Kölner „Cold Case“ von 1987Trotz Geständnis – Anwalt fordert Freispruch für brutale Attacke mit Kegelpokal

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Maler und Lackierer Klaus Dieter M. mit seinem Verteidiger Jan Victor Khatib.

Maler und Lackierer Klaus Dieter M. mit seinem Verteidiger Jan Victor Khatib.

Der „Cold Case“-Prozess um eine fast tödlich verlaufene Attacke in Köln-Ehrenfeld aus dem Jahr 1987 steht kurz vor dem Abschluss. 

Geht es nach Verteidiger Jan Victor Khatib, dann bleibt der höchst brutale Angriff auf den Maler und Lackierer Klaus Dieter M. aus dem Jahr 1987 ungesühnt. Das Verbrechen, ein spät aufgeklärter „Cold Case“, sei verjährt.

Khatib beantragte am Mittwoch beim Prozess im Landgericht einen Freispruch. Der Mandant hatte die Tat zwar grundsätzlich gestanden, einen Raubmord aber abgestritten. Und nur der kann noch verfolgt werden. Die Staatsanwaltschaft hingegen forderte fünf Jahre Gefängnis.

Cold Case Köln-Ehrenfeld: Täter und Opfer lernten sich in Kneipe kennen

Täter und Opfer hatten sich an einem Abend im Mai in einer Gaststätte in Ehrenfeld kennen gelernt und zusammen getrunken. Soweit bestand noch Einigkeit zwischen Anwalt und Ankläger. Doch die Unstimmigkeiten beginnen bereits bei der Frage, wer wem die Getränke ausgegeben hatte.

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Staatsanwalt Bastian Blaut zeigte sich überzeugt davon, dass Klaus Dieter M. damals mit den Geldscheinen gewedelt und so den späteren Täter darauf aufmerksam gemacht habe, dass bei dem 30 Jahre älteren Mann etwas zu holen sei.

Fahndungsplakat nach dem versuchten Raubmord 1987 in Köln-Ehrenfeld

Mit diesem Fahndungsplakat suchte die Kölner Polizei im Jahr 1987 nach dem Täter.

Verteidiger Khatib wies darauf hin, dass das spätere Opfer an jenem Abend seine Deckel nicht bezahlt habe – in zwei Lokalen hatten die Wirte M. nach Pöbeleien hinausgeworfen. Vielmehr habe der damals 20-jährige Mandant für die Getränke bezahlt.

Danach war man noch in die nahegelegen Wohnung des späteren Opfers gegangen. Der Angeklagte habe hier schon die Absicht gehabt, den älteren Mann zu berauben, so der Staatsanwalt. „Warum geht ein junger Kerl denn da sonst mit?“

Kölner Anwalt: Das Verbrechen in Ehrenfeld ist verjährt

Umgekehrt werde ein Schuh draus, argumentierte der Verteidiger. Man müsse die Beweggründe des Opfers hinterfragen, einen schüchternen jungen Mann mit zu sich nach Hause zu nehmen. Der Angeklagte hatte in einer späten Einlassung bekundet, Klaus Dieter M. habe ihm ans Gesäß gefasst und ihn aufgefordert, die Oberbekleidung auszuziehen. Der ältere Mann habe ihn damals an einen Schrank gedrückt. Deshalb habe er zu einem schweren Pokal gegriffen und mehrfach zugeschlagen.

Klaus Dieter M. sei dabei sehr schwer verletzt worden, er überlebte nur knapp – bei dem Angriff mit dem massiven Kegelpokal seien „alle Schädelplatten aufgeplatzt“, so drastisch formulierte es der Staatsanwalt. Geld habe der Angeklagte aber nicht mitgenommen, so der Verteidiger.

Und damit falle das Mordmerkmal der Habgier weg. Ein versuchter Totschlag hingegen sei verjährt und daher sei der Mandant freizusprechen. „Und der Rechtsstaat muss das aushalten“, resümierte Anwalt Khatib.

Köln: Schwer gezeichnetes Opfer verstarb im Jahr 2013

Der Staatsanwalt hingegen berief sich darauf, dass in der Wohnung des Opfers keinerlei Bargeld mehr gefunden wurde, obwohl dieser nur kurz zuvor Schwarzgeld für Tätigkeiten auf einer Baustelle erhalten habe. Eine sexuelle Nötigung zu behaupten, sei eine Verunglimpfung des Opfers, das schwere körperliche und psychische Folgen davongetragen hatte und letztlich im Jahr 2013 verstorben war. Ob der Angriff aus 1987 dafür ursächlich war, konnte aber nicht festgestellt werden.

Der Täter – damals Heranwachsender, weshalb Jugendstrafrecht gilt – war 35 Jahre unentdeckt geblieben, er arbeitete viele Jahre als Kellner. In anderer Sache geriet seine DNA aber in die Datenbank des Landeskriminalamtes. So konnte der heute 56-Jährige im September 2022 überführt werden. Es war der erste aufgeklärte „Cold Case“ im Rahmen einer neuen Initiative, an der auch pensionierte Mordermittler mitwirkten. Ein Urteil in dem Fall soll am 10. Mai gesprochen werden.

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