Abo

Kölner Silvesternacht 2015/16Werden Sexualstraftäter heute härter bestraft, Frau Rostalski?

2 min
Frauke Rostalski, Direktorin des Instituts für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln

Frauke Rostalski, Direktorin des Instituts für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln

Frauke Rostalski ist geschäftsführende Direktorin des Instituts für Straf- und Strafprozessrecht an der Uni Köln und Mitglied im deutschen Ethikrat.

Zehn Jahre nach der Kölner Silvesternacht 2015/2016, in der hunderte Menschen, vor allem Frauen, vor dem Hauptbahnhof beraubt und sexuell belästigt wurden, hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit unterschiedlichen Menschen über die Nacht und ihre Folgen gesprochen.


Die Vorkommnisse auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs hatten aus kriminalwissenschaftlicher Perspektive eine neue Dimension. Pläne, das Sexualstrafrecht zu reformieren, hatte es schon vorher gegeben. Die Ereignisse in Köln beschleunigten den politischen Prozess – wie manche meinen, nicht unbedingt zugunsten der Qualität der neuen Gesetze.

Eingeführt wurde die „Nein heißt Nein“-Regelung, die den Grundtatbestand von § 177 StGB gegenüber dem bislang geltenden Nötigungsmodell deutlich erweitert. Neue Vorschriften sind hinzugekommen: die sexuelle Belästigung (§ 184i StGB) und die „Straftaten aus Gruppen“ (§ 184j StGB), die insbesondere sexuelle Handlungen sanktionieren, die nach der früheren Rechtslage als „unerheblich“ und deshalb nicht strafwürdig eingestuft wurden.

Das Sexualstrafrecht hat eine deutliche Ausweitung erfahren
Frauke Rostalski, Direktorin des Instituts für Straf- und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln

Das Sexualstrafrecht hat insofern eine deutliche Ausweitung erfahren, während dieser Tage bereits neue Reformen im Gespräch sind, wie Forderungen nach der Einführung eines strafbewehrten Verbots des „Catcallings“ belegen.

Derweil wird die Debatte über den Zusammenhang von Migration und Kriminalität nach wie vor eher zurückhaltend geführt; kaum ein Thema scheint derzeit vergleichbar vermint. Insbesondere bei Sexualstraftaten ist der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger ausweislich der – sicherlich mit Verzerrungen belasteten – Polizeilichen Kriminalstatistik überproportional hoch. Die Ausweitung des Strafrechts allein scheint nicht die gewünschten Effekte – den verstärkten Schutz vor allem von Frauen – gezeitigt zu haben.

Überraschen kann dies aus strafrechtswissenschaftlicher Perspektive kaum: Verbrechensvorbeugung gelingt nicht vornehmlich durch neue Strafvorschriften, sie findet auf gesellschaftlicher Ebene statt. Hängen Kriminalität und Migration zusammen, müssen daher Antworten in einer besseren Migrationspolitik gefunden werden.

Aufgezeichnet von Tim Stinauer