Michelin-Führer erscheint am Freitag„Bewertung ist wichtig für die Seele der Köche“

Eric Menchon, Liliane und Vincent Moissonnier (v.l.) am „Pakettag“ in ihrem Restaurant.
Copyright: Stefan Worring
Köln – Die Restaurants waren im vergangenen Jahr nur wenige Monate geöffnet, und das teilweise unter strengen Auflagen. Nichts desto trotz erscheint an diesem Freitag der neue Michelin und vergibt wieder Sterne für die Küchenleistungen der Besten. Schon als Ende November letzten Jahres der Gault & Millau erschien, kam die Frage auf, ob dies in Pandemie-Zeiten überhaupt sinnvoll und gerechtfertigt sei. Doch die meisten Kölner Köche sind sehr damit einverstanden, dass ihre Arbeit auch in der Krise bewertet wird.
Im seit vielen Jahren besten Restaurant der Stadt, dem mit zwei Michelin-Sternen dekorierten „Le Moissonnier“ auf der Krefelder Straße, sieht es aus wie bei Rudis Resterampe. Alles ist vollgestellt mit Kartons und Kisten, Einmachgläsern, Taschen und Kunststoffverpackungen. Bistro-Tische, Gestühl und die Corona-Schutztrennwände kann man in dem vermeintlichen Chaos nur erahnen. Während Chefkoch Eric Menchon und sein Team in der Küche neben dem Kochen einen Großteil der Zeit mit Portionieren und Abpacken verbringen, wuselt Patron Vincent Moissonnier gut gelaunt durch den Gastraum und packt Kartons.
Moissonnier liefert deutschlandweit
„60 Go-Pakete gehen heute raus, wie jeden Donnerstag“, sagt der Gastronom. „Deutschlandweit. Und morgen früh werden sie vor Ort ausgeliefert, immer noch gekühlt.“ Die Nachfrage nach dem Zwei-Sterne-Lieferservice ist überwältigend. Seit die Kritiker Jürgen Dollase (FAZ) und Julien Walther (sein Blog heißt „Trois Etoiles“) begeistert darüber geschrieben haben, kommt die Moissonnier-Brigade kaum noch nach. „Wir gehen immer Dienstag um 11.30 Uhr mit dem neuen Thema online. Diese Woche haben wir »Asiens Glück«, nächste Woche »Marrakesch«, um 18 Uhr sind wir ausverkauft“, erzählt Moissonnier. Rund 300 Bestellungen pro Woche.
Donnerstags gehen die Pakete raus, freitags und samstags liefert er mit einem Kühlwagen selber aus – zwischen Bonn und Düsseldorf. „Ich bin ein guter Fahrer“, grinst er schelmisch über seiner wie immer akkurat sitzenden Fliege. Natürlich habe das Sieben-Gang-Menü für zuhause nur bedingt etwas mit Sterne-Küche zu tun. „Das ist Perfektionismus auf Haushaltsbasis“, sagt er bescheiden.
Michelin ist seriöser Partner
Dass Michelin seine Bewertungen trotz Pandemie fortsetzt, finden Vincent und Liliane Moissonnier in Ordnung. „Das bringt Normalität in den Alltag“, sagt sie. „Für die Seele der Köche ist das wichtig in diesen harten Zeiten.“ Und er ergänzt: „Die müssen ja auch ihren Job machen.“ Deshalb seien die zwei Monate Bewertungszeitraum auch okay. „Von allen Instanzen, die uns bewerten, ist Michelin die Seriöseste. Unangreifbar – ich habe großen Respekt vor ihrer Arbeit.“ Die Test-Esser kenne man nicht. „Die reservieren, kommen, essen und bezahlen.“
Einmal habe ein Tester am nächsten morgen um neun Uhr vor der Tür gestanden, seinen Ausweis gezeigt und gefragt, ob er mal in die Küche gucken könne. „Alles sehr professionell.“ Große Veränderungen in der Sterne-Vergabe in Köln und Umgebung erwartet er nicht. „Vielleicht bekommt der Lärchenhof ja einen zweiten Stern – verdient wäre es.“
„Ox & Klee“-Chef ist zuversichtlich
Auch Daniel Gottschlich hat mit seinem „Ox & Klee“ im Rheinauhafen derzeit zwei Michelin-Sterne. „Ich harre mal der Dinge, aber wir haben unser Bestes gegeben und wir haben gleichbleibend gute Qualität geliefert. Dieses Jahr war in Ordnung, denke ich.“ Den Michelin sieht er nicht als Angstgegner, sondern als Partner und Unterstützer für die Gastronomie. „Wir arbeiten auf Augenhöhe. Viele Restaurants leben mit den Top-Bewertungen ganz gut.“
Bis wieder geöffnet werden darf, bietet das „Ox & Klee“ ein wechselndes Drei-Gänge-Wochenmenue zum Abholen an. Und das sehr erfolgreich – diese Woche ist schon fast ausverkauft. Das Dessert stammt von Hannes Radeck, der vom aktuellen Gault & Millau zum Patissier des Jahres gekürt worden war.
Das könnte Sie auch interessieren:
Gespannt auf seine Bewertung dürfte auch Eric Werner vom „Astrein“ in der Krefelder Straße sein. Er war in der letzten Michelin-Ausgabe der einzige Aufsteiger in Köln. Werner hatte sein Restaurant erst 2019 eröffnet und bekam 2020 sofort einen Stern.
Ansonsten hatte es in Köln im vergangenen Jahr keine weiteren Veränderungen im Michelin-Spitzenbereich gegeben. Weiterhin mit einen Stern bewertet waren Alfredo, Maibeck, Maître im Landhaus Kuckuck, Maximilian Lorenz, Neobiota, La Société, Taku und Zur Tant. Viele haben im Lockdown ebenfalls Abhol-Angebote, um weiter für die Gäste da zu sein. Und trotz der schwierigen Zeiten: Zugemacht hat noch keiner.