„Anzahl der Feiernden exponentiell gestiegen“So bereiten sich Stadt und Polizei auf den 11.11. vor

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Weiberfastnacht 2023 im Kwartier Latäng

Weiberfastnacht 2023 im Kwartier Latäng

Zehntausende werden am 11.11. zum Feiern in Köln erwartet, vor allem auf der Zülpicher Straße. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Rund drei Wochen noch, dann beginnt die jecke Zeit. Am Freitag haben Ordnungsamt und Polizei das Sicherheitskonzept für den 11.11. vorgestellt. Mit welchem Ansturm rechnet die Stadt? Wo darf wie gefeiert werden? Und warum gibt es wieder keine Alternativ-Verstanstaltung zum Zülpicher Platz? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Mit welcher Situation zum Sessionsauftakt rechnen Stadt und Polizei?

Schon in den vergangenen Jahren sei „die Zahl der Feiernden, insbesondere auf der Zülpicher Straße, exponentiell gestiegen“, sagt  Athene Hammerich, Leiterin des Kölner Ordnungsamts. Und dieses Jahr fällt der 11.11. auf einen Samstag. Deswegen gehen Stadt und Polizei davon aus, dass der Andrang in diesem Jahr besonders groß sein wird.

Mehr als 180 Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind für den Tag eingeplant, hinzu kommen mehr als 1000 private Sicherheitskräfte. Auch die Polizei plant laut Einsatzleiter Frank Wißbaum ungefähr 1000 Einsatzkräfte ein. Im Fokus steht wieder die Zülpicher Straße im Kwartier Latäng.

Wie sollen die Jecken im Kwartier Latäng feiern können?

Grundsätzlich plant die Stadt mit dem gleichen Sicherheitskonzept, das schon beim Straßenkarneval im Februar zum Einsatz gekommen ist. „Damit sind wir sehr erfolgreich gewesen“, sagte Hammerich. Das heißt: Die Zülpicher Straße wird großräumig abgesperrt, Karnevalisten haben ausschließlich über die Roonstraße und über die Uni-Mensa Zugang zur Zülpicher Straße. In beiden Eingangsbereichen gibt es mehrere Kontroll- und Sperrmöglichkeiten. Für Anwohner und Gewerbetreibende wird es separate Eingänge geben. Mit einem Ausweis erhalten Anwohner aber auch an allen Sperren Zugang.

Karte des Sicherheitskonzepts Kwartier Latäng am 11.11.

Sicherheitskonzept Kwartier Latäng am 11.11.

Erneut kommt auch die Uniwiese als Ausweichfläche zum Einsatz, sollte es auf der Zülpicher Straße zu voll werden. Dieser Plan hatte bereits im Vorfeld für Kritik gesorgt. Vor allem die Grünen und die Umweltschutzorganisation BUND fürchten massive Bodenschäden durch Müll und Glasscherben. Außerdem handele es sich um ein Landschaftsschutzgebiet.

Ordnungsamtschefin Hammerich verteidigte die Entscheidung: „Wenn die Zülpicher Straße vollläuft, entsteht eine gefährliche Situation. Irgendwohin müssen die Leute dann. Und die Uniwiesen sind unserer Meinung nach die sicherste Lösung.“ Man habe zahlreiche alternative Ausweichflächen geprüft, doch bisher noch keine gefunden, die so sicher sei wie die Uniwiese. Um Rasenschäden zu vermeiden, werde die Wiese mit Platten abgedeckt, die auch bei Rockkonzerten in Fußballstadien zum Einsatz kommen.

Warum gibt es keine Alternativ-Veranstaltung zur Zülpicher Straße?

Vor allem Anwohner beschweren sich seit Jahren über die Zustände in ihrem Veedel rund um den Karneval. Noch am Freitag demonstrierte die „Bürgergemeinschaft Rathenauplatz“ unter dem Motto „Wir sind ein Veedel und kein Ballermann!“ gegen „die Enteignung unseres Veedels durch das Feiervolk“.

Daniel Kölle, Leiter der Stabsstelle Events, Film und Fernsehen, Frank Wißbaum, Einsatzleiter der Polizei Köln, Athene Hammerich, Leiterin des Ordnungsamtes der Stadt Köln, und Jens Westendorf, Leiter des Koordinierungsstabes (v.l.)

Daniel Kölle, Leiter der Stabsstelle Events, Film und Fernsehen, Frank Wißbaum, Einsatzleiter der Polizei Köln, Athene Hammerich, Leiterin des Ordnungsamtes der Stadt Köln, und Jens Westendorf, Leiter des Koordinierungsstabes (v.l.)

Schon länger steht auch deswegen die Idee im Raum, den Andrang auf die Zülpicher Straße durch eine Alternativ-Veranstaltung zu entzerren. „Bisher“, so Daniel Kölle, Leiter der Stabsstelle Events, Film und Fernsehen bei der Stadt, „hat sich aber kein Veranstalter gefunden, der die finanziellen Ressourcen und das Sicherheitskonzept vorlegen konnte, um so etwas durchzuführen.“ Kölle beteuerte aber, dass es auch im Interesse der Stadt sei, „im Zülpicher Viertel eine Veränderung zu erreichen“.

Wie will die Polizei die Synagoge auf der Roonstraße schützen, die mitten im Feiergebiet liegt?

Der Schutz der Synagoge liege der Polizei besonders am Herzen, betont Polizeieinsatzleiter Frank Wißbaum. „Das war schon immer so und ist seit dem 7. Oktober (dem Angriff der Hamas auf Israel, d. Red.) verstärkt so.“ Am 11.11. werde die Polizei „viel dafür tun“, die Synagoge aus dem Karnevalstreiben heraus zu halten, sagte Wißbaum. Das Gotteshaus an der Roonstraße werde eingezäunt und auf beiden Seiten der Absperrung von Polizisten bewacht. Man werde gegen alle, die meinten, sich insbesondere vor der Synagoge, aber auch anderswo in der Stadt, falsch verhalten zu müssen, konsequent und niederschwellig einschreiten.

Er wolle keine Bilder von Menschen, die etwa mit einer Waffenattrappe in der Hand „Free Palestine“ riefen. „Achten Sie auf Ihre Kostümierung und die Dinge, die Sie mit sich führen. Erwecken Sie nicht den Eindruck, es könnte sich um eine echte Waffe handeln.“ Es verbiete sich schon allein aus moralischen Gründen, ein Kostüm zu wählen mit Bezug zu Terror oder Kriegshandlungen, sagte Wißbaum. Bestimmte Äußerungen im Zusammenhang mit den Überfällen auf Israel können auch strafbar sein, zum Beispiel wenn es um Volksverhetzung, Billigung von Straftaten oder um die öffentliche Aufforderung zu Straftaten geht.

Wie will die Stadt diesmal sichergehen, dass alle Beschäftigten der privaten Sicherheitsdienstleister auf Qualifikationen hin geprüft sind? Und wie soll verhindert werden, dass erneut Security-Personal Feiernde gegen Schmiergeld in die gesperrte Feierzone lässt?

Ordnungsamts-Chefin Athene Hammerich kündigte für den 11.11. ein „neues Check-In-System“ für die mehr als 1000 privaten Sicherheitskräfte an. Alle Namen würden digital erfasst, außerdem werde genau dokumentiert, welcher Mitarbeiter und welche Mitarbeiterin an welcher Sperrstelle eingesetzt sei. Jeder und jede Beschäftigte erhält ein Armbändchen und eine Weste mit einer individuellen Nummer. „Wenn wir Kenntnis bekommen, dass jemand an einer Sperre etwas tut, was er nicht tun sollte, können wir den Betreffenden genau zuordnen und gegebenenfalls der Staatsanwaltschaft melden“, sagte Hammerich. Jede Securityfirma sei einem bestimmten Sektor zugewiesen. Außerdem hielten die Firmen diesmal ungefähr hundert vorab überprüfte Sicherheitskräfte als Backup bereit, sollte am 11.11. kurzfristig Personal ausfallen. Hammerich ist zuversichtlich, dass das auch klappt: „Man hat es uns in die Hand versprochen.“

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