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„Existenz im Schutt und Asche“Prozess um schwere Brandstiftung in Kölner Apotheke wird fortgesetzt

Lesezeit 3 Minuten
Eine Apotheke auf der Deutzer Freiheit ist Ende Dezember 2022 ausgebrannt.

Eine Apotheke auf der Deutzer Freiheit ist Ende Dezember 2022 ausgebrannt.

Der Prozess um die schwere Brandstiftung einer Deutzer Apotheke ist am Montag im Kölner Landgericht fortgesetzt worden.

Als die Inhaberin der Apotheke im Alten Rathaus am Morgen des 16. Dezember 2022 zu dem Wohn- und Geschäftshaus kam, in dem sich das Ladenlokal befindet, sah sie ihre „Existenz im Schutt und Asche“. So beschrieb sie ihren Eindruck am Montag im Landgericht. „Es war ein traumatisches Erlebnis.“

Während sie davon und von den Folgen des Brands erzählte, saß wenige Meter von ihr entfernt der Angeklagte. Dem 41 Jahre alten Mann wird vorgeworfen, in die Apotheke eingebrochen zu sein und dort einen Brand gelegt zu haben, der einen enormen Schaden verursachte. Den Einbruch hat er zugegeben, für das weitere Geschehen macht er Erinnerungslücken geltend.

Als er der Apothekerin eine Entschuldigung anbot, reagierte die 46-Jährige schroff: „Es gibt Dinge, die sind nicht entschuldbar.“ In dem Haus würden Menschen leben und arbeiten. Der Angeklagte habe während ihrer Aussage „nicht mal geguckt, wer hier sitzt“.

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Brandschaden über 700.000 Euro in Kölner Apotheke

Seit zwei Wochen ist die Apotheke im Alten Rathaus wieder geöffnet. „Die vergangenen sechs Monate waren wahrscheinlich die schwersten meines Lebens“, sagte die Zeugin, die 20 Mitarbeitende beschäftigt. Direkt nach dem verheerenden Brand habe es gegolten, Patienten des Pflegediensts weiter mit Medikamenten zu versorgen und die Fortsetzung der Chemotherapie von Krebskranken sicherzustellen.

Dies sei über ihre zweite Apotheke in Deutz gelungen. Für den Schaden in Höhe von 700.000 Euro, entstanden durch die Zerstörung der Einrichtung und die Betriebsunterbrechung, sei die Versicherung aufgekommen. Auch andere Teile des Gebäudes seien beschädigt worden, so sei etwa die Wohnung über der Apotheke komplett verrußt gewesen.

Landgericht Köln: Entscheidung über Steuerungsfähigkeit des Täters

Entscheidend für die Urteilsfindung ist, ob der seit langem schwer drogenabhängige Täter steuerungsfähig war. Zu dieser Frage erstattete ein forensischer Psychiater ein Gutachten. Kaum aus einer mehrwöchigen Entgiftung entlassen, hatte der Angeklagte wieder angefangen, vor allem Benzodiazepine zu konsumieren. In die Apotheke brach er ein, um sich weitere Rauschmittel zu beschaffen. Für diesen Teil des Tatgeschehens konstatierte der Sachverständige, der Angeklagte habe rational und „plausibel“ gehandelt, was auf Steuerungsfähigkeit schließen lasse.

Anders verhalte es sich bei dem, was darauf folgte. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann, der sich merkwürdigerweise mit einem Kosmetikgutschein als Beute begnügte, nun versuchte, sich durch ein viel zu kleines Fenster nach draußen zu zwängen, und von einem Zeugen, der seine Beine umklammerte, daran gehindert wurde. Der Einbrecher habe sich nach innen fallen lassen, ein Kopfkissen in Brand gesteckt und damit Gegenstände angezündet.

Verteidigerin und Staatsanwältin plädieren am Freitag in Köln

Wozu? Unter dem Einfluss der Drogen sei die Steuerungsfähigkeit offenbar vermindert gewesen, sagte der Gutachter. Dass gänzliche Steuerungsunfähigkeit nicht auszuschließen sei, könne er jedoch nur „zähneknirschend“, das heißt mit erheblichen Zweifeln, sagen. Zumal der Angeklagte sich zum Schluss wieder zielgerichtet verhalten habe: Er suchte sich einen Fluchtweg über ein Mäuerchen auf ein Nachbargrundstück. Allerdings räumte der Psychiater ein, die Extremsituation mit dem ausbrechenden Brand könne beim Täter einen Stress erzeugt haben, der der Berauschtheit entgegenwirkte und ihn für Momente wieder klarer sehen ließ.

Einig sind sich alle Prozessbeteiligten, dass der 41-Jährige in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden soll. Während die Verteidigerin von der Schuldunfähigkeit ihres Mandanten bei der Brandstiftung ausgeht, sagte die Staatsanwältin, sie tendiere zum Gegenteil. Am Freitag sollen beide plädieren. Ob die 10. Große Strafkammer dann schon das Urteil sprechen wird, ist offen. (cs)