Keine ElternbeiträgeKölner Kitas in Finanznot – Zukunft von 50 Einrichtungen ungewiss

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Toni Abbruscato Zebra Köln

Toni Abbruscato und ihrer bilingualen Kita „Z.E.B.R.A e.V.“ fehlen plötzlich 80.000 Euro.

Köln – Sie heißen Windröschen, Rehkids, Zebras oder Luftikus – und sie haben ein Problem. Viele kleine, unabhängige Kitas in Köln haben bislang zusätzliches Geld von den Eltern bekommen. Nur so konnten sie überleben, denn die Stadt übernimmt für solche Kitas nur 92,2 Prozent der Kosten. Bleibt eine Lücke, die bislang durch die Elternbeiträge geschlossen wurde. Nur: Diese Elternbeiträge dürfen die Kitas jetzt nicht mehr einnehmen. Das hat die Stadt vor einigen Wochen klargestellt. Und damit für Ratlosigkeit bei Kita-Leitungen und Eltern gesorgt. Woher soll das Geld sonst kommen?

„Wir haben drei Schreiben mit der Aufforderung bekommen, dass wir versichern müssen, diese Elternbeiträge nicht mehr einzunehmen“, erzählt Neda Danesh, Leiterin der Kindertagesstätte Windröschen. „Ich habe beim Jugendamt angerufen und gefragt: Was ist denn die Alternative? Und die Mitarbeiterin sagte mir, es gebe keine Alternative.“ Das Jugendamt könne ja die Trägerschaft übernehmen, war die Antwort auf ihre Frage, was denn sei, wenn sie nun schließen müssten.

Kleine Kitas in Köln bringen Vielfalt

Viele Kitas in Köln werden von der Stadt, den Kirchen oder großen Trägern wie Fröbel betrieben. Sie decken ihren Trägeranteil, wie die Finanzierungslücke offiziell heißt, durch Steuern oder Geld von Unternehmen. Das können die kleinen, unabhängigen Kitas natürlich nicht. Dafür bringen sie Vielfalt in die Kölner Kita-Landschaft. Sie sind besonders familiär und haben spezielle Schwerpunkte. „Man kann uns vielleicht vergleichen mit einer Bäckerei, die ihre Brötchen selber nach eigener Rezeptur backt und keiner Kette angehört“, sagt Neda Danesh. Sie ist Motopädin und deswegen steht bei den Windröschen die Bewegung im Vordergrund.

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Bei der Kita „Z.E.B.R.A e.V.“ wird deutsch und italienisch gesprochen, außerdem orientiert sich Leiterin Toni Abbruscato an der italienischen Reggio-Pädagogik. Ohne die zusätzlichen Elternbeiträge fehlen den Zebras um die 80.000 Euro im Jahr, schätzt sie. „Wir wollen kämpfen, jeder schaut sich nach möglichen Geldquellen um. Aber: 80.000 Euro kann man nicht mal eben mit einem Flohmarkt einnehmen. Im schlimmsten Fall müssen wir Konkurs anmelden.“

Sie habe das Gefühl, dass die vielen kleinen Kitas von der Stadt gar nicht gewollt seien: „Vielleicht möchte man da auf dem Markt mal aufräumen und uns in die Arme von großen Trägern drängen. Wir als kleine Fische haben keine Lobby.“ Dabei war Ihre Kita sogar für den deutschen Kita-Preis nominiert: „Größe allein ist doch kein Qualitätsmerkmal!“

Kritik an der Kommunikation der Stadt Köln

Dass die Eltern für ihre Kitas zusätzlich zahlen müssen, finden beide Leiterinnen grundsätzlich nicht gut: „Es ist ja klar, dass sich das nicht alle Eltern leisten können. Aber es muss halt eine Alternative dazu geben. Und die fehlt, genauso wie die Kommunikation vonseiten der Stadt“, sagt Neda Danesh. Etwa 50 Träger in Köln haben gerade dasselbe Problem wie sie. Dabei waren extra Elternbeiträge in NRW nach Angaben des Familienministeriums noch nie vorgesehen. Aber offenbar von der Stadt geduldet. Warum die Verwaltung in der Sache ausgerechnet jetzt aktiv wird? Wohl weil das NRW-Kinderbildungsgesetz (KiBiz) Ende des vergangenen Jahrs reformiert wurde. Und darin werden Zusatzbeiträge für Eltern nochmal ganz explizit ausgeschlossen.

„Die Stadt muss einspringen“

Auf Anfrage antwortet das Jugendamt: „Das neue KiBiz hat insgesamt vielfältige Auswirkungen, die zurzeit von der Verwaltung analysiert und dann dem neu zu gründenden Jugendhilfeausschuss dargelegt werden.“ Das hilft den Kitas in ihrer akuten Notlage nicht weiter. Für Toni Abbruscato liegt die Lösung auf der Hand: „Die Stadt muss einspringen. Schließlich wird das in anderen Kommunen auch so gemacht.“ Zum Beispiel gleich nebenan in Bergisch Gladbach. Hier übernimmt die Stadt immerhin 99 Prozent der Kosten für „finanzschwache Träger“.

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In ihrer Not haben jetzt einige Eltern oder Kita-Leitungen Fördervereine gegründet. Das ist ziemlich viel Organisationskram und verursacht auch noch zusätzliche Kosten für Konto und Notar, erzählt Volker Taake, dessen Kinder zur „Windröschen“-Kita gehen. Und rein zufällig zahlen alle Eltern jetzt freiwillig genau dieselbe Summe ein, die sie vorher an ihre Kitas überweisen mussten. „Ziemliche Bauchschmerzen“ habe er dabei, sagt der Vater. Denn letztlich sei so ein Förderverein ein „glasklares Umgehungsgeschäft“. Schließlich gehe es ja im KiBiz gerade darum, die ungerechten Zusatzbeiträge für Eltern abzuschaffen. Aber einen anderen Ausweg sieht er im Moment einfach nicht, um die Kita seiner Kinder zu retten.

„Ich habe nicht das Gefühl, dass die Stadt Köln wirklich eine Trägervielfalt will“, sagt „Windröschen“-Leiterin Neda Danesh: „Wir haben hier eine Kita gegründet in einer Stadt, die dringend Kita-Plätze braucht. Aber anstatt dafür Dankbarkeit zu spüren, werden wir vor unlösbare Rätsel gestellt.“

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