Zwischen Glühweinschiff und Schokoladenmuseum traut ein Kölner Puppenspieler als Kapitän Klabauter verliebte Paare für 24 Stunden – auf Probe.
Kölner Hafen-WeihnachtsmarktKapitän Klabauters Hochzeiten auf Probe

Hochzeit auf Probe: Kapitän Klaas Klabauter verheiratet auf dem Hafen-Weihnachtsmarkt auf Wunsch Liebespaare für 24 Stunden.
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Ein Zylinder, ein Schleier, ein verliebter Blick: Ina Wolff und Jacqueline Prophel strahlen sich an, während sie gemeinsam ein hölzernes Steuerrad festhalten. Kapitän Klaas Klabauter trägt mit feierlicher Stimme vor: „Gelobt ihr gemeinsam den Kurs ins Glück zu halten, auf das euch weder Sturm noch Flaute aufhalten, so antwortet mir gemeinsam mit ,Aye, Captain!'“ Das Brautpaar antworten fast zeitgleich mir: „Aye, Captain!“ Ihre Trauzeugin trägt einen Hut, der auch einem Piraten aus Fluch der Karibik gut stehen würde. Gleich nach dem Ringtausch wollen die beiden mit einem Glühwein vom Holzschiff „Trudel“ anstoßen.
„Ich bin immer noch ein bisschen aufgeregt“, sagt Prophel nach der Zeremonie. Ein Jahr sind sie nun zusammen – und nun für die nächsten 24 Stunden offiziell Seefrau und Seefrau.
Kapitän Klaas Klabauter traut sich liebende Menschen auf dem Hafen-Weihnachtsmarkt am Bug des Glühweinschiffes, direkt gegenüber vom Schokoladenmuseum. Wenn er ohne Kapitänsmütze unterwegs ist, heißt er Andreas List und arbeitet eigentlich als Puppenspieler. Wolff und Prophel gehören zu seinen ersten „Brautpaaren“ dieser Saison. Ab Ende November traut er immer mittwochs zwischen 16 und 19 Uhr – für jeweils 24 Stunden, „quasi auf Probe“.
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Nach der Trauung gab es auch eine Urkunde für Ina Wolff (l.) und Jacqueline Prophel.
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Wer sich anmeldet, werde auch getraut und das kostenfrei. Schon ganze Freundesgruppen habe List verheiratet. Fünf beste Freundinnen waren einmal dabei. Das Steuerrad, das er aus seiner gestreiften Tasche am Anfang der Zeremonie zieht, steht für den gemeinsamen Kurs. Und falls jemand in der Beziehung zu kentern droht, hat er auch einen kleinen Rettungsring dabei. Kommt großer Seegang, sagt Klabauter, „ist mal die eine oben, mal der andere – wie auf einem Segelschiff“. Wer schon einmal gesegelt sei, wisse, wie wichtig Zusammenhalt und Vertrauen seien. „Genau wie in einer Ehe.“
List ist zwar kein echter Kapitän, aber seit Kindertagen fasziniert von der Seefahrt. Schon als Kind ging er zu Karneval als Pirat. Was ihn am Segeln besonders begeistert, ist das Miteinander an Bord. Seine Kapitänsfigur sei schelmisch, aber liebevoll – und spricht natürlich Kölsch. Seit 2019 verkörpert er den Klaas Klabauter, nachdem er seinen Vorgänger ablöste. Der sei als Kapitän ein wenig ernster gewesen: „Jeder macht sein eigenes Ding daraus.“
Ein Geschichtenerzähler
Etwa 100 Menschen hat er mittlerweile getraut. Besonders berührt habe ihn ein älteres Paar, beide verwitwet: Eine richtige Hochzeit hätte ihnen die Witwenrente gekostet. „Meine Zeremonie war für sie ein Ersatz – das war wirklich bewegend.“ Andere Paare sehen es einfach als Spaß oder nutzen es als Wink mit dem Zaunpfahl. Letztes Jahr traute er eine Kollegin – für deren Partner als Überraschung. Inzwischen haben die beiden „in echt“ geheiratet. „Sie hat mir ein Foto der Ringe geschickt – mit eingraviertem Steuerrad.“
Eine Trauung dauert etwa 15 bis 20 Minuten, pro Mittwoch hat List Platz für sechs Paare. Der Saisonstart laufe meistens langsam an, später seien die Termine schnell vergeben. Seine „rudimentäre Schauspielausbildung“, wie er selbst sagt, helfe ihm bei der Rolle: Vieles sei improvisiert, er müsse sich schließlich auf die Menschen einlassen, sie kennenlernen in der kurzen Zeit. Als Geschichtenerzähler könne er das.
Die Idee zur Kapitänsrolle stammt von Edwin Kroll, dem Veranstalter des Hafen-Weihnachtsmarkts: Zu einem Hafen gehöre ein Kapitän – und das Gerücht, dass Kapitäne Trauungen vollziehen dürfen, halte sich hartnäckig. Auch wenn die Zeremonien nichts mit den Hochzeiten auf dem „Traumschiff“ gemein haben, sorgen sie für gute Stimmung. An den anderen Markttagen ist List als Marktmeister unterwegs – mit Bauchladen-Puppentheater. Die Atmosphäre unter den Schaustellern beschreibt er als familiär. Einige von ihnen hat er ebenfalls schon „getraut“.
Nächstes Jahr soll sich das Konzept des Marktes ändern. Es könnte also Lists letzte Saison als Kapitän Klabauter sein. „Deshalb will ich sie noch einmal richtig genießen.“ Anfangs sei er skeptisch gewesen, aber mit der Zeit sei er in die Rolle hineingewachsen. „Manchmal braucht es eben ein bisschen länger, bis der Groschen gefallen ist.“
Am Ende jeder Zeremonie – nach Kuss und Applaus – überreicht Klabauter eine Urkunde. Auch Ina Wolff wollte ihre Partnerin überraschen. Die beiden führen eine Fernbeziehung. Prophel kommt aus Oldenburg, vom „echten Meer“, und hat sogar einen Segelschein. Wolff hatte im vergangenen Jahr von der Aktion gelesen – und fand es passend, dass Prophel ausgerechnet an diesem Mittwoch in Köln war. „Ich wollte ihr ein bisschen kölsche Lebensart näherbringen“, scherzt sie. Prophel lacht und ergänzt: „Damit der Umzug nach Köln auf jeden Fall stattfindet.“

