„Wir wollen kein Stimmvieh sein“Kölner Satire-Fraktion stellt sich zwei Jahre vor der nächsten Wahl neu auf

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Der neue Fraktionsvorsitzende Walter Wortmann (Mitte) mit Birgit Dickas und Michael Hock vor dem Kölner Dom.

Der neue Fraktionsvorsitzende Walter Wortmann (Mitte) mit Birgit Dickas und Michael Hock vor dem Kölner Dom.

Die Ratsfraktion „Die Fraktion“ verkleinert sich und besinnt sich wieder auf ihren satirischen Markenkern. Sie hat dennoch ernste Absichten.

Die Ratsfraktion „Die Fraktion“ stellt sich rund zwei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl gezwungenermaßen noch einmal neu auf. Künftig werden in Fraktionsgeschäftsführer Michael Hock, Birgit Dickas und dem neuen Fraktionsvorsitzenden Walter Wortmann nur noch Mitglieder der Satirepartei „Die Partei“ in der Fraktion vertreten sein. Hintergrund ist der Abschied von Karina Syndicus, die im rotierenden System, das laut des Trios in der Fraktion gilt, auch schon Fraktionsvorsitzende war.

Syndicus stieß als Mitglied der Wählergruppe „Gut“ kurz nach der Kommunalwahl 2020 zur Fraktion „Die Fraktion“, verließ diese allerdings im September 2023. Auch Wortmann ist nicht für „Die Partei“ in den Rat gewählt worden, er trat für die Freien Wähler (FW) an, wechselte dann aber Partei- und Fraktionszugehörigkeit.

Als neuer Fraktionsvorsitzender blickt er nun auf seinen Wechsel im August 2021 zurück. „Dieser Konservatismus bei den Freien Wählern tut der Politik nicht gut, er stützt sie“, sagt er mit Blick auf seine alte Partei. Bei „Die Fraktion“ will er als Vorsitzender nun auch, aber nicht nur mit satirischen Mitteln punkten. Über die politische Lage in Köln sagte er: „Es geht nichts voran, weil die Parteien mit sich selbst beschäftigt sind. Die Leute haben Angst, etwas zu tun, was die Strukturen stören könnte. Wir machen da nicht mit.“

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Die verbleibenden Mitglieder von „Die Fraktion“ bewerten den Abschied von Syndicus als Chance, sich wieder mehr auf den eigenen Markenkern zu fokussieren – absolute Unabhängigkeit von anderen Fraktionen und satirische Zuspitzung. Fraktionsgeschäftsführer Hock sagte nach der gemeinsamen Zeit mit Karina Syndicus: „Wir hatten ein Hemmnis, unsere Themen satirisch aufzugreifen. Wir hätten das Auseinandergehen zwar niemals forciert, sind damit aber auch nicht unglücklich.“

Wortmann ergänzte, „Die Fraktion“ habe mit „Gut“ vertrauensvoll zusammengearbeitet, die Kooperation sei sachpolitisch allerdings auf einige, wenige Themen konzentriert. Es sei schwieriger geworden, das politische Geschehen in der Stadt insgesamt auf die eigene Art zu kommentieren und zu bewerten. „Wir waren zur Rücksichtnahme gezwungen. Wir sind eigentlich die einzigen Unbefleckten im Rat. Wir lehnen Deals mit großen Fraktionen strikt ab, wir wollen kein Stimmvieh sein.“

Seine drei Hauptthemen seien Grund und Boden („Die Kommunen müssen Landlords sein!“), Bürgerbeteiligung („Wir wollen viel mehr Entscheidungsfreiheit in den Bezirken“) und Daseinsvorsorge („Ein Stadtwerkekonzern wie die Rhein-Energie ist nicht dafür da, aus der Stadt heraus Gewinne zu erwirtschaften“).

In einem ersten Pressegespräch als Vorsitzender orientierte sich Wortmann zwar klar an Sachthemen, streute aber ständig satirische Pointen ein: „Von mir aus kann der Colonius halbiert werden.“ Welche politischen Akzente er mit der kleinsten Fraktion des Stadtrates in den verbleibenden zwei Jahren noch setzen wird, bleibt abzuwarten.

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