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Gegen das VergessenStolpersteine am Eigelstein erinnern an zwei Brüder

Lesezeit 3 Minuten
Mehrere Menschen stehen vor einem Schaufenster mit Brautmoden, im Pflaster vor dem Geschäft sind zwei brandneue Stolpersteine verlegt worden.

Retrogott rappte bei der Stolpersteinverlegung Liedzeilen, die seinem Vater gelten.

Am Eigelstein erinnern zwei Stolpersteine an Karl und „Toni“ Kaufhold, die das KZ überlebten, aber ihr Leben lang durch den Terror gezeichnet blieben.

Retrogott rappte zur Verlegung der Stolpersteine vor dem Haus am Eigelstein 54-56: „Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und der Hass kam…wurde er als Mischling deklariert, nicht einmal toleriert. 1942 wurde seine Großmutter deportiert. All das lehrte ihn, die Wertlosigkeit seiner Werte. Wenn Du auf der falschen Seite stehst….“ Den Song „Andenken“ schrieb der Kölner Musiker für seinen Vater, der halbjüdischer Herkunft und als Überlebender des Holocausts davon für immer gezeichnet war. Sie passten aber auch perfekt zu dem, was den beiden Männern widerfahren ist, an die nunmehr mit zwei Stolpersteinen am Eigelstein wird.

Kaufhold wurde im EL DE-Haus verhört, kam dann nach Buchenwald

Karl Kaufhold wurde am 24. Juni 1908 in Düsseldorf-Eller geboren. Als „Mischling ersten Grades“, wie es in der Sprache der Nazis hieß, lebte nach ihrer Machtergreifung in ständiger Angst, die sich im August 1943 als begründet erwies: Er wurde in seiner Wohnung am Eigelstein verhaftet und bis Anfang November im EL DE Haus verhört und von dort wurde er nach Buchenwald verschleppt, wo er in einem KZ-Außenlager Zwangsarbeit verrichten musste und seine körperliche Gesundheit ruiniert wurde.

Zwei nagelneue Stolpersteine sind bereit, im Pflaster verlegt zu werden.

Zwei glänzende Stolpersteine erinnern nun an die Brüder Kaufhold.

Auch sein am 8. September 1914 geborener Bruder „Toni“, eigentlich Antonius, der oft bei Karl am Eigelstein zu Gast war, wurde in Köln im Sommer 1943 festgenommen und durch die Gestapo verhört. Er galt als schwul und so wurde sein Name auf den Transportlisten mit dem früheren Paragrafen 175 StGB gebrandmarkt, der Homosexualität unter Strafe stellte. Die Listen belegen, dass er ebenfalls Anfang November 1943 in das KZ Natzweiler im besetzten Elsass und dann nach Ravensbrück verschleppt wurde. Auch er konnte durch die Amerikaner befreit werden – zumindest körperlich. Diese Stolpersteinverlegung thematisierte das Leid der Überlebenden, die vom Holocaust für immer gezeichnet blieben. Roland Kaufhold, Enkel von Karl Kaufhold, hatte sie mit Unterstützung von Reinhold Goss und dem Bürgerverein Eigelstein initiiert. Ausnahmsweise verlegte der Erfinder der Steine, Künstler Gunter Demnig, sie nicht selbst, sondern Mitarbeiter der Stadt.

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Partnerschaftsverein hilft im von der Hamas überfallen Kibbuz in Israel

Axel Baum vom Partnerschaftsverein Solidarität Bergisch Gladbach Nir Oz, zu dem auch Kölner und Kölnerinnen gehören, hat im Kibbuz, wo ein Viertel der Einwohner und Einwohnerinnen am 7. Oktober von der Hamas ermordet oder verschleppt wurden, dem Kibbuz-Mitbegründer, Ron Pauka die Frage gestellt, ob sie sich noch in der Lage sehen würden, wieder mit den Palästinensern ins Gespräch zu kommen. Der bejahte das mit einem schlichten Argument: „Wir haben es ja auch mit den Deutschen geschafft.“ Anna Sodki schilderte ihre eigenen Erfahrungen. „Es wurde in Gesprächen im Kibbuz, deutlich, dass das Trauma uns, deren Verwandte die Shoa erlebt haben, noch prägt. Es wirkt in uns noch immer fort.“ Vielen erschien der 7. Oktober wie eine Fortsetzung.

An die 53 noch immer inhaftierten Geiseln, zu denen auch acht Deutsche gehören, erinnert nunmehr die Initiative „Run for Their Lives“ weltweit, und zwar mit jeweils 18-minütigen Gedenkwalks. Die Kölner Gruppe, zu denen auch Roland Kaufhold gehört, macht jeden Sonntag um 15.30 Uhr mit einem Spaziergang im Grüngürtel und Bildern der Verschleppten auf sie aufmerksam. „Wir lassen andere an sie denken, wenn sie uns sehen und hören, über uns stolpern“, sagte Gruppenmitglied Julia Goldberg-Katz. Engagement für demokratische Werte sei in jeder Hinsicht wichtig, mahnte Reinold Gross: „Wenn wir nun erleben, was in den USA gerade geschieht“, betonte er, „wie schnell Freiheiten und Menschenrechte genommen, wie Menschen unsichtbar gemacht werden, dann ist das ein deutliches Zeichen, dass wir hart darum kämpfen müssen. Wenn die Freiheit weg ist, ist sie weg!“