Kölner MaskenbildnerinWarum selbst Feministinnen im Fernsehen High Heels tragen

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Maskenbildnerin  - Kopie

Maskenbildnerin Sylvia Dürnhöfer 

  • Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
  • Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Heute spricht sie mit einer Maskenbildnerin.
  • Sylvia Dürnhöfer glaubt, je erfolgreicher jemand ist, umso mehr müsse er/sie sich dem Mainstream unterwerfen.

Köln – Von meiner heutigen Gesprächspartnerin erhoffe ich mir Antworten auf (Frauen)fragen, die ich mir als Rundfunkgebührenbezahlerin schon öfters gestellt habe: Weshalb müssen Moderatorinnen von Nachrichtensendungen immer diese konservativen Hosenanzüge anhaben? Weshalb tragen TV-Meteorologinnen vor der Wetterkarte selbst zu sportlich geschnittenen Hosen High Heels? Und warum kommen sogar die Kabarettistinnen, die sich mit Vorliebe an althergebrachten Klischees abarbeiten, mit Schuhen auf die Bühne, die der Orthopäde gerne in die Tonne kloppen würde? – „Da rennen Sie offene Türen bei mir ein“, sagt Sylvia Dürnhöfer mit einem Lächeln. Auch sie könne nicht nachvollziehen, dass Komikerinnen, die sich feministisch geben „und sich als rebellisch verstehen“ bei den Schuhen weiterhin das Wunschbild des old white Man erfüllen.

„Wenn man die Männer verpflichten würde, Zehn-Pfennig-Absätze zu tragen, würde die Sache ganz schnell abgeschafft. Wir Frauen sind einfach leidensbereiter“, meint Dürnhöfer, die zu ihrem leuchtend blauen, kurzen Kleid coole blau gemusterte Strümpfe und Sneaker trägt. „Je erfolgreicher jemand ist, umso mehr – scheint es mir – muss er oder sie sich dem Mainstream unterwerfen“, glaubt mein Gegenüber. Zählt dazu auch, frage ich, dass die um Diversität bemühten Sender ihren Moderatorinnen mit dunkler Hautfarbe das Glätteisen für die Haare aufzwingen?  – „Man macht das nicht, wenn die das nicht wollen. Es wird nichts aufoktroyiert."  

HD-Fernsehen erfordert andere Schminktechniken

Dürnhöfer spricht mit einem leicht rollenden „R“, was ihre fränkische Herkunft verrät, und sie ist nachmittags auf der Breite Straße, wo ich sie anspreche, auf dem Weg zur Arbeit beim nahe gelegenen Sender. Ihre Aufgabe dort ist es, Moderatorinnen und Moderatoren für die Kamera zu präparieren.

Dürnhöfer erzählt, dass sie in Coburg ihre Ausbildung als Maskenbildnerin absolviert hat und zunächst fürs Theater gearbeitet hat. „Wären Sie vom Aufgabengebiet her heute lieber in dem Gebäude, das wohl nie fertig wird?“, frage ich und deute zur Oper. Sie lächelt wieder und verneint. Bei einer Festanstellung im Theaterbetrieb müsse sie „auch Perücken knüpfen“. Das habe sie früher oft gemacht. – „Da sitzt man wie lange an einer?“ – „Eine ganze Woche. Und wenn man das ausschließlich macht hat man anschließend Rückenschmerzen.“

„In Düsseldorf gefühlt bei jeder dritten Frau“

Mich interessiert, ob sich ihr Job im Laufe der Zeit stark verändert hat. Dürnhöfer nickt und erklärt, dass das HD-Fernsehen eine andere Technik verlange. „Man muss noch feiner und weicher schminken – ohne harte Konturen“. Am Theater gebe es dahingehend eine Veränderung, „dass die Stücke vielfach nicht mehr historisch angelegt seien, „sondern in die heutige Zeit transferiert“. Opulente Gewände und aufwändige Perücken seien somit selten geworden und besondere Herausforderungen, die früher zum Berufsalltag gehörten, wie Totenköpfe, Glatze kleben, auf alt schminken, oder die Bart-Fertigung ebenfalls.

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Ich frage die Expertin, ob es beim Make-up Dinge gebe, die sich absolut verbieten würden. „Was ich schlimm finde, ist, wenn der Lippenkonturenstift deutlich dunkler ist, als der Lippenstift“, was man zum Glück nur noch selten sehe. Schlimm sei auch hellblauer Glitzerlidschatten. Ebenfalls unschön sei das, was man „in Düsseldorf bei gefühlt jeder dritten Frau“ sehe: „diese Extremwimpern“. – „Die Extrem-Lippen finde ich noch schlimmer“, werfe ich ein und: der ganz in die Mundwinkel gewanderte Lippenstift.“ Wir lachen beide. Nach der Enthaltsamkeit in der Corona-Zeit stelle ich fest, dass ein bisschen Lästern im Straßencafé mal richtig gut tut. Dürnhöfer findet allerdings auch, dass viele junge Frauen nicht zuletzt dank Youtube schminktechnisch echt was drauf haben, „Die haben perfekte Lidstriche, für die man meiner Meinung nach lange üben muss.“  

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