Kölner „Cold Case“-FallFreispruch nach brutaler Attacke vor 36 Jahren – Brauhaus-Köbes wieder frei

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Der Angeklagte (l.) mit seinem Verteidiger Jan Victor Khati.

Als freier Mann verlässt der Angeklagte (l.) das Landgericht mit seinem Verteidiger Jan Victor Khatib.

Mit einem Freispruch endete der „Cold Case“-Fall um eine fast tödlich verlaufene Attacke mit einem Kegelpokal in Köln-Ehrenfeld. 

Es war der erste einer neuen Reihe von neu aufgerollten „Cold Case“-Fällen und er endete vor dem Landgericht mit einem Freispruch. Denn die brutale Attacke mit einem Kegelpokal aus dem Jahr 1987, die einem Kölner fast das Leben kostete, ist verjährt. Der mittlerweile 56-jährige Angeklagte, ein langjähriger Brauhaus-Köbes, wurde nach sieben Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.

Köln: Kein versuchter Mord – nur der verjährt nie

Der Vorsitzende Richter Arne Winter sah einen versuchten Totschlag als erwiesen an, nicht aber einen versuchten Mord – nur letzterer verjährt nie. „Man könnte die Meinung vertreten, es handele sich um eine Niederlage des Rechtsstaats“, sagte der Richter. Da sei ein Mann schwer verletzt worden, nie mehr auf die Beine gekommen und der Täter komme nun ohne Strafe davon.

„Aber dieser Fall zeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert“, so der Richter weiter. Man habe den Fall aufklären können, auch nach so vielen Jahren. „Kein Täter kann sich sicher sein, nicht doch noch irgendwann vor Gericht zu kommen“, führte Winter aus. Doch zum Rechtsstaat gehöre auch, sich an geltendes Recht zu halten und es auch anzuwenden – womöglich ein Wink in Richtung Staatsanwalt.

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Kölner Staatsanwalt sah versuchten Raubmord

Oberstaatsanwalt Bastian Blaut hatte in seinem Plädoyer einen versuchten Raubmord beschrieben. Warum sonst solle der damals 20-jährige Angeklagte mit dem 30 Jahre älteren Opfer in dessen Wohnung gegangen sein, wenn nicht, um ihm dessen Geld zu rauben. Einer Darstellung, der das Landgericht klar widersprach – das Motiv für die Attacke habe sich beim Prozess nicht klären lassen.

Der Richter bewertete es im Gegensatz zum Staatsanwalt als überhaupt nicht abwegig, dass der Angeklagte das spätere Opfer begleitet habe. Immerhin habe man schon den ganzen Abend in Kneipen zusammen getrunken, da sei es eher naheliegend, das fortzusetzen. Gegen einen geplanten Raub spräche auch, dass der Täter in der Nähe wohnte und jederzeit hätte enttarnt werden können.

Kölner Richter: Der Angeklagte hat Glück gehabt

Überhaupt gebe es keinen Beweis dafür, dass sich größere Mengen Bargeld in der Wohnung des Opfers befunden hätten oder der Täter davon habe ausgehen können. Denn in den Kneipen habe wohl auch der Angeklagte einmal gezahlt. Mit dieser Feststellung falle das Mordmerkmal der Habgier weg. Da versuchter Totschlag nach 20 Jahren verjähre, sei ein Freispruch die zwingende Konsequenz.

Das Gericht folgte damit dem Plädoyer von Verteidiger Jan Victor Khatib, den der Angeklagte beim Urteilsspruch erleichtert umarmte. Der Richter hob hervor, dass der Täter pures Glück gehabt habe. Tatsächlich waren Ermittler dem Mann bereits Anfang 2004 auf der Spur. Doch eine Panne verhinderte einen DNA-Treffer. Damals wäre der versuchte Totschlag noch nicht verjährt gewesen.

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