Kommentar zum Diesel-UrteilDer Verkehr in Köln wird nicht zusammenbrechen

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Autoverkehr in Köln

Autoverkehr in Köln

  • Ein großflächiges Dieselfahrverbot wird es in Köln nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster nicht geben.
  • Ganz wird die Stadt aber wohl nicht an Straßensperrungen vorbei kommen.
  • Der Verkehr in Köln wird dadurch aber nicht zusammenbrechen, sagt unser Autor.

Bei den juristischen Auseinandersetzungen der Deutschen Umwelthilfe mit 35 deutschen Großstädten um Diesel, dicke Luft und Fahrverbote machen sich langsam Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Städte, Bezirks- und Landesregierungen, die das Thema Luftreinhaltung und vor allem das Diesel-Abgasgift samt der Umwelthilfe nie ernst genommen haben, mussten einsehen, dass sie im Unrecht sind. Zehn Jahre lang eine gesetzliche Vorgabe einfach zu ignorieren, im Dieselskandal die Autolobby zu schonen und die betroffenen Autofahrer im Regen stehen zu lassen – das alles hat Spuren hinterlassen.

Es geht um Gerechtigkeitsfragen, um Fragen der Verhältnismäßigkeit, um Umweltbewusstsein und nicht zuletzt – befeuert durch die Debatte um den Klimawandel – um ganz Grundsätzliches. Können und wollen wir uns die grenzenlose individuelle Mobilität in dieser Form noch leisten? Die Antwort ist nein. Und plötzlich verlieren Fahrverbote etwas von ihrem Schrecken, ist das Lastenfahrrad hip, wird die Debatte über den Sinn und Unsinn von Grenzwerten anders geführt. Insofern hat die Deutsche Umwelthilfe mit der manchmal penetranten und unnachgiebigen Art ihres Chefs einen Beitrag zur Verkehrswende in den Köpfen geleistet. Das könnte Positives bewirken. Ganz banal schon an dem Punkt, dass nicht jedes einzelne Verfahren in jeder einzelnen Großstadt vor Gericht bis in die letzte Instanz ausgefochten wird, sondern man sich vielleicht auf einen Kompromiss verständigt, mit dem alle leben können.

In Wiesbaden ist das gelungen, Stuttgart ist auf einem guten Weg und selbst in Köln, wo man auch beim Dieselabgas so lange nach dem kölschen Motto „Et hät noch immer jot jejange“ verfahren ist, sieht es danach aus, als könnte am Ende die Luft deutlich sauberer werden, ohne dass der Verkehr zusammenbricht und das Handwerk kollabiert, weil es mit seinen Kleinlastern nur noch auf dem Autobahnring unterwegs sein darf.

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Nehmen wir also gemeinsam den Fuß vom Gas. Ein Luftreinhalteplan ist keine Luftnummer und auch kein Wunschzettel. Nach dem Motto: Schreiben wir mal einfach alles rein, was wir so in den nächsten Jahren planen, und schon wird alles gut.

Wird es eben nicht. Und wenn sich am Ende in Köln die Diesel-Fahrverbote für vier Straßen nicht vermeiden lassen, wird der Verkehr nicht zusammenbrechen. Sondern es wird genau das passieren, was in Stuttgart schon geschehen ist. Die Menschen werden sich umorientieren, die alten Diesel gegen Benziner tauschen oder in manchen Fällen sogar aufs Auto ganz verzichten.

Und eins sollten Umwelthilfe, Kommunalpolitiker und Regierungen gemeinsam vorantreiben. Druck machen, dass die Autoindustrie die betrogenen Käufer endlich vollständig entschädigt. Bisher – so hat es nach den neuen Berichten über VW den Anschein, macht sie das genaue Gegenteil. Sie schummelt und trickst weiter. Das ist der eigentliche Dieselskandal.

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