal 32 Minuten warten. „Das gleicht fast einer Schikane.“

Ein Anruf bei der Info-Hotline (etwa 10 Minuten Wartezeit) ist ihm keine unmittelbare Hilfe. Die überfragte Beraterin verweist ihn auf das Kontaktformular, in dem er sein Problem schildern soll. „Die Technik schaut sich das mal an.“ Fabianek zeigt Verständnis: „Ich bin mir sicher, dass die alle ihr Bestes tun.“ Genervt ist er trotzdem.

An die 200 Euro würde er lieber früher als später kommen. Trotz Nebenjob, worunter sein Studium leidet, bekam auch er die Energiekrise zu spüren: „Meine Stromkosten sind über 100 Prozent gestiegen. Die Energiepauschale hilft schon, aber im Endeffekt ist es auch keine Entlastung.“ Sein Kommilitone stimmt ihm zu: „Es ist besser als gar nichts, aber es kommt sehr spät.“ Westphal hat im Winter bis Dezember mit dem Heizen gewartet. Man spart, wo man kann.

Spoho-Asta: Energiepauschale nur eine kurzfristige Entlastung 

Auch er landet ein zweites Mal im Warteraum. Plötzlich taucht eine Fehlermeldung auf. Die Beantragung habe wohl zu lange gedauert. Alles nochmal von vorne. Auch im letzten Versuch scheitert er. Der Zugangscode wird abgefragt. Das Eingabefeld kann Westphal aber nicht ausfüllen, obwohl dies verpflichtend ist. Ein weiteres technisches Problem, mutmaßt er.

Studierende mussten lange politisch dafür ringen, überhaupt eine Energieentlastung zu erhalten, wie sie Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende bekommen hatten. „Es ist gut, dass die Hilfe endlich kommt. Leider ist sie an viele bürokratische Hürden gebunden“, sagt Luca Beckmann-Metzner, Asta-Sprecher an der Spoho. Die 200 Euro sind jedoch nur eine kurzfristige Entlastung: „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, eine Einmalzahlung wird der finanziellen Mehrbelastung aber nicht gerecht.“

Zurück zu Nina Boehnert. Sie ist mittlerweile aus dem „Warteraum“ raus und darf sich nun mit ihrer Bund-ID anmelden, die für die Auszahlung verpflichtend ist. Schreck! „Die habe ich noch gar nicht.“ Die entsprechende Anmeldungsseite ist überlastet. Boehnert gibt für heute auf. Sie versucht es ein andern Mal, wenn nicht alle gleichzeitig auf der Webseite sind. „Nachts oder um fünf Uhr morgens“, scherzt sie.

Die drei Studierenden mussten den Antragsprozess aus drei unterschiedlichen Gründen abbrechen. Wann der Antrag durchgeht, wissen sie noch nicht. Wann das Geld tatsächlich dem Konto landet, auch nicht. Genaue Angaben gibt es vom Bund nicht. So wird für sie die im Herbst angekündigte Winterhilfe zur Frühlingshilfe.

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