Die Adresse Zum Römerturm 15 war in Köln jahrelang als exklusives Freudenhaus bekannt, jetzt sind die Prostituierten weg.
Kunst ohne MieteKölner Unternehmer kauft Stundenhotel und eröffnet eine Pop-up-Galerie

Der Kölner Unternehmer Manfred Wefers hat in den ehemaligen Räumen eines Studenhotels eine Pop-Up-Galerie eröffnet, das Haus steht nah an der alten römischen Mauer.
Copyright: Inge Swolek
In Rom gibt es die Villa Massimo, in Köln ab sofort die Villa Minima. In beiden Häusern geht es um die Förderung von Kunstschaffenden. Die Villa in Rom gehört der Bundesrepublik Deutschland, die in Köln dem Unternehmer Manfred Wefers.

Ex Galeristin Linde Trottenberg berät den Unternehmer bei der Auswahl der Künstler. Die Skulpturen sind von der Bidhauerin Marlies Stock.
Copyright: Inge Swolek
„Vielleicht ist die Namenswahl etwas größenwahnsinnig, aber ich möchte mit dieser Gründung in meiner Heimatstadt eine alternative Plattform zum kommerziellen Kunstmarkt anbieten. Ich finanziere die Vernissagen, die Flyer, das Personal und möchte auch keinen Euro Provision von den verkauften Kunstwerken. Die einzige Bedingung, die ich an die Künstler stelle, ist, dass die Bilder für maximal 3000 Euro verkauft werden, damit sie für die Kölner erschwinglich sind.“
Wefers hat nach seiner Lehre zum Installateur Ingenieurwissenschaften studiert und 1971, mit damals 25 Jahren, den kleinen Heizungs- und Installateurbetrieb seines Vaters übernommen und diesen zu einem Unternehmen mit fast 200 Mitarbeitern ausgebaut.
Haus gehörte ursprünglich dem ehemaligen Bundesarbeitsminister Hans Katzer (CDU)
„Ich hatte in meinem Leben sehr viel Glück, deshalb möchte ich andere an diesem Glück teilhaben lassen; Künstler sind die, die am meisten unter Geldmangel leiden, nicht jeder ist ein Gerhard Richter“, sagt der heute 79-Jährige.
Das Haus, in dem sich die Villa Minima befindet, ist zwar nicht ganz so historisch wie die Villa Massimo in Rom, dafür hat es aber eine ganz spezielle Geschichte. Ursprünglich gehörte es dem ehemaligen CDU-Bundesarbeitsminister Hans Katzer. Nach dessen Tod 1996 wechselte der Besitz in russische Hände. Die neue Eigentümerin vermietete es ab 2008 gewinnbringend für 10.000 Euro im Monat, die Adresse Zum Römertum 15 war bis 2015 als Stundenhotel in gewissen Kreisen bekannt.
Galerie-Konzept startet mit vier Pop Up-Ausstellungen
„Als ich das Haus, das in unmittelbarer Nähe meines Elternhauses liegt, für mich also ein Stück Heimat darstellt, 2015 gekauft habe, da bestand es aus zehn Zimmern, zwei pro Etage mit jeweils einem Bad und im Keller einem großen Planschbecken. Im Internet wurde es beworben mit dem Slogan ‚Prima poppen in Köln‘. Ich hatte niemals vor, in diesem Gewerbe weiterzumachen: deshalb sind die Damen weg und die roten Vorhänge auch. Ich habe alles umgebaut, vermiete die oberen Etagen an Dauermieter und unten starte ich mit der Galerie“, sagt Wefers, der es mit Humor nimmt, dass seine Villa Minima in einem ehemaligen Puff untergebracht ist.

Der Unternehmer wird unter anderem von der Ex-Galeristin Linde Trottenberg.
Copyright: Inge Swolek
Da der Unternehmer sich in Sachen Kunst nach eigenen Angaben so gar nicht auskennt und Kunst immer dann schön findet, wenn sie ihm gefällt, wird er bei der Auswahl der Künstler von der Ex-Galeristin Linde Trottenberg und Kunsthistoriker Stephan Zilkens beraten.
Das neue Galerie-Konzept startet mit vier Pop Up-Ausstellungen innerhalb von drei Monaten. In dieser Zeit werden für jeweils drei Wochen Arbeiten von insgesamt zehn Künstlern und Künstlerinnen zu sehen sein. Den Auftakt machen Eva Ohlow, Marlies Stock und Herbert Lindner.

Gerade das Preislimit von 3000 Euro könnte das etwas andere Kunstprojekt erfolgreich machen, findet Linde Trottenberg.
Copyright: Inge Swolek
„Sein Konzept ist keine Konkurrenz zu den traditionellen Galerien. Manfred Wefers dreht den Galerie-Gedanken weiter. Für den einzelnen Künstler ist es eine gute Gelegenheit, seine Kunst drei Wochen lang öffentlich zu zeigen, ohne teure Miete oder hohe Provisionen an einen Galeristen zahlen zu müssen. Für die Kölner und Kölnerinnen ist es eine gute Gelegenheit, bezahlbare Kunst außerhalb von Messen oder Auktionen zu erwerben. Gerade das Preislimit von 3000 Euro könnte das etwas andere Kunstprojekt erfolgreich machen“, so die Beraterin Linde Trottenberg.
Und es gibt auch schon Pläne, was in der Villa Minima nach den drei Monaten passiert. Dann möchte Neu-Galerist Wefers in Anlehnung an die „Worth-Fighting For“-Ausstellung, die im Rahmen der Art Cologne stattgefunden hat, seine Räume Exil-Künstlern und -Künstlerinnen kostenlos zur Verfügung stellen. „Ich möchte Künstlern, die in Nordkorea politisch verfolgt werden, aus der Ukraine vor Krieg fliehen oder im Kongo wegen ihrer Homosexualität ausgegrenzt werden, in Köln eine Zuflucht bieten. Das Projekt kostet 120.000 Euro. Ich gehe erst einmal in Vorkasse, werde mich aber um Sponsoren oder Zuschüsse aus öffentlichen Kassen bemühen“, so der Mann, der sich selbst nicht als Mäzen versteht: „Ich bin einfach Mensch, und auch, wenn ich den Künstlern alles kostenlos zur Verfügung stelle, brauche ich keine Schnitte Brot weniger zu essen.“
Villa Minima, Am Römerturm 15
Mittwoch-Samstag 14-19 Uhr, Vernissage 11.7. ab 18 Uhr
www.villa.minima.de