Kölner Psychologe über Folgen der Krise„Viele haben ihren Bekanntenkreis aufgeräumt“

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Treffen mit vielen Menschen waren in diesem Jahr kaum möglich. Das wirkt sich auf unsere Freundschaften aus.

  • Seit zehn Monaten wütet die Corona-Pandemie in Deutschland. Aktuell fordert sie mehr Todesopfer als je zuvor. Aber es gibt Hoffnung: 2021 könnte das Jahr der Impfungen werden.
  • Wir haben Kölner Mediziner, Psychologen und weitere wissenschaftliche Beobachter zurück und voraus blicken lassen.

Köln – In diesem Text blickt Stephan Grünewald, Kölner Psychologe und Marktforscher, auf Begriffe, mit denen wir die Krise verstehen wollen – und auf die Frage, was nach Corona kommt. Die Corona-Krise hat unseren Alltag komplett auf den Kopf gestellt. Aber gerade dadurch haben viele eine Veränderungszuversicht gewonnen. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass der Alltag jetzt keine endlose Wiederholungsschleife mehr ist, an der wir aus Angst vor einer ungewissen Zukunft zwanghaft festhalten. Not macht erfinderisch, und so arbeiten viele anders, kaufen bewusster ein, ändern ihr Freizeitverhalten und finden kreative Lösungen, ihre Kontakte zu pflegen und ihr Geschäft zu betreiben.

Die Krise hat einen digitalen Entwicklungsschub befördert, aber sie hat auch eine Renaissance analoger Tätigkeiten eingeläutet: im Werkeln und Wandern, im Putzen und Puzzeln, im Backen und Kochen, im Gärtnern oder Radeln demonstrierten die Bürger schöpferische Handlungsfreude.

Corona-Pandemie: Das Ende liegt in unserer Hand

Vor allem beim Puzzeln wurden zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Alle Teile sind gleichermaßen wichtig für das funktionierende Ganze. Und die Passungs-Verhältnisse sind gerade in der Krise bedeutsam. Viele haben nicht nur ihre Schränke, sondern auch ihren Bekanntenkreis aufgeräumt. Dabei sind nicht nur alte Klamotten, sondern auch viele sogenannte „Freunde“ sinnbildlich in der Altkleidersammlung gelandet.

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Stephan Grünewald

Schließlich klingt in der Rede von der „zweiten Welle“ mitunter eine biblische „Sintflut“-Konnotation an, die zu Läuterungs-Bekenntnissen führt, die Zukunft besser gestalten zu wollen. Auch hier hoffe ich, dass es nicht nur bei Lippen-Bekenntnissen bleibt, sondern zu einer neuen gemeinsamen Sinn-Ausrichtung kommt.

Die wird jedoch nur gelingen, wenn wir solidarisch mit dem Teil der Bevölkerung sind, der durch die Krise in eine existenzielle Verunsicherung geraten ist. Es liegt mit in unserer Hand, ob die Corona-Zeit letztlich Wandlungs-Beschleuniger oder Problem-Verstärker sein wird.

Stephan Grünewald 

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