Ein 33-Jähriger wurde bei seiner Festnahme beschuldigt, drei Raubüberfälle begangen zu haben. Vor Gericht gab er weitere Taten zu.
Geld für Heroin benötigtAngeklagter gesteht sieben Handtaschenraube in Köln und Bonn

Der Angeklagte und sein Verteidiger Ingo Lindemann am Mittwoch im Kölner Landgericht
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Nachdem seit Ende des vorigen Jahres die Fälle von Handtaschenraub in Köln sprunghaft zugenommen hatten, richtete die Polizei eine Ermittlungsgruppe ein. Am 13. März nahm sie auf dem Neumarkt einen 33 Jahre alten Mann fest, der im dingenden Verdacht stand, drei Raubüberfälle begangen zu haben. Wie sich herausstellte, war er auch für weitere verantwortlich.
Am Mittwoch hat vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den Mann begonnen, der in Deutschland keinen festen Wohnsitz hat und in Untersuchungshaft sitzt. Mit Ausnahme eines Falles legte er über seinen Verteidiger Ingo Lindemann ein Geständnis ab.
Frau hielt Handtasche fest, stürzte und brauchte ein neues Hüftgelenk
Die Taten geschahen zwischen dem 27. Dezember 2024 und 11. März dieses Jahres in Köln und Bonn. Am schwerwiegendsten waren die Folgen für eine 84-jährige Frau, die der Mann am 26. Februar in einem Mehrfamilienhaus in Nippes überfiel. Als sie die Tür zu ihrer Wohnung im ersten Stock aufschließen wollte, griff er sie von hinten an und versuchte, ihr die Handtasche zu entreißen, doch sie hielt sie im Gerangel fest. Er schubste sie um, schleifte sie über den Boden, zog ihr an den Haaren, schlug sie und brachte die Tasche an sich, in der sich 200 Euro, ein Mobiltelefon und persönliche Dokumente befanden. Nachbarn hörten die Hilferufe der Frau und verständigten die Polizei. Die 84-Jährige erlitt unter anderem einen Oberschenkel-, Hüft- und Schulterbruch und brauchte ein neues Hüftgelenk.
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Am 4. Januar hatte der Angeklagte zum ersten Mal in Köln eine Frau überfallen. In Lindenthal entriss er der 53-Jährigen die Handtasche und flüchtete mit einem in der Nähe bereitgestellten Rad. Die Beute: 750 Euro und ein Handy. Zuvor, am 27. Dezember, hatte er einer 76 Jahre alten Frau in Bonn die Handtasche vom Arm gerissen. Im Januar setzte er die Taten in Bonn fort. Dort erbeutete er in zwei Fällen auch eine EC-Karte, die er einsetzte, um an Automaten Zigaretten zu ziehen und in einem Schnellimbiss im Hauptbahnhof zu zahlen.
Handys veräußert oder weggeworfen, Geld für Heroin benötigt
Am 24. Februar betrat er hinter einer 77-jährigen Frau im Lindenthal den Hausflur und trug wortlos deren Einkäufe in die obere Etage. Dann entriss er ihr die Tasche, in der sich rund 120 Euro, ein Mobiltelefon und persönliche Dokumente befanden. Am 1. März stieg der Angeklagte in einen Vorgarten in Lindenthal ein, näherte sich von hinten einer 85-jährigen Bewohnerin, die gerade die Tür aufschloss, durchtrennte mit einem Messer den Riemen ihrer Handtasche und flüchtete mit der Beute: etwa 300 Euro und einem Smartphone. Die Frau erlitt bei einem Sturz Rippenprellungen.
Gut eine Woche darauf war das Opfer eine 74 Jahre alte Frau, die in Lindenthal vom Einkaufen zurückkehrte und ihre Haustüre öffnen wollte. Der Täter drückte sie dagegen, sie fiel nach hinten, er durchschnitt auch in diesem Fall den Riemen der Handtasche und entkam mit dem Handy der Frau und 15 Euro Bargeld. Die letzte Tat, die der Angeklagte zugab, ereignete sich am 11. März. Einer 86-jährigen Frau, die bei der Postbank in Mülheim gerade 750 Euro abgehoben hatte, folgte er in den Hausflur, versetzte ihr einen Stoß und raubte ihr die Handtasche.
Insgesamt beträgt der Wert der Beute laut Staatsanwaltschaft um die 6200 Euro. Der Angeklagte, der drogensüchtig sein soll, sagte, die Zigaretten habe er für sich behalten, dagegen zwei oder drei der entwendeten Handys veräußert; die anderen habe er weggeworfen. Das gesamte Geld habe er vor allem gebraucht, um sich Heroin zu kaufen. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Dann sollen unter anderen eine geschädigte Frau und Töchter von Opfern gehört werden.