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Kahle Spitzen, fehlende BorkeDie Kölner Wälder sind im Stress und sterben

Lesezeit 5 Minuten
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  • Die Dürre der vergangenen drei Jahre macht Eichen, Buchen und Kiefern nachhaltig zu schaffen.
  • Die Stadt reagiert und fällt nur, ​wenn es absolut nötig ist.
  • Mit dem Klima wird sich auch der Baumbestand in der Stadt wandeln.

Köln – Den Alten geht es schlecht. Ihre Häupter sind kahl, die Haut trocken und aufgeplatzt. Der Regen, der in diesen Tagen beständig auf sie fällt, hilft ihnen nicht mehr. Manche stehen noch, sind aber schon tot. Damit sie nicht umfallen und Spaziergänger erschlagen, hat man sie beschnitten. Sie sterben nicht nur, weil sie alt sind. Es gibt Artgenossen, die 300, sogar 400 Jahre alt werden. Es ist die Trockenheit, die den Methusalem-Bäumen im Gremberger Wäldchen zu schaffen macht. „Buchen und Eichen sind durch die Dürre stärker geschädigt als noch vor zehn Jahren“, sagt Jörn Anlauf, Förster für den rechtsrheinischen Wald, „auch die sehr alten Bäume sind weniger widerstandsfähig, ihre Lebenserwartung verkürzt sich durch die Trockenheit zusätzlich.“

Im Gremberger Wäldchen stehen noch 100 dieser Methusalem-Bäume – die Förster sind sich uneins, ob eine Rotbuche mit gut 250 Jahren oder eine noch etwas ältere Eiche die Ehre des ältesten Baums der Stadt gebührt. Unbestritten ist, dass alte Bäume den Menschen wichtig sind. Geben sie doch ein Beispiel dafür, wie dauerhaft und widerstandsfähig Leben sein kann.

Die ungewöhnliche Trockenheit der vergangenen drei Jahren hat die ältesten Bäume der Stadt, nicht nur im Gremberger Wäldchen, sondern auch im Stadtwald und im Äußeren Grüngürtel besonders leiden lassen. Viele mussten stark beschnitten oder gefällt werden.

Kölner Fichtenbestände sind abgestorben

Förster Anlauf neigt nicht zur Dramatisierung. Über die Auswirkungen der Trockenheit der vergangenen Jahre auf seinen Wald referiert er nüchtern. „In Köln haben wir den Vorteil, dass der Wald immer sehr vielfältig mit verschiedenen Baumarten angelegt wurde. Das Fichtensterben spielt anders als im Bergischen und vielen anderen Regionen für uns keine Rolle – wir hatten nur vier Prozent Fichten in Köln, die Bestände sind größtenteils abgestorben“, sagt er.

Dass die Trockenheit immer mehr Eichen, Buchen, Kiefern und Ahornbäumen zu schaffen macht, bereitet dem 49-Jährigen gleichwohl Sorge. „Vor allem, weil wir nicht wissen, was kommt. Werden die trockenen Sommer der vergangenen Jahre eher eine Ausnahme bleiben, oder wird es in den kommenden Jahren genauso? Wir wissen zwar, dass es wärmer wird, wir wissen aber nicht, ob es so trocken bleibt.“

Tendenziell geht das Umweltbundesamt davon aus, dass die Sommer in den kommenden Jahrzehnten trockener werden, es im Winter aber eher mehr regnet. Für die Widerstandsfähigkeit vieler Baumarten wäre das ungünstig.

Im Rechtsrheinischenwerden in diesem Jahr vor allem Traubeneichen, Hainbuchen, Winterlinden und Vogelkirschbäume angepflanzt – Baumarten, die als besonders resistent bei Trockenheit und höheren Temperaturen gelten. 

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Michael Hundt, Anlaufs Kollege aus dem Linksrheinischen, testet in einem Waldlabor in Lindenthal bereits seit zehn Jahren, wie sich die in Köln vorherrschenden Baumarten Buche, Eiche und Kiefer, die allesamt ebenfalls unter der großen Trockenheit leiden und deutlich stärker geschädigt sind als noch vor zehn Jahren, ergänzen lassen. „Wir pflanzen zum Beispiel Pflaumeneichen, Mehlbeeren, Küstentannen oder Schwarznuss – solche Arten haben die Trockenheit der vergangenen Jahre gut bewältigt“, sagt Hundt. „Am wichtigsten ist es, für eine große Vielfalt zu sorgen. Darin waren wir in Köln in den vergangenen Jahrzehnten recht gut – und das hilft uns, die trockenen Jahre besser zu überstehen.“

Eichen-Prozessionsspinner werden abgesaugt

Beim Bergahorn führt die Trockenheit seit einigen Jahren zu einer Verbreitung der Rußrindenkrankheit – vor allem an trockenen Standorten und Waldrändern. Den Eichen, von denen nur ein Drittel des Bestandes nicht geschädigt ist, macht der Eichen-Prozessionsspinner zu schaffen, der sich ähnlich wie der Borkenkäfer stärker vermehrt, wenn es trocken ist. In den Haupterholungsgebieten werden die Raupennester sehr aufwändig mit Absauggeräten entfernt, da die Raupenhaare der Insekten stark allergen wirken.

Auch, weil der Kölner Wald durch die Trockenheit in diesem Jahr großem Stress ausgesetzt war, haben Anlauf, Hundt und ihre Teams in diesem Jahr kaum Bäume geschlagen – es sei denn, um die Sicherheit auf Wegen, Straßen und in Wohngebieten zu gewährleisten. Grundsätzlich haben die beiden Förster mit sehr unterschiedlichen Bedingungen zu tun: So fällt in Dellbrück und Dünnwald im Jahresschnitt mehr Regen als in Widdersdorf oder Sürth. Die Durchschnittstemperaturen sind in der Innenstadt höher als in den Außenbezirken.

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„Auf versiegelten Flächen in der City, auf denen wenig Niederschlag ankommt, haben wir ganz andere Verhältnisse als in ländlichen Gegenden“, sagt Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Grünflächenamts, der seit vielen Jahren testet, welche Bäume dem Klimawandel in der Stadt trotzen und welche nicht. „Durch die extreme Trockenheit der vergangenen drei Jahre sind zum Beispiel Hainbuche, Weißdorn und Rotdorn ausgefallen“, sagt er. „Auch verschiedene Lindenarten funktionieren an bestimmten Standorten nicht mehr gut. Wir haben viele Ausfälle bei der Birke. Wenn die Birke aber nur ein Prozent des Bestands ausmacht, können wir das kompensieren.“

Auch bei den Straßenbäumen komme der Stadt „eine große Vielfalt, auf die wir schon seit Jahrzehnten achten“, zugute, sagt Bauer. „Im Moment pflanzen wir heimische Arten wie den Feldahorn oder den Zierapfel, die früher kaum verwendet wurden, die aber mit der Trockenheit gut zurecht kommen. Auch der amerikanische Lederhülsenbaum oder der japanische Schnurrbaum erwiesen sich in der Innenstadt als widerstandsfähig. „Bei den nicht-heimischen Arten geraten wir immer wieder mit Umweltschützern aneinander, die sich für die Pflanzung ausschließlich heimischer Arten einsetzen“, sagt Bauer, der auch in dieser Debatte für Vielfalt und Pragmatismus plädiert. Es helfe ja nicht, weiterhin Bäume anzupflanzen, die Stürme, Trockenheit und Starkregen nicht überdauern können. Mit dem Klima wird sich auch der Baumbestand in der Stadt wandeln. 

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