Elektronische Hommage an VeedelKölner Musiker veröffentlicht neue Platte „Agnes“

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Nesjeu Johannes Hagen

Johannes Hagen vor der Agneskirche, der er sein Lied „Agnes“ gewidmet hat.

Köln – Die Geräuschkulisse war perfekt. Die Sinne von Johannes Hagen, der sich als Musiker Nesjeu nennt, waren geschärft, als die Stille während des coronabedingten Lockdowns ihn zum näheren Hinhören bewegte. Mit einem Smartphone ausgerüstet, streifte der 27-Jährige immer wieder durch vertraute Orte im Agnesviertel und dokumentierte Geräusche, aus denen er vier kurze, elektronische Stücke bastelte.

Aus diesem Klang-Experiment ist die EP „Agnes“ entstanden. Die Hommage an sein Veedel ist gerade einmal sechs Minuten und 51 Sekunden lang. „Es sind vier Blickwinkel aus dem Agnesviertel, die sich zu einem Track zusammenfinden sollen. Sie sind nach Orten benannt, die mich besonders geprägt haben“: „Neusser“, „Agnes“, „Suderman“, „Merlo“. Auf dem Cover der Platte ragen die Altbauten der Weißenburgstraße in die Höhe. Der Turm der Agneskirche bildet den Abschluss vor einem Himmel in Vintage-Rosa. Der Neusser Platz ist mit seinen Blumenkästen ein beliebter Treffpunkt. Ein Potpourri aus Generationen und Klängen, so Nesjeu. Auch der Sudermanplatz lebe von seiner quirligen Atmosphäre: Am italienischen Restaurant schnappe man gelegentlich italienische Wortfetzen auf.

Agnes – die Hüterin des Kölner Agnesviertels

„Im Stück hört man auch ein bisschen das »Ah, Ciao!«“ Dabei klingt „Suderman“ ein wenig melancholisch. „Mehr als trüb war das eher ein Gefühl von in der Schwebe hängen, gerade während des Lockdowns. In »Suderman« soll auch das Getragene, das Nachtleben erklingen“. Und Agnes habe er sich als eine Art Hüterin des Viertels vorgestellt. „Wie eine Person, die hier von hoch oben auf das Viertel hinabblickt und sich freut. Die Agneskirche ist ja nach der damaligen Frau des Stifters benannt“. Das war der Religionslehrer, Bauunternehmer und Reichstagsabgeordnete Peter Joseph Roeckerath, der von 1837 bis 1905 lebte.

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Die meisten Töne hat Nesjeu analog erzeugt. Von einem Freund bekam er einen alten Synthesizer. „Das ist ein ganz simples Teil, es hat 32 Presets, sogenannte vorgefertigte Klänge. Ich habe lange daran rumgeschraubt, weil ich ja Zeit hatte“. Im Rauschen liegt der Reiz des Klanges, findet Nesjeu, der sich bewusst für eine Lo-Fi-Produktion – also mit recht einfachen Mitteln – entschieden hat. „Ich habe den Klang natürlich im Tonstudio digital bearbeitet. Aber dieses retromäßige, dieses Wobbeln, das Schwanken und Wackeln der Töne, das bekommt man sonst nicht hin.“

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Der Unterschied sei vergleichbar mit einer echten Gitarre oder dem Klang eines synthetischen, eingespielten Instruments. Es dringen willkommene Störgeräusche hervor, die davon zeugen, dass die Musik aus dem Zimmer heraus entstanden ist. Nesjeu ist stolz auf sein Projekt. Und will eigentlich noch mehr veröffentlichen.

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Derzeit arbeitet der gebürtige Bonner als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem linguistischen Forschungsprojekt in Köln. Linguistik mache ihm sehr viel Spaß, auch weil er Sprachen liebe, aber im Herzen sei er eben doch Musiker. „Ich singe, rappe, spiele Gitarre, Bass und habe auch Klarinette gelernt. Ich will mit meiner Musik noch viel mitteilen“. Wie sein neues Werk in seinem Umfeld aufgenommen wurde? „Meine Freunde sind meine größten Supporter. Meine Eltern auch. Mein Vater ist total in elektronische Musik vernarrt. Er gehörte zur Krautrock-Generation, denen der Rock schon zu Mainstream war. Das habe ich als Kind auf die Ohren bekommen“.

Bleibt noch die Frage: Wie kommt man auf den Künstlernamen „Nesjeu“? „Ich habe ein Jahr in Paris gelebt. Nesjeu bedeutet Jeunesse (französisch für Jugend) in der Jugendsprache „Verlan“, bei der die Silben spielerisch vertauscht werden.“ Und „Jeunesse“ wiederum ähnelt der französischen Aussprache seines Vornamens.

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