Kölner fährt Trabant P 50Trabi war für Gehroldt „Liebe auf den zweiten Blick“

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Der Trabi ist für Gehroldt ein Stadtauto. Geschwindigkeit ist nicht seine Stärke, dafür ist er klein und wendig.

Köln – Thilo Gehroldt trauert der DDR nicht unbedingt hinterher. „Über die Jahre ging es immer ein bisschen bergab.“ Aber der 51-Jährige ist schließlich im Osten aufgewachsen, erst 2001 zog er der Liebe wegen nach Köln. Wenn Thilo Gehroldt den Zweitakt-Motor seines Trabant P 50 zum Knattern bringt, ist er wieder da, der Geist seiner ersten Jahre, die er im thüringischen Gera verbrachte.

„Ein bisschen Heimat und Jugend“ verkörpere der Kleinwagen von 1960, sagt der Familienvater, der in der DDR zum Kundendiensttechniker für Hausgeräte ausgebildet wurde und sich immer für Autos interessierte. Der P 50 war der Urahn aller Trabis, gebaut mit der berühmten Duroplast-Verkleidung. Heute ist er eine Seltenheit. Für Thilo Gehroldt wurde der P 50 aber erst spät zu etwas Besonderem.

Trabant P 50 war zuerst nur „billiges Winterauto“

Mit 19 habe ich mein erstes Auto gekauft – einen Trabant von 1975. Dafür habe ich lange gespart und musste trotzdem 2000 Mark Kredit bei meiner Mutter aufnehmen. Das war 1988. Der Wagen hat mich 9000 Ost-Mark gekostet, war also 500 Mark teurer als ein neuer Trabi. Aber so war es in der DDR: Gebrauchte Autos waren meistens teurer als Neuwagen, weil man sie sofort bekam und nicht jahrelang auf die Auslieferung warten musste. Ein Trabant war zwar vergleichsweise teuer, aber man war zuverlässig unterwegs.

Russische Fabrikate wie Saporoshez oder Moskwitsch hätte man fast geschenkt bekommen. Das Image dieser Autos war einfach schlecht. Der Trabi hingegen war erstrebenswert. Denn man konnte ihn auch nach Jahren für dasselbe Geld weiterverkaufen, das man für ihn ausgegeben hatte. Bei mir war es jedoch anders: Nach der Wende wollte niemand mehr einen Trabi haben, auch ich nicht. Für eine D-Mark habe ich ihn 1991 verkauft und mir stattdessen einen Opel Kadett besorgt. Erst als das Trabant-Werk dicht machte, stiegen die Trabi-Preise allmählich an.

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Der Tacho des Trabi endet bei 120 km/h.

Für mich war das Thema Trabant nach der Wende aber erstmal abgehakt. Ich fuhr VW Passat, Opel GT und ein Käfer-Cabriolet. Erst Mitte der 1990er Jahre kaufte ich den Trabant P 50, den ich nur als billiges Winterauto verschleißen wollte. Irgendwann haben mich die Leute gefragt, wieso ich denn so ein schönes Auto als Winterauto fahre.

Söhne sind in das Hobby reingewachsen

Für mich war der Trabi bis dahin nichts Besonderes, aber durch diese Kommentare bin ich langsam wach geworden. Ende der 1990er Jahre habe ich ihn dann restauriert, zusammen mit meinem Freund Bert, der gleich nach der Wende Trabants sammelte und zum Glück alle Ersatzteile hat. Daher sein Spitzname: Trabi-Bert.

Für mich ist das ein Stadtauto. Er ist klein und wendig und hat Platz für vier. Günstig ist er auch. Deshalb habe ich auch zwei Trabis – einer war mir zu billig. Eigentlich haben wir vier. Meine beiden Söhne restaurieren mittlerweile ihren eigenen Trabi. Das Auto des Großen, der 17 ist, wird im Frühjahr angemeldet. Das Auto des 15-Jährigen ist noch nicht fertig. Daran arbeiten wir in der Halle von Trabi-Bert in Thüringen. Die beiden sind in das Hobby reingewachsen.

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Schnell fahren ist nicht seine Stärke. Vielmehr ist er laut und lahm. Trotzdem fahre ich regelmäßig nach Thüringen, aber meistens auf der Landstraße. Mit einem Wohnwagen käme man überhaupt nicht vom Fleck. Deshalb habe ich uns einen DDR-Zeltanhänger gekauft, der sehr leicht ist. Eine Anhängerkupplung war schon immer eine wichtige Ausstattung des Trabi. Ohne Anhängerkupplung war der quasi kaputt. In der DDR brauchten viele einen Anhänger für den Fall, dass es mal irgendwo Zement oder andere Baustoffe zu kaufen gab. Es wurde eben viel selbst gebaut und repariert.

Komplette Restauration mit „Trabi-Bert“

Ich habe ihn komplett restauriert, zusammen mit Trabi-Bert. Man sagt zwar, der Trabi könne nicht rosten, aber das stimmt nicht. Unten kann er durchaus rosten. Der Boden ist aus Blech, auch die Fensterrahmen und die Radkästen. Nur die Verkleidung ist aus Kunststoff, dem so genannten Duroplast. Das war Phenolharz, in das Baumwollmatten eingelegt wurden. Denn es gab kaum hochwertiges Tiefziehblech in der DDR.

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Mit der ganzen Familie und einem neuen Zeltanhänger würde Thilo Gehroldt gerne eine größere Tour unternehmen.

Den originalen 500-Kubik-Motor habe ich gegen den 600-er des Nachfolge-Modells ausgetauscht. Das brachte mehr Leistung und den originalen Motor konnte ich schonen. Außerdem habe ich Sportsitze vom Opel-Kadett und Gurte eingebaut und einen blauen Schattenspender an die Windschutzscheibe gesetzt. Die ursprüngliche zweifarbige Lackierung habe ich mit einem Lackierer wiederbelebt, ohne dabei allzu genau auf Originalität zu achten.

Oldtimer-Rallye in Sachsen und Trabi-Woche in Thüringen

Als ich später einen anderen P 50 sah, stellte sich heraus, dass wir es wirklich gut hingekriegt hatten. Zum Schluss habe ich dann das Faltdach eingebaut. Beim Aussägen der Öffnung hatte ich Angst, dass das Loch zu groß wird, da habe ich bestimmt fünf bis sechsmal nachgemessen. Schließlich war das Auto schon komplett restauriert, da steckte richtig Geld drin. Das alles hätte umsonst sein können. Aber die Dach-Öffnung passte zum Glück.

Wir haben die „Sachsen Classic 2013“ erlebt, eine Oldtimer-Rallye über drei Tage. Das Schöne war, dass Dr. Werner Reichelt bei uns mitgefahren ist, der die Kunststoff-Verkleidung des Trabis mitentwickelt hat. Das war eine Ehre für uns, weil das für das Auto so ein wichtiger Mensch war. Allerdings musste er die ganze Zeit auf der engen Rückbank sitzen. 

Ich würde gern mit der Familie und dem neuen Zeltanhänger eine größere Tour machen. Auf jeden Fall fahre ich, wie jedes Jahr, im Trabi eine Woche nach Thüringen, um alte Freundschaften zu pflegen. Da treffe ich natürlich auch Trabi-Bert wieder.

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