Kölner schreibt musikalische Porträts„Jeder Hund verdient ein eigenes Lied“

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Der Musiker Nicolai Burchartz (l.) hat über Kenny, den Chihuahua von Hon Tai-Shiau, einen Song geschrieben.

Köln-Innenstadt – Nein, ein Schmuse- und Schoßhund ist Kenny ganz sicher nicht – auch wenn man ihn aufgrund seines zierlichen Aussehens zunächst für einen solchen halten könnte. Der elfjährige Chihuahua-Rüde von Hon Tai-Shiau, Inhaber der Boutique „Bob 10.5.10“ am Brüsseler Platz 6, hat es in sich: Er kann ganz schön kratzbürstig und selbstbewusst sein – dann knurrt und bellt er Zwei- und Vierbeiner schon einmal forsch an, die ihm zu nahe kommen.

Wachhund am Brüsseler Platz in Köln

Wenn er nicht stolz über den Bürgersteig vor dem Laden flaniert und auf seiner Meile nach dem Rechten schaut, liebt er es, gegenüber dem Eingang Wache zu halten und die Passanten zu scannen. Oder er nimmt sich eine Auszeit in seinem Körbchen, die in der Boutique für ihn bereit steht.

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Kenny, der Fashion-King vom Brüsseler Platz

Gerade wegen seines ganz besonderen Wesens liebt ihn die Kundschaft der Boutique; er ist über die Zeit zum Maskottchen des Ladens geworden. Diesem einzigartigen Charakter hat der Musiker Nicolai Burchartz einen seiner Hunde-Songs gewidmet, die er auf seiner CD „Platz! für mehr Gefühl“ veröffentlicht hat.

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Musikalische Hunde-Porträts

Darauf befinden sich neben dem Lied für Kenny weitere musikalische Portraits von bemerkenswerten Hunden, die er seit 2016 schreibt. Kenny half dem Boutique-Besitzer auch dabei, über den Verlust seines vorherigen Hundes hinweg zu kommen. „Als Kennys Vorgänger, mein West-Highland-Terrier Bob, nach 15 Jahren von mir ging, wollte ich zuerst keinen Hund mehr“, erinnert sich Shiau. „Doch ein paar Tage später traf ich Kenny, der damals drei Monate alt war und mit seiner damaligen Halterin unterwegs war.“ Als er mit der jungen Frau auf der Straße ins Gespräch kam, stellte sich heraus, dass sie sich überfordert fühlte, und sie befürchtete, wegen ihrer damals vor dem Beginn stehenden Ausbildung nicht mehr genügend Zeit für ihn zu haben. „Sie wollte mir den Hund am liebsten direkt auf der Straße überlassen. Ich nahm Kenny dann für einen Tag zu mir, während sie auf der Berufsschule war. Und ich dachte direkt: Das ist mein Hund.“

„Hon Tai-Shiau ist derjenige, der am Anfang am wenigsten enthusiastisch über seinen Hund gesprochen hat“, erinnert sich der freiberufliche Musiker Burchartz schmunzelnd, der neben den Hundesongs auch weitere musikalische Projekte verfolgt sowie für Sofa- und Fensterkonzerte auf Tour geht. Schließlich sei Kenny ein Hund, dessen Vertrauen und Zuneigung einem nicht zufliege, sondern man sich erarbeiten müsse.

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Kenny hält am Brüsseler Platz in Höhe „seiner“ Boutique Wache. 

Burchartz wohnte früher in Nippes, ist aber inzwischen mit seiner Familie nach Wuppertal gezogen. Nichtsdestotrotz schaut er aber regelmäßig in seiner alten Heimat Köln vorbei, auch in Shiaus Boutique. Die beiden sind inzwischen gut befreundet, wozu Kenny natürlich auch seinen Beitrag geleistet hat. „Wenn ich das Lied spiele, sage ich zunächst immer, dass sich die Leute einen ganz gefährlichen Hund vorstellen sollen. Wenn dann die Zeile mit dem Chihuahua kommt, lachen alle.“ Das Lied war zugleich einer der ersten Hunde-Songs, den Burchartz textete und komponierte.

Unter den musikalischen Hundeportraits ist auch eines von Burchartz' eigener, mittlerweile verstorbenen Hündin Frida, die ihn sieben Jahre begleitet hat und der er sein allererstes Hundelied gewidmet hat. „Der Song kam immer gut an, wenn ich ihn vorspielte“, erinnert sich der Musiker. „Schließlich fragten mich Hundebesitzer, ob ich nicht weitermachen will und auch ein Lied über ihren eigenen Hund schreiben mag. So ist nach und nach die CD entstanden."

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Unter den weiteren porträtierten Vierbeinern ist die aus schlimmsten Bedingungen in Rumänien stammende Josie, die in ihrer neuen Familie trotz ihrer schweren Traumata lernte, wieder Vertrauen in Menschen zu fassen. Auch die Mischlingshündin Grutzi, die aufgrund ihrer Behinderung mit einem Lauf-Radgestell unterwegs ist, das die Hinterbeine ersetzt, wurde besungen. 

„Jeder Hund verdient ein eigenes Lied“, findet Nicolai Burchartz. Derzeit sammelt er weiter – wer sich als Besitzer ein solches wünscht, kann gerne auf ihn zugehen. „Wenn ich mich mit einem Hund und dem Halter treffe, schaue ich immer, was die Besonderheiten und Eigenarten des Hundes sind“, erläutert Burchartz. „Über die Hunde zu schreiben, ist zugleich über deren Herrchen oder Frauchen zu schreiben. Denn durch Hunde kommen die Menschen an ihre Emotionen dran.“ 

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