Ein neues Buch mit 16 Aufsätzen aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen zeigt die Veränderung des Kunstwerks über fast 1000 Jahre.
Romanisches KunstwerkNeue Forschungsergebnisse zur Bildertür in St. Maria im Kapitol veröffentlicht

St. Maria im Kapitol (Archivbild)
Copyright: Uwe Weiser
Als „Kulturerbe höchsten Ranges“ und „einen der größten Schätze Kölns“ bezeichnete Dominik Meiering, leitender Pfarrer der katholischen Innenstadt-Gemeinden, am Mittwoch die Bildertür im südlichen Seitenschiff von St. Maria im Kapitol. Das schmiedeeiserne Ziergitter davor, das in der Regel geschlossen ist, war geöffnet für die Pressekonferenz, bei der ein gewichtiges Buch präsentiert wurde: eine reich bebilderte Monografie, die auf der Grundlage kunsttechnologischer Untersuchungen die Entstehung und die Veränderungen des hochrangigen Kunstwerks über fast 1000 Jahre beschreibt.
Bildertür von St. Maria im Kapitol zählt zu den bedeutendsten ihrer Art
Um die Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden, zählt die zweiflügelige, fast vollständig erhaltene Holztür zu den bedeutendsten ihre Art aus der damaligen Zeit. Die beiden 4,85 Meter hohen und etwa 2,5 Meter breiten Flügel zeigen 25 Hochreliefs mit Szenen aus dem Leben Christi. Links geht es um die Kindheit und Jugend Jesu, rechts um die Passion und die Auferstehung. Zu den Schmuckelementen gehören wulstartige Rahmen, Perlstäbe genannte Zierleisten, Flechtbänder und Knäufe. Zu jedem Bild sind Überschriften, sogenannte Tituli, aufgemalt.

Figuren der Heiligen Drei Könige an der romanischen Holztür: An einigen Stellen sind noch Reste von Farbe zu erkennen. (Archivbild)
Copyright: Thilo Schmülgen
Jahrhundertelang verschlossen die Flügel das Portal der Nordkonche; die längste Zeit waren sie dank einer Vorhalle vor der Witterung geschützt. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie zum Schutz vor Luftangriffen an Orten fernab der Stadt gelagert, zum Beispiel im Siegerland. Weil St. Maria im Kapitol nach dem Krieg in Trümmern lag, wurde die nach Köln zurückgebrachte Tür zunächst im Dom aufbewahrt. 1950 kehrte sie in die Kirche zurück; heute steht sie im Südflügel des Querhauses.
Forschungsprojekt offenbart unterschiedliche Farbgebungen
2008 kam die Person ins Spiel, der die wichtigsten neuen Erkenntnisse über die Tür zu verdanken sind: Regina Urbanek, Professorin für Skulpturensanierung und Denkmalpflege an der TH Köln. Es begann damit, dass sie Restaurierungsarbeiten vornahm. 2018 wurde sie zu einem Kolloquium in Kroatien eingeladen, bei dem es um das ebenfalls mit geschnitzten Szenen aus dem Leben Jesu bestückte Tor der Kathedrale von Split ging. Bei der Vorbereitung auf ihren Vortrag über die Bildertür in St. Maria in Kapitol stieß sie auf Wissenslücken und Widersprüche – Anlass für sie, tiefer in die Materie einzusteigen.

Regina Urbanek vor der Bildertür in St. Maria im Kapitol
Copyright: Clemens Schminke
Im Rahmen eines Forschungsprojekts untersuchte sie die Flügel mit allen technischen Möglichkeiten. Ihre wichtigste Entdeckung: In der ersten Fassung waren die Farben, etwa Braun- und Grüntöne, nach ihren Worten „sehr pastellig“, in der zweiten, von ihr auf das Ende des 12. Jahrhundert datierten Fassung dagegen „plakativ“, kräftig, leuchtend, beispielsweise Rot und Blau. Heute sind im oberen Teil der Tür Reste der Farbgebung zu sehen; woanders ist mit bloßem Auge nichts mehr zu erkennen.
Neues Buch zur Bildertür von St. Maria im Kapitol erschienen
Urbaneks Untersuchungen führten zum Kolloquium „Die romanische Bildertür von St. Maria im Kapitol – Neue Forschungen und Thesen“, das das Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der TH Köln 2021 veranstaltete. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unterschiedlicher Disziplinen wie Kunst- und Geschichtswissenschaft, Naturwissenschaft, Kunsttechnologie, Bauforschung und Epigraphik (Inschriftenkunde) beleuchten das Kunstwerk aus ihrem jeweiligen Blickwinkel. Sie steuerten die 16 Aufsätze für die vorliegende Publikation bei, die mehr als ein Tagungsband sein will. Ein umfangreicher Katalogteil dient der Fachwelt als Grundlage für weitere Forschungen. Zugleich richtet sich das Buch an ein fachlich interessiertes Publikum.
Regina Urbanek (Hrsg.): Die romanische Bildertür in St. Maria im Kapitol – Neue Forschungen zu Kunsttechnologie und Kontext. 536 S., 900 Abbildungen. Kunstverlag Josef Fink, 39 Euro.