ExtremismusKölner Polizei berichtet von Islamismus-Vorfällen an Schulen

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Hochgestellte Stühle im Klassenraum einer Grundschule.

An einer Gesamtschule in Neuss sollen Oberstufenschüler Scharia-ähnliche Regeln gefordert haben. Auch in Köln kam es zu Islamismus-Vorfällen.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) zeigt sich besorgt über die starke Zunahme antisemitischer Ausfälle unter Schülern.

Die islamistischen Vorgänge an einer Gesamtschule in Neuss werden immer noch von der Polizei und der Staatsanwaltschaft untersucht. Laut einem Bericht der Staatsschützer drängten vier Oberstufenschüler auf die Einhaltung der strengen Regeln der Scharia (islamische Verhaltensvorschriften aus Koran und Sunna), die unter anderem archaische Strafen wie die Steinigung sowie eine Geschlechtertrennung bis ins Klassenzimmer vorsehen. Im Januar wurde der Fall öffentlich.

Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ handelt es sich dabei um keinen Einzelfall. Auf Anfrage berichtete der Kölner Polizeisprecher Wolfgang Baldes, dass es in „den Jahren 2022 und 2023 rund 20 hier bekannt gewordene Vorfälle im Zusammenhang mit einem Islamismus-Verdacht an Schulen“ gab.

Polizeisprecher: rund 20 Vorgänge mit Islamismus-Verdacht 

Meist schalteten Mitschüler oder Lehrer die Staatschützer ein, weil sich möglicherweise „betroffene Schüler oder Schülerinnen radikalisiert hätten“. Diese Vermutungen beruhten auf entsprechenden Äußerungen, Handlungen oder Posts in den sozialen Medien der Betroffenen, sagte Baldes.

Ähnlich wie in Neuss hatte eine strengreligiöse Muslimin den Angaben zufolge Lehrerinnen sowie Mitschüler und Mitschülerinnen aufgefordert, entweder ein Kopftuch zu tragen oder ihre Haut zu bedecken. Auch hätten muslimische Schüler und Schülerinnen den Unterricht geschwänzt, um in der Moschee zu beten. „In den sozialen Medien fielen Betroffene in einigen Fällen dahingehend auf“, dass sie beispielsweise mit der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) oder mit radikal-islamischen, salafistischen Positionen sympathisierten, so der Polizeisprecher.

„Bei den genannten Sachverhalten in den Schulen wurde bisher in keinem Fall eine Gefahrenlage in Bezug auf eine mögliche terroristisch-islamistische Gewalttat festgestellt.“ Häufig schalte man das islamistische Präventionsprogramm „Wegweiser“ des Landesamtes für Verfassungsschutz ein.

Mitunter radikalisieren sich Schüler unter dem Radar der Sicherheitsbehörden. So wollte ein 15-jähriger Gesamtschüler aus Burscheid offenbar mit einem 16-jährigen Chatpartner aus Brandenburg auf dem Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen eine Kleinlaster in die Luft jagen. Der Hinweis auf den geplanten Anschlag erfolgte durch den österreichischen Nachrichtendienst. Im Herbst 2021 wurde ein 16-jähriger syrischer Schüler verhaftet, weil er ein Sprengstoffattentat auf eine Synagoge in Hagen plante. Er kam mit einer Bewährungsstrafe von 19 Monaten davon. Das Gericht hielt dem Angeklagten zugute, dass er bis zu seiner Verhaftung keine konkreten Schritte unternommen hatte, um seinen Plan durchzuführen.

Wenige Fälle erreichen die Schulkontrolleure

Offenbar erreichen nicht alle islamistischen Vorfälle die Schulkontrolleure in den zuständigen Bezirksregierungen. Das Schulministerium berichtete auf Anfrage, dass seit 2019 der Schulaufsicht in NRW „fünf Fälle einer verbalen oder visuellen Bedrohung gemeldet“ worden seien. Demnach wurden nur zwei Mal Mitschüler und Mitschülerinnen „offensiv zum Tragen einer bestimmten Kleidung“ gedrängt.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) äußerte sich besorgt, insbesondere über die starke Zunahme antisemitischer Ausfälle an den Lehranstalten nach dem Überfall der palästinensischen Terror-Miliz „Hamas“ auf Israel am 7. Oktober 2023 und den folgenden militärischen Gegenschlägen im Gaza-Streifen. In einem Bericht an den Schulausschuss vom 17. Januar ist von 61 judenfeindlichen Vorkommnissen die Rede. Dabei ging es meist um Wandschmierereien, Droh-Mails, die beispielsweise ein Bombenattentat ankündigten oder volksverhetzende Sentenzen. Das Gros der Meldungen stammte vom Innenressort.

In Köln zählte der Staatsschutz im Zusammenhang mit dem Terrorangriff auf Israel „Sachverhalte an Schulen im einstelligen Bereich.“ Viele Schüler machten antisemitische Aussagen. „In Einzelfällen kam es dabei zu verbalen Auseinandersetzungen“, teilte Behördensprecher Baldes mit.

Das Schulministerium wies darauf hin, dass die betroffenen Schulen bei allen antisemitischen Vorfällen „durch ‚Wegweiser‘, einen systemischen Extremismusberater oder durch die Schulpsychologen beraten wurden“. Die Bildungsstätten seien ein Spiegelbild der Gesellschaft, hieß es in der Mitteilung weiter. „So bleibt es nicht aus, dass Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Geschehnisse in Israel und im Gazastreifen blicken und darüber sprechen wollen.

Zugleich machte Ministerin Feller klar, dass „Antisemitismus weder in der Gesellschaft noch in unseren Schulen Platz hat, und entschieden bekämpft werden muss“. In dem Zusammenhang wies das Ministerium auf sein Hilfsangebot hin. Bereits in den Herbstferien habe man den Schulen im Land Unterstützungsmaterial an die Hand gegeben und in Zusammenarbeit mit der Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit Beratung bei Rassismus und Antisemitismus (SABRA) unter anderem Webinare zum Thema Antisemitismus und Prävention angeboten. Träger von SABRA ist die jüdische Gemeinde in Düsseldorf.

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